Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nicht willens, den Krieg gegen Syrien zu beenden und die Angelegenheit am Verhandlungstisch zu regeln. Sie sind auf Erfüllung von 100% ihrer Forderungen aus, die Auflösung der syrischen Regierung und des Staates und die Einsetzung einer Stellvertreterregierung der Vereinigten Staaten von Amerika in Syrien.
Nachdem der Waffenstillstand in Syrien Ende Februar begonnen hatte, brach Obama sein Versprechen, die von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützten „gemäßigten Rebellen“ von al-Qaeda zu trennen. Im April taten sich die von Washington unterstützten Rebellen, die Taliban wie Ahrar al Sham und al-Qaeda zusammen, um die syrische Regierung im Süden von Aleppo anzugreifen. Die Stellvertreter der Vereinigten Staaten von Amerika brachen den Waffenstillstand.
Zwei UNO-Resolutionen fordern, dass al-Qaeda in Syrien bekämpft werden muss, was immer auch sei. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben jedoch mindestens zweimal Russland ersucht, al-Qaeda nicht zu bombardieren. Sie bestehen darauf, falsch wie sie sind, dass sie ihre „Gemäßigten“ nicht von al-Qaeda trennen können und dass al-Qaeda nicht angegriffen werden kann, weil das auch ihre „gemäßigten“ Freunde treffen würde.
Der russische Außenminister Lavrov hat viele Male mit Kerry über diese Sache gesprochen. Die einzige Antwort, die er bekam, waren Ersuchen, weiterhin nicht zu bombardieren. Inzwischen fuhren al-Qaeda und die „Gemäßigten“ fort, den Waffenstillstand zu brechen und die Streitkräfte der syrischen Regierung anzugreifen.
Nach fast vier Monaten beharrt Kerry noch immer darauf, dass die Vereinigten Staaten von Amerika noch mehr Zeit für die erwünschte Trennung ihrer Stellvertreterkräfte von al-Qaeda brauchen. Vor kurzem brachte Außenminister Lavrov die Konsternierung der Russen zum Ausdruck:
Die Amerikaner sagen jetzt, dass sie nicht imstande sind, die „guten” Mitglieder der Opposition aus den Positionen zurückzuziehen, die von der al-Nusra-Front gehalten werden, und dass das weitere zwei Monate erfordern wird. Ich habe den Eindruck, dass hier ein Spiel gespielt wird und dass sie al-Nusra in irgendeiner Form behalten wollen, um sie später zu benützen, um die Regierung (Assad) zu stürzen,“ sagte Lavrov auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg.
Das Fass war voll und Kerrys Ansinnen, weitere drei Monate Pause bei den Angriffen auf al-Qaeda einzulegen, ließ es überlaufen. Russland antwortete jetzt mit einem Schlag gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie es nicht erwartet hatten:
Russische Kampfflugzeuge trafen die vom Pentagon unterstützten syrischen Kämpfer mit einem Sperrfeuer von Luftangriffen früher in dieser Woche, wobei sie verschiedene Warnungen von U.S.-Kommandanten nicht beachteten und damit laut amerikanischen Militärvertretern den provokantesten Schlag ausführten, seit Moskaus Luftkampagne in Syrien im letzten Jahr begonnen hatte.
Die Angriffe trafen einen Stützpunkt nahe der jordanischen Grenze, weit entfernt von Gebieten, in den die Russen davor aktiv waren, und zielten gegen von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützte Kräfte, die gegen Kämpfer des Islamischen Staats kämpften.
Diese letzten Schläge betrafen eine andere Seite des Landes als die, wo die Russen üblicherweise im Einsatz waren, nämlich das Gebiet rund um Tanf, eine Stadt in der Nähe der Stelle, wo sich die Grenzen Jordaniens, Syriens und des Irak treffen.
Der russische Angriff traf eine kleine Rebellenbasis für den Aufmarsch von Kräften und Ausrüstung in einem desolaten unbewohnten Gebiet nahe der Grenze. Etwa 180 Rebellen waren dort im Rahmen des Programms des Pentagon zur Ausbildung und Ausstattung von Kämpfern gegen den Islamischen Staat.
