„Die Linke“: Verfassungsklage gegen „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte gegen die Terrororganisation IS“

Wie uns das Bundesverfassungsgericht bestätigt, hat die Fraktion „Die Linke“ im Bundestag eine Organklage gegen die Kriegsbeteiligung der Bundeswehr eingereicht. Offensichtlich geht es um die Beteiligung von Militär und Geheimdiensten aus Deutschland in der Internationalen Kriegskoalition. Ob bzw inwieweit dies die Kriegsbeteiligung in den AWACS-Einheiten, in Syrien, im Irak und in der Türkei umfasst, ist derzeit unklar. Ein Eilantrag wurde nicht gestellt.

Aktualisierung: am 21. Juni, zwanzig Tage nach Erscheinen dieses Artikels, veröffentlichte die Parlamentsfraktion „Die Linke“ eine Presseerklärung zu ihrer Verfassungsklage und veröffentlichte ihre Antragsschrift. Untenstehend mehr.

Dazu Hintergründe, die sich selbst ansehen müssen. Sonst werden sie es nicht glauben.

Am 4. Dezember 2015 gab der Bundestag im parlamentarischen Ausnahmezustand der Regierung eine umfangreiche Kriegsbeteiligungsvollmacht. Diese erstreckt sich nicht nur über die Territorien der Staaten Türkei, Irak und Syrien, sondern umfasst auch die Beteiligung an der zweiten Internationalen Kriegskoalition der „Willigen“ seit Beginn des Terrorkrieges vor fast fünfzehn Jahren und gilt damit faktisch weltweit. Vom Parlament bewilligtes Einsatzgebiet deutschen Militärs:

Territorialgebiet von Staaten, von denen eine Genehmigung der jeweiligen Regierung vorliegt, sowie im Seegebiet östliches Mittelmeer, Persischer Golf, Rotes Meer und angrenzende Seegebiete. Darüber hinaus kann auch eine begrenzte Anzahl deutscher Soldatinnen und Soldaten in Stäben anderer Staaten und der internationalen Allianz erfolgen, von denen eine Genehmigung der jeweiligen Regierung vorliegt.“

Der Terminus „Regierung“ gilt für die von der Organisation der Vereinten Nationen (U.N.O.) anerkannten Regierungen bzw Regime. So wirkt diese vom Bundestag ausgestellte Kriegsbeteiligungsvollmacht weltweit als Türöffner, z.B. auch für Libyen.

Vorgeschichte und Hintergrund

Nach offizieller Darstellung nehmen im 2003 von der ersten Internationalen Koalition der Willigen eroberten Irak am 10. Juni 2014 „mehrere Hundert Milizionäre“ die Millionenstadt Mosul ein. Diese operieren unter drei verschiedenen  Kürzeln („Islamischer Staat, „I.S.I.L.“, „I.S.I.S.“), die über die Massenmedien weltweit massiv gestreut werden, ebenso deren entsprechende Propaganda. Die irakische Armee leist nicht nur keinerlei Widerstand, sondern hinterlässt den Todesschwadronen praktisch ihr gesamtes U.S.-Waffenarsenal, darunter schwere Panzer, etc. Die „Linksfraktion“ im Bundestag simuliert parlamentarische Aufklärung; faktisch verschleppt sie diese bis ins alljährliche „Sommerloch“ der parlamentarischen Demokratie und spielt so den laufenden Entwicklungen in die Hände.

Aus unserer Sicht bereits damals identifizierbare maßgebliche Hintermänner: der Präsident der Regionalregierung des irakischen Kurdistan, Mahmud Barzani, dessen Truppen kurz nach Auftauchen der „I.S.“-Schattenarmee die seit langem anvisierte Ölstadt Kirkuk einnehmen und der heutige Präsident der Türkei, Tayyip Erdogan, mit dem Barzani einen 50-Jahre-Deal über die Ausbeutung der lukrativen Öl-Felder im irakischen Kurdistan abschließt. Am 27. August 2014 treffen bereits die ersten Bundeswehr-Soldaten bei Barzani in Erbil ein, unter Ignorierung des ins „Sommerloch“ gefallenen Bundestages und in Absprache mit dem Auswärtigen Amt (Außenministerium) von Frank-Walter Steinmeier. Es folgen umfangreiche Waffenlieferungen und eine bis heute andauernde Stationierung deutschen Militärs.

