Paul Craig Roberts am 26. Juli 2012:
Man fragt sich, was die Syrer denken, während „Rebellen,“ die schwören, „Syrien befreien“ zu wollen, das Land in den gleichen zerstörerischen Prozess hineinziehen wie die „Rebellen“ in Libyen. Libyen, unter Gaddafi ein gut geführtes Land, dessen Erdöleinkommen mit dem libyschen Volk geteilt wurde, anstatt von einer Prinzenklasse wie in Saudiarabien monopolisiert zu werden, hat jetzt keine Regierung, sondern chaotische Verhältnisse mit einander bekämpfenden Fraktionen, die nach der Macht streben.
So wie niemand wusste, wer die libyschen „Rebellen” waren, unter denen sich laut Berichten Elemente von al Qaeda befanden, weiß auch niemand, wer die syrischen „Rebellen“ sind, oder ob es sich überhaupt um Rebellen handelt (Antiwar.com). Einige „Rebellen“ scheinen Gruppen von Banditen zu sein, die die Gelegenheit nutzen, zu plündern und zu vergewaltigen und sich selbst an die Spitze von Dörfern und Städten zu setzen. Andere scheinen al Qaeda anzugehören (Antiwar.com).
Die Tatsache, dass die „Rebellen bewaffnet sind, weist auf eine Einmischung von außen hin. Es gab Berichte, laut denen Washington seine saudischen und bahrainischen Marionettenregimes angewiesen hat, die „Rebellen“ mit militärischen Waffen zu versorgen. Einige vermuten, dass die Explosion, die den syrischen Verteidigungsminister und den Leiter der Krisenbekämpfung der Regierung tötete, nicht die Tat eines Selbstmordattentäters, sondern das Werk einer Drohne oder Rakete der Vereinigten Staaten von Amerika war, was an Washingtons gescheiterte Versuche erinnert, Saddam Hussein zu ermorden. Ungeachtet dessen stellte Washington den Terrorangriff als Erfolg hin, indem es erklärte, dass die Rebellen „an Fahrt gewinnen“ und die syrische Regierung aufforderte, durch Rücktritt auf den Angriff zu reagieren (reuters.com).
Das Folgende stammt aus einem durchgesickerten Geheimdienstdokument, das eine vorangegangene terroristische Intervention des Westens in Syrien beschreibt, für den Fall, dass ein Leser so naiv ist und denkt, dass „unsere Regierung das nie machen würde.“
„Um das Vorgehen der Befreiungs(!)kräfte zu erleichtern, … sollte eine besondere Anstrengung unternommen werden, gewisse Individuen in Schlüsselpositionen zu eliminieren … das sollte in der Anfangsphase der Erhebung und Intervention erreicht werden …
Sobald eine politische Entscheidung erreicht worden ist, mit den inneren Unruhen in Syrien fortzufahren, ist die CIA vorbereitet und werden SIS (MI6) versuchen, kleinere Sabotageakte und Putschaktionen in Syrien durchzuführen, indem sie über Kontakte mit Individuen arbeiten. … Zwischenfälle sollten nicht auf Damaskus beschränkt bleiben …
Weiters: ein „erforderliches Ausmaß von Angst … Grenzzwischenfälle und (inszenierte) Kämpfe an der Grenze“ würden „einen Vorwand für eine Intervention schaffen … CIA und SIS (MI6) sollten Kapazitäten im psychologischen wie im Handlungsbereich einsetzen, um die Spannung zu erhöhen.“ (Durchgesickertes Geheimdienstdokument der Vereinigten Staaten von Amerika/des Vereinigten Königreichs, London und Washington 1957) (GlobalResearch.ca).
Obama hat nicht gesagt, warum seine Regierung unbedingt die syrische Regierung stürzen will. Der jetzige Präsident war Augenarzt in London, der nach Syrien zurück berufen wurde, um seinen Vater zu ersetzen, den verstorbenen bisherigen Präsidenten des Landes. Washington schweigt sich aus über seine wirklichen Beweggründe, indem sie diese hinter wohlklingender humanitärer Rhetorik versteckt, aber Washingtons Motive liegen auf der Hand.
Ein Motiv besteht darin, die russische Marinebasis in Syrien loszuwerden und Russland dadurch seine einzige Basis im Mittelmeer zu entziehen.
Ein zweites Motiv besteht darin, Syrien als Quelle von Waffen und Unterstützung für Hizbollah auszuschalten, damit Israel erfolgreich seine Versuchen betreiben kann, den Süden des Libanon zu besetzen und sich dessen Wasserressourcen anzueignen. Die Kämpfer der Hizbollah haben zweimal die Versuche des israelischen Militärs zurückgeschlagen, in den südlichen Libanon einzumarschieren und diesen zu okkopieren.
Ein drittes Motiv besteht darin, die Einheit Syriens durch Religionskonflikte zu zerstören, so wie Washington Libyen und den Irak zerstört hat, und Syrien sich bekämpfenden Fraktionen zu überlassen, die das Land zerreißen und damit ein weiteres Hindernis für die Hegemonie Washingtons beseitigen.