Als die ersten Schläge trafen, riefen die Rebellen ein Kommandozentrum der Vereinigten Staaten von Amerika in Quatar an, in dem das Pentagon den täglichen Luftkrieg gegen den Islamischen Staat koordiniert.
Kriegsflugzeuge der Vereinigten Staaten von Amerika kamen herbei und die Russen flogen davon. Die U.S.-Flugzeuge mussten zurück zum Auftanken, und die russischen Jets kamen zurück und schlugen wieder zu. Angeblich wurden zwei U.S.-Stellvertreterkämpfer getötet und 18 verwundet.
Früher am heutigen Tag traf ein weiterer derartiger Angriff dasselbe Ziel.
Das war kein Versehen, sondern eine gut geplante Operation, und die Antwort des russischen Sprechers macht die Absicht klar:
Der Sprecher des Krems Dmitry Peskov bestätigte den Angriff am Freitag, und sagte den Reportern, dass es schwierig sei, unterschiedliche Rebellengruppen aus der Luft zu unterscheiden.
Das heißt: „Wenn ihr eure Kräfte von al-Qaeda nicht auseinanderhalten und ausschließlich ‚gemäßigte’ Zonen unterscheiden und einrichten könnt, dann können wir das auch nicht.“
Die Kräfte nahe Tanf werden unterstützt von U.S.-Artillerie aus Jordanien und Luftwaffe im Wege des Irak. Britische und jordanische Sonderkommandos bilden einen Teil der Grundkomponente (und wahrscheinlich die Mehrheit der „syrischen“ Kämpfer.) Dort gibt es keine al-Qaeda. Die Russen wissen das genau. Sie wollten aber klarstellen, dass die Trennung entweder überall oder nirgends zu erfolgen hat. Bis die Vereinigten Staaten von Amerika eindeutig diese von al-Qaeda trennen, werden alle von Washington unterstützten Kräfte unterschiedslos überall und jederzeit angegriffen. (Die syrischen Kurden, die mit Unterstützung der Vereinigten Staaten von Amerika gegen den Islamischen Staat kämpfen, sind zur Zeit eine andere Geschichte.)
Das Pentagon will keinen weiteren Kampf gegen die syrische Regierung oder gegen Russland. Es will gegen den Islamischen Staat kämpfen und hasst die CIA für deren Zusammenarbeit mit al-Qaeda und anderen jihadistischen Elementen. Aber John Brennan, der Agent der Saudis und Chef der CIA, scheint noch immer Obamas Ohr zu haben. Aber was kann Obama jetzt tun? Einen russischen Jet abschießen und dadurch jeden amerikanischen Pilot in Gefahr bringen, der in Syrien oder in der Nähe der russischen Grenze fliegt? Einen Krieg gegen Russland riskieren? Wirklich?
Der russische Schlag in der Nähe von Tanf war eindeutig eine Überraschung. Die Russen erwischten Washington wieder auf dem falschen Fuß. Die Botschaft an die Obama-Administration ist klar. „Keine weiteren Verzögerungen und Vernebelungen. Entweder trennt ihr eure Gemäßigten JETZT, oder alle eure Anlagen in Syrien werden fette Ziele für die russische Luftwaffe sein.“
Die russischen Angriffe in der Nähe von Tanf und gegen die Stellvertreter der Vereinigten Staaten von Amerika bringen einen zusätzlichen Vorteil. Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten geplant, diese Kräfte nach Norden gegen Deir Ezzor loszulassen und den Islamischen Staat in dieser Stadt zu schlagen. Letztendlich sollte eine „sunnitische Einheit“ im Südosten Syriens und im Westen des Irak unter Kontrolle der Vereinigten Staaten von Amerika eingerichtet werden. Syrien würde dann geteilt werden.
Die syrische Regierung und ihre Verbündeten werden das nicht zulassen. Eine