Am 4./.5. September 2014 verkündet der Nordatlantikpakt unter Führung der Führung der Vereinigten Staaten von Amerika auf seinem Gipfel in Wales – Radio Utopie berichtet dazu bereits vorher –  die Gründung der zweiten Internationalen Kriegskoalition „der Willigen“. Die Regierung Merkel-Gabriel (faktisch: die Regierung Schäuble-Steinmeier) verkündet den Beitritt der Berliner Republik in diese internationale Kriegskoalition. „Die Linke“ gibt Interviews im „Handelsblatt“.

Im Frühjahr 2015 beginnt Operation Asyl, die nun (entsprechend der Blaupause vom Vorjahr) im „Sommerloch“ der parlamentarischen Demokratie an Fahrt gewinnt.  Am 23. August 2015 warnt Radio Utopie vor einer

„von der Regierung von oben nach unten in die Gesellschaft hinein organisierten neuen Kampagne zur Schürung von Konflikten, Spaltungsbewegungen, bis hin zur Kreation von Spannungsfällen in die Quere, die einerseits den „Sicherheits“-Apparat, als auch die „Europäische Union“ begünstigen, die Republik destabilisieren und dadurch die herrschende Machtarchitektur stabilisieren sollen“,

sowie im Zuge dessen vor Stärkung, Instrumentalisierung und Einsatz rechter und / oder faschistischer Gruppen durch die Regierung.

Im Zuge der Verwicklung in die Angriffskriege gegen Syrien und Irak und Operation Asyl folgen nun u.a. die Attentate in Paris im November 2015, eine psychologische Kriegführung gegen unsere Republik und Gesellschaft, der moralisch-politische Zusammenbruch von Friedensbewegung, Sozialdemokratie und der politischen Linken, sowie entsprechende Stärkung rechter, reaktionärer und faschistischer Kräfte in Deutschland.

Eine mögliche Urheberschaft rechtsradikaler / faschistischer Kreise, auch und gerade im (internationalen) geheimdienstlichen / militärischen Komplex, bezüglich der Attentate in Paris und Brüssel wird durch alle etablierten Organisationen, vor allem im politisch linken Spektrum, sowie die gesamte Presselandschaft weiter ausgeschlossen und tabuisiert; stattdessen folgt man um jeden Pressepreis der Logik des Terrorkrieges (Spione und Attentäter bestimmen die Realität) und spielt so nicht nur Kriegslobby und geheimdienstlichen Komplex, sondern rechtsradikalen und xenophobischen Kräften immer weiter in die Hände. (15.11.2015, Erinnern Sie sich? „…den Terror ins Land“?)

In Frankreich verhängt nach den Attentaten in Paris das Parlament auf Antrag des Präsidenten den bis heute andauernden Ausnahmezustand, französische Truppen greifen nun offen in den Syrien-Krieg ein. Dies wiederum dient der Regierung von Deutschland als Argument für die Ende 2015 vom Bundestag erteilte Kriegsbeteiligungsvollmacht. „Die Linke“ mit ihrem Friedenshelden Alexander Neu im Verteidigungsausschuss wird von den Ereignissen völlig überrollt.

Nach der Erteilung der faktisch weltweiten Kriegsbeteiligungsvollmacht für Militär, Geheimdienste und Regierung durch den Bundestag informiert die Regierung die Abgeordneten über „die zuständigen Ausschüsse“ (soll wohl heißen: Auswärtiger Ausschuss und Verteidigungsausschuss) mit einem Schreiben vom 18. Dezember darüber, dass deutsche Soldaten auch in Überwachungs- und Kontrolleinheiten der AWACS eingesetzt werden. Entgegen dem Wortlaut von Urteil 2 BvE 1/03 des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2008 erfolgt diese nun direkte, militärische Kriegsbeteiligung im Kampfeinsatz ohne explizites Mandat des Bundestages. Maximal zynische Begründung der Regierung in ihrem Schreiben vom 18.12.2015 an die Abgeordneten in den Ausschüssen:

