Bestürzung über Mord an Aktivistin Berta Cáceres in Honduras
Menschenrechtsaktivistin zu Hause erschossen. Cáceres hatte sich gegen Großprojekt mit Siemens-Beteiligung engagiert. Aktivistin war auch im Bundestag zu Gast.
Der Mord an einer bekannten Menschenrechts- und Umweltaktivistin hat in dem mittelamerikanischen Honduras und international für Bestürzung gesorgt. In der Nacht vom 2. auf den 3. März ist Berta Cáceres, Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation COPINH, in ihrer Wohnung ermordet worden. Unbekannte Täter drangen gegen ein Uhr morgens gewaltsam in die Wohnung ein und erschossen die international bekannte Aktivistin.
Cáceres hatte in letzter Zeit mehrfach darüber berichtet, dass sie Morddrohungen erhielt und ihr Name auf einer „Todesliste“ geführt werde. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission, ein Gremium der Organisation Amerikanischer Staaten, hatte Cáceres Schutzmaßnahmen zugesprochen. Die honduranischen Behörden taten aber laut COPINH nichts, um den Angriff auf ihre Koordinatorin zu verhindern.
Die Drohungen gegen Berta Cáceres und andere Mitglieder des COPINH hatten insbesondere seit dem Oktober 2015 im Zusammenhang mit dem Staudammprojekt Agua Zarca wieder zugenommen. Auch amerika21 hatte mehrfach diffamierende E-Mails erhalten, die Cáceres der „Lügen“ bezichtigten. Alleine im Februar waren bei amerika21 neun solcher E-Mails eingegangen. In Lateinamerika gingen solche öffentlichen Bloßstellungen in der Vergangenheit wiederholt Mordanschlägen voraus.
Im Juli 2015 hatte die Betreiberfirma des Staudammprojektes Agua Zarca, Desarollos Energéticos S.A. (DESA), die Arbeiten an dem Projekt am Gualcarque-Fluss wieder aufgenommen. Auch das deutsche Unternehmen Siemens ist über das Joint-Venture Voith Hydro an dem Projekt Agua Zarca beteiligt. 2013 war es der indigenen Lenca-Bevölkerung zunächst gelungen, das Projekt durch eine andauernde, friedliche Blockade zu stoppen. Im Laufe des Konflikts um Agua Zarca wurden bereits zuvor vier Mitglieder des COPINH ermordet. Eines der Opfer, Tomas García, war von einem Soldaten während einer Demonstration gegen das Projekt getötet worden.
COPINH macht in einer Erklärung zum Tod von Berta Cáceres die Firma DESA und ihre internationalen Projektpartner und Geldgeber für den Mord verantwortlich: „Sie sind es, die hinter ihrem physischen Verschwinden stehen, sie alle haben ihre Hände mit Blut befleckt, mit dem Blut von Indigenen, von Lenca, von Kämpferinnen und Kämpfern.“
Die Mutter von Berta Cáceres, Austraberta Flores, sprach der Regierung von Präsident Juan Orlando Hernández die Schuld für den Mord an ihre Tochter zu und forderte die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission.
Zahlreiche honduranische und internationale Organisationen haben seit dem Morgen die kriminelle Tat verurteilt und von der Regierung eine restlose Aufklärung und Konsequenzen gefordert. Das Nationale Netzwerk der Menschenrechtsverteidigerinnen von Honduras sieht in der Tat einen Akt der Bedrohung gegen alle, die sich im Land für Menschenrechte einsetzen.
„Ich bin bestürzt und persönlich sehr betroffen über die Nachricht vom Mord an der honduranischen Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres, die ich selbst mehrfach in Berlin getroffen habe“, sagte Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag und deren entwicklungspolitische Sprecherin. Dieser Mord sei die Spitze des Eisberges zahlreicher politischer Morde an Menschenrechtsaktivistinnen und Kleinbauern, die um ihre Landrechte kämpfen, so Hänsel. Seit dem Putsch im Jahr 2009 in Honduras habe sich die Menschenrechtssituation massiv verschlechtert. UN-Angaben zufolge weist Honduras weltweit die höchste Rate von Tötungsdelikten auf. „Ich fordere die Bundesregierung auf, im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit die lückenlose Aufklärung dieses Mordes gegenüber der honduranischen Regierung einzufordern und die grassierende Straflosigkeit nicht länger hinzunehmen“, so Hänsel, die Cáceres zuletzt bei einer Anhörung im Bundestag getroffen hatte.
In Brüssel gaben Europaabgeordnete aus Spanien und Frankreich der Europäischen Union und den USA eine Mitverantwortung für die schlechte Menschenrechtslage in Honduras. Beide Akteure hätten angesichts des Putsches 2009 ebenso versagt wie in Anbetracht der massiven Menschenrechtsverletzungen und der ungezügelten Ausbeutung von Bodenschätzen durch transnationale Konzerne. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Europäische Union ihre aktuelle Politik gegenüber Honduras verändert, um sie endlich am Respekt vor Menschenrechten zu orientieren“, heißt es in einer Erklärung, die von den Abgeordneten Marie-Christine Vergait und Lola Sanchez Caldentey unterzeichnet ist.
Erstveröffentlichung auf Portal amerika.de