Laut Verfassung verfügt der Präsident der Republik Albanien über mehr Macht als es in unserer Republik der Fall ist. Neben seinem repräsentativen Aufgabenbereich ist er automatisch Präsident des Hohen Justizrates und übt die Kontrolle gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten – diesen ernennt er auf Vorschlag des Parlaments – über die Armee des Landes aus.
Umso gewichtiger ist die Blockade des amtierenden Staatspräsidenten Bujar Nishani (Demokratische Partei Albaniens) mit der Verweigerung seiner Unterschrift unter ein neues Videoüberwachungsgesetz am Montag, dem 4.April 2016 unter Berufung auf den Artikel 35 der eigenen Verfassung und den Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Schutz der Privatsphäre, welches ansonsten ratifiziert worden wäre. Ausserdem gebe es keine Garantie wie die persönlichen Daten vor dem Zugriff Dritter geschützt sind, so der Präsident.
Der Gesetzentwurf hatte mit zustimmender Mehrheit das Parlament im März passiert. 71 Stimmen von insgesamt 140 sind für eine Annahme oder Ablehnung notwendig.
Wäre das Gesetz in Kraft getreten, so wäre die Überwachung mit Videokamera in privaten, staatlichen Unternehmen, Institutionen und öffentlichen Plätzen gesetzlich vorgeschrieben gewesen wie Ämter, Bildungseinrichtungen, Schulen und Kindergärten, private Bereiche für Kinder wie Spielplätze.
Besonders betroffen wären die Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs um dort Sicherheitskameras zu installieren.
Der Gesetzentwurf basiert auf einer Initiative des Innenministerium unter Leitung von Saimir Tahiri, der wie alle Innenminister dem gleichen Orakel folgt wie seine ausländischen Kollegen: „Zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit müssen wir einige Freiheiten und das Recht auf Privatsphäre aufgeben.“
Die Polizei, die dem Innenministerium untersteht, hätte die Aufgabe gehabt, Gefahrenbereiche zu nennen, die zu überwachen sind.
Das Parlament wird nun entscheiden müssen, ob es zu Änderungen an einzelnen Passagen kommt und diesen neuen Entwurf zur Abstimmung bringen. Das Innenministerium wird alles dafür tun, seine Pläne umzusetzen.
Ein kriminelles, Aufsehen erregendes Vorkommnis an einem noch nicht videoüberwachten Platz würde diesem Ansinnen Vorschub leisten.
Letztendlich werden Gesetze dieser Art immer durchgepeitscht, vielleicht sind es parteipolitische Spiele wie immer nach Art des „Bad cop – good cop“.
Und gerade Albanien wird sich der Order aus den U.S.A. und der Europäischen Union unterordnen. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Zurück bleiben die Enttäuschungen nach den wieder einmal geschürten Hoffnungen der Bürgerrechtsorganisationen und der Bevölkerung auf eine Wende hin zu demokratischeren Zeiten. Dazu bedarf es mehr als nur ein Gesetz zu verhindern.
Als positives Zeichen ist die noch grössere Sensibilisierung der Öffentlichkeit nach der derzeitigen Ablehnung des Gesetzes zu sehen und die damit verbundene Aufklärung und Debatten zu diesen Themen, die jeden betreffen.
Quelle: http://www.balkaninsight.com/en/article/law-on-surveillance-raises-privacy-concerns-in-albania-04-05-2016