Syrien, ein säkularer arabischer Staat wie einst der Irak, wird beherrscht von einer politischen Partei, die aus Alawiten besteht, die mehr oder weniger schiitische Moslems sind. Die Alawiten machen ungefähr 12% der syrischen Bevölkerung aus und werden von den sunnitischen Moslems, die etwa 74% der Bevölkerung Syriens ausmachen, als Häretiker betrachtet. Daher richtet sich der orchestrierte „Aufstand“ an viele Sunniten, die die Gelegenheit der Machtübernahme sehen. (Im Irak war es eine sunnitische Minderheit, die eine schiitische Mehrheit beherrschte, also gerade umgekehrt wie in Syrien.)
Die Aufspaltungen unter den Arabern machen die Araber anfällig für Einmischungen und Beherrschung durch den Westen. Die Aufspaltung zwischen Sunniten-Schiiten macht es für ein arabisches Land unmöglich, einem anderen zu Hilfe zu kommen. 1990 stellte sich die schiitische syrische Regierung im ersten Irakkrieg an die Seite der Vereinigten Staaten von Amerika gegen die schiitische irakische Regierung. Weder Lawrence von Arabien noch Nasser noch Gaddafi hatten Erfolg mit ihren Versuchen, ein arabisches Bewusstsein zu schaffen.
Washingtons Fassade für seinen gewalttätigen Sturz anderer Regierungen besteht immer in moralischem Geschwätz. Zuerst wird das Ziel dämonisiert, worauf Washingtons nackte Aggression als „Freiheit und Demokratie bringen,“ „einen brutalen Diktator stürzen,“ „die Rechte der Frauen schützen“ hingestellt wird. Jede Art von Heuchelei und leeren Phrasen scheint zu funktionieren.
Hillary Clinton hat besonders schrill den Sturz der syrischen Regierung propagiert. Die dumme Frau gab sogar Drohungen gegen Russland und China von sich, die es wagten, Washingtons Versuche abzublocken, eine UNO-Resolution als Deckmantel für einen Einmarsch in Syrien zu benutzen. Washington stellt den Widerstand der syrischen Regierung gegen ihren Sturz falsch dar als eine Regierung, die ihr eigenes Volk terrorisiert. Washington verurteilte jedoch nicht die Terrorattacke, die es selbst oder ein Selbstmordattentäter durchgeführt hat und die hochrangige Funktionäre der syrischen Regierung getötet hat. Washingtons Doppelmoral brachte den russischen Außenminister Sergej Lavrov dazu, Washington zu beschuldigen, eine „sinistre Position“ einzunehmen.
Und das tut Washington in der Tat. Aber was ist überraschend an Washingtons sinistrer Position nach Irak, Afghanistan, Libyen, Somalia, Jemen und Pakistan? Ohne Zweifel wird Washington gegen den Iran vorrücken, nachdem Syrien gefallen ist. Russland selbst ist bereits umstellt von Raketenbasen der Vereinigten Staaten von Amerika, und die russische Regierung hat es mit einer disloyalen und verräterischen politischen Opposition zu tun, die mit amerikanischem Geld finanziert ist. China steht einem rapiden Aufbau von Luftwaffen-, Marine- und Truppenbasen im pazifischen Raum gegenüber. Wie lange wird es dauern, bis die chinesische Regierung es mit einer von Washington finanzierten illoyalen Opposition zu tun hat?
Der Hegemon befindet sich auf dem Kriegspfad, aber was die syrischen Sunniten sehen, ist eine Chance, die alawitischen Schiiten zu stürzen. Die syrischen Sunniten werden sich mit Washington zusammentun ungeachtet der Tatsache, dass Washington die irakischen Sunniten gestürzt hat. Es sieht so aus, als hätten wenige Araber etwas dagegen, Marionetten eines fremden Regimes zu sein, das mit Milliarden von Dollars um sich schmeißt.
Washington bezeichnet den syrischen Präsidenten Assad locker als „Diktator” oder „brutalen Diktator,“ wobei Assad ein Diktator ist, der dieser Rolle nicht besonders effektiv gerecht wird. Normalerweise gestatten Diktatoren einer Opposition nicht, dass sie sich erhebt, geschweige denn sich bewaffnet. Eher zutreffend könnte man sagen, dass die herrschende Partei autoritär ist, die herrschende Partei aber Elemente der Demokratie mit der neuen Verfassung eingeführt hat.
Wie der Irak bewiesen hat, müssen arabische Regierungen autoritär sein, wenn ihre sunnitischen und schiitischen Bevölkerungen nicht ständig in Bürgerkrieg verwickelt sein sollen. Beide, Bush und Obama behaupten, dass Washington „Freiheit und Demokratie“ in den Irak gebracht hat. Wie auch immer, die anhaltende Gewalt im Irak ist gleich intensiv oder noch intensiver als unter der amerikanischen Okkupation. Hier sind die Berichte über die letzten drei Tage:
23. Juli: „In einer Welle von Bombenattentaten und Schießereien in Bagdad und nördlich der Hauptstadt wurden mindestens 107 Menschen getötet. Zumindest 216 wurden verletzt.“
24. Juli: „An einem weiteren Tag intensivierter Angriffe wurden zumindest 145 Iraker getötet und 379 verletzt.“
25. Juli: „Die Angriffe im Irak gehen weiter: 17 Menschen wurden getötet, 60 verletzt.“
Das ist das, was Washington für den Irak getan hat. Weit davon entfernt, „Freiheit und Demokratie“ zu bringen, brachte Washington endloses Chaos und Tod. Und genau das ist es, was Washington für Syrien auf Lager hält.