„Der Einsatz von Waffengewalt ist derzeit nicht zu erwarten.“

Die „Opposition“ tut nichts, sondern macht Weihnachten. Als die Regierung über das Sprachrohr der „Bild“-Zeitung nach Weihachten die Kollaboration ihrer „Opposition“ von „Grünen“ und „Linken“ öffentlich macht und diese damit outet und demütigt, beklagen sich diese sich ein bisschen, behaupten dann sie könnten leider überhaupt nichts tun außer besorgt und vor allem keine Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Dann verlautbart die „Linksfraktion“, sie würde eine Verfassungsklage „prüfen“. Die Entscheidung darüber würde „im Januar“ erfolgen.

Während die Menschen in der Türkei, in Syrien und im Irak weiter sterben wie die Fliegen, unter Beteiligung deutschen Militärs und unter Mitverantwortung der „Opposition“ der Republik, tut diese weiter nichts. Ebenfalls stellt sich die gesamte etablierte Friedensbewegung und außerparlamentarische „Opposition“ weiter konsequent tot oder dumm, heuchelt dafür aber mit den Parteien um die Wette. (28. März 2016, Erinnern Sie sich? Die Verfassungsklage der „Opposition“ gegen den Bundeswehr-Krieg in der Türkei, Syrien, Irak?)

31.05.2016: Verfassungsklage eingereicht

Gestern nun gab „die Linke“ über ihren Co-Fraktionsführer Dietmar Bartsch und die dpa eine sparsam gehaltene Meldung heraus. Dieser zufolge reichte die Fraktion „Die Linke“ nun am gestrigen Dienstag eine Verfassungsklage in Karlsruhe ein. Einzelheiten wurden nicht genannt. Eine Pressemitteilung der „Linksfraktion“ erfolgte nicht. Die Klage richtet sich laut der dpa Meldung „gegen den deutschen Militäreinsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS)“ (!?). Die Fraktion „Die Linke“ sehe die Kriegsbeteiligung der Bundeswehr als „rechtswidrig an, weil ein ausreichendes Mandat fehle“. Dietmar Bartsch wird von der dpa wie folgt zitiert:

„Wir betreten verfassungsrechtliches Neuland. Neben der politischen Auseinandersetzung mit dem Engagement der Bundeswehr wollen wir die verfassungsrechtliche Zulässigkeit überprüfen lassen.“

Wie uns das Bundesverfassungsgericht schriftlich bestätigte, ging gestern tatsächlich eine Organklage der Fraktion „Die Linke“ ein. Das Organstreitverfahren hat demnach „den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte gegen die Terrororganisation IS“ zum Gegenstand. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Eilantrag) wurde nicht gestellt.

Die Einzelheiten dieser Klage werden noch zu überprüfen sein. Es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass die Kader von „die Linke“, mutmaßlich unter starkem Druck tatsächlich linker Kräfte, vielleicht sogar innerhalb dieser Partei, wieder einmal Aktitivität simulieren, aber unter juristischer Federführung ihrer in Zersetzung erfahren Justiziarin das vermeintlich eigene Anliegen sabotieren und durch „ungeschickte“ Verhandlungsführung und irreführende Schlagzeilen „gegen den deutschen Militäreinsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat“ dem angeblichen politischen Gegner weiter in die Hände spielt.

Wir versichern, dass Radio Utopie auch über die kommenden Jahre weiter ohne zu zögern jeden Nerv und jede Partei töten wird, die Verfassung, Frieden und Republik gefährden und / oder in die Quere kommen. Und von allem Anderen einmal abgesehen: Sollte auch nur ein einziges Menschenleben durch unsere Arbeit gerettet werden, so ist uns allein dies schon all die Arbeit wert.

Aktualisierung 23.10.2016

Am 21. Juni, zwanzig Tage nach Erscheinen dieses Artikels und einundzwanzig Tage nach Bekanntgabe ihrer Verfassungsklage über die dpa, veröffentlichte die „Linksfraktion“ zu ihrer Klage eine Pressemitteilung und veröffentlichte ihre Antragsschrift.

