Trotz neuem Mordfall in Honduras halten Siemens und Voith an Projekt fest
Trotz der zunehmenden Gewalt gegen Gegner des bislang größten privaten Wasserkraftprojekts in Honduras, Agua Zarca, und den damit zusammenhängenden Morden an zwei Umweltaktivisten innerhalb der letzten drei Wochen wollen die deutschen Konzerne Siemens und Voith zunächst nicht aus dem Projekt aussteigen. Dies bestätigen ihre jüngsten Stellungnahmen gegenüber der Menschenrechtsorganisation Oxfam und amerika21.
Das Gemeinschaftsunternehmen des Maschinenbauers Voith und des Siemens-Konzerns, Voith Hydro, steht der honduranischen Betreiberfirma von Agua Zarca, Desarollos Energéticos S.A. (DESA), beim Wasserkraftwerksbau mit der technischen Betreuung und der Lieferung von Anlagen im Wert von acht Millionen Euro zur Seite.
Agua Zarca wird nach Darstellungen von vor Ort gegen den Willen der Mehrheit der Eigentümer der betroffenen Ländereien gebaut. Dabei handelt es sich vor allem um Gemeinden der indigenen Volksgruppe der Lenka. Im Kampf gegen das Projekt sind laut Angaben von Oxfam 101 Aktivisten zwischen 2010 und 2014 ermordet worden. Für internationale Empörung sorgte vor allem der Mord an der angesehenen Umweltaktivistin und Vorsitzenden des „Indigenen und Volksrats von Honduras“ (COPINH), Berta Cáceres, in der Nacht zum 3. März.
Am Mittwoch, ein Tag nach dem Mord am COPINH-Mitglied Nelson García, zogen sich die holländische Entwicklungsbank FMO und das finnische Entwicklungsfinanzinstitut Finnfund aus dem Staudammprojekt vorläufig zurück. Auf die Anfrage von amerika21, ob Voith nach dem Rückzug zweier internationaler Geldgeber nun auch weitere Konsequenzen ziehen würde, bekam die Redaktion die gleiche E-Mail, die sie nach dem Mord an Cáceres erhielt. Geändert wurde nur der Name des Opfers. Voith verurteile jede Form von Gewalt, sei tief betroffen und würde die honduranischen Behörden auffordern, „die gewaltsamen Tode von Nelson García und Berta Cáceres lückenlos aufzuklären“. Von einem Rücktritt ist jedoch keine Rede.
Fast identisch lautet die Antwort von Siemens an Oxfam. Das deutsche Unternehmen verurteile „jede Form von Gewalt“, sei schockiert und werde diesen Fall beobachten. Das Unternehmen hätte Voith gebeten, „sein Engagement in diesem Projekt zu überprüfen“. Siemens bestreitet jedoch, in die Geschäfte von Voith eingebunden zu sein. Laut Oxfam ist Siemens jedoch mit 35 Prozent an Voith Hydro beteiligt.
Nach dem Mord an Cáceres machte COPINH die honduranische Regierung, die Firma DESA und ihre internationalen Projektpartner, einschließlich Voith und Siemens, für den Tod der Aktivistin verantwortlich: „Sie alle haben ihre Hände mit Blut befleckt“, hieß es in einem COPINH-Kommuniqué.
Im Gegensatz zur starken Kritik von COPINH an den honduranischen Behörden hat der Staatsminister im Auswärtigem Amt Michael Roth am Mittwoch sein volles Vertrauen in die honduranische Regierung bekräftigt. Sie hätte gegenüber dem Auswärtigem Amt ihre Bemühungen versichert, „die Tat vollständig aufzuklären“. Roth sei zuversichtlich, „dass die honduranische Regierung und die honduranischen Behörden ihren Worten auch Taten folgen lassen“, sagte der SPD-Politiker zum Mord an Berta Cáceres im Rahmen einer Fragestunde.
Die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel kritisierte dabei, dass „die schönen Absichtsbekundungen“ der honduranischen Regierung bisher „so gut wie gar nichts“ gebracht hätten. „In hundert Fällen ist nämlich nichts passiert“, führte Hänsel aus. Ob die Bundesregierung Druck auf die Regierung Hernández ausüben wird, um zu erreichen, dass eine unabhängige Untersuchungskommission des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofes eingesetzt wird, wie es in Mexiko geschah und wie es COPINH fordert, ließ Roth unbeantwortet.
Erstveröffentlichung am 19. März 2016 auf Portal amerika21.de
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