Zur (positiven) Überraschung vom Autor dieses Artikels richtet sich die Klage der „Linksfraktion“ auch gegen die Begründung der Regierung für den Kriegseinsatz unter Bezug auf die „Europäische Union“, als angebliches „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“.

Allerdings sei noch einmal angemerkt: für einen Antrag auf Einstweilige Verfügung, im Allgemeinen Eilantrag genannt, reichte es bei der „Linken“ nicht.

Ebenso wird in der nicht textlich durchsuchbaren Antragsschrift lediglich auf Seite 37 von 120 nur kurz und unvollständig auf die Möglichkeit eingegangen, die Regierung einer „abstrakten Normenkontrolle“ (wir berichteten mehrfach) durch das Bundesverfassungsgericht unterziehen zu lassen. Wörtlich heisst es in der Antragsschrift:

„Insbesondere die Möglichkeit der abstrakten Normenkontrolle, die gerade auch der parlamentarischen Minderheit zusteht (…), besteht in diesem Zusammenhang nicht, da der Parlamentsvorbehalt für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte nur auf einen einfachen Parlamentsbeschluss gerichtet ist. Die rechtliche Kontrolle des Einsatzes bewaffneter Streitkräfte ist somit schwächer ausgeprägt als in jedem Falle eines Gesetzesvorbehalts.

Richtig dabei ist, dass die Regierung sich durch einen einfachen Beschluss um das Gesetzgebungsverfahren und die nachfolgenden Kontrollmöglichkeiten herum gedrückt hat. Vollständig wäre allerdings gewesen, wenn „die Linke“ in ihrer Antragsschrift erwähnt hätte, dass sie selbst zusammen mit der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ nicht auf das laut Artikel 93 GG notwendige „Viertel der Mitglieder des Bundestages“ für eine Normenkontrollklage kommt, d.h.: dass sie auch gegen Gesetze keine parlamentarische Normenkontrollklage einreichen kann.

Und abermals erwähnt die „Die Linke“ nicht, dass sie jederzeit eine Normenkontrollklage über eine von ihr geführte Landesregierung einreichen kann, namentlich die Landesregierung von Thüringen, unter Beteiligung auch der „Grünen“. Und wie uns das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich und schriftlich bestätigte (wir berichteten), umfasst dieses Kontrollrecht jeder Landesregierung über die Bundesregierung, „Bundes- oder Landesrecht jeder Rangstufe“ auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen, also selbst einfache Verordnungen, ganz bestimmt aber das Parlamentsbeteiligungsgesetz, oder das Bundesbesoldungsgesetz und das Soldatenversorgungsgesetz, auf die sich bizarrerweise der Kriegsbeschluss vom 4. Dezember 2015 beruft.

Und als letzter Punkt zur ein halbes Jahr nach dem beklagten Vorgang erhobenen Klage der „Linken“ sei aufgeführt: die Verfassungsklage richtet sich ausschließlich gegen den am 4. Dezember 2015 vom Bundestag im parlamentarischen Ausnahmezustand abgesegneten Kriegsbeschluss, nicht gegen den im jährlichen „Sommerloch“ der parlamentarischen Demokratie im  August 2014 auf eigene Faust von der Regierung begonnenen Militäreinsatz der Bundeswehr im Irak, genauer gesagt: in dessen separatistischen Region Kurdistan, mit dem bereits hinlänglich umschriebenen Masud Barzani als „Präsidenten“ und Kriegsfürsten.

(…)

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28.03.2016 Erinnern Sie sich? Die Verfassungsklage der „Opposition“ gegen den Bundeswehr-Krieg in der Türkei, Syrien, Irak?
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13.03.2007 A Syria War?
Last week on Monday, the 05th, the German Deputy Interior Minister August Hanning said „his country“ (in fact: the German military, in cooperation with German intelligence, BND, and the military intelligence MAD) would set up a „modern“ project to monitor the Lebanese-Syrian border in north Lebanon, so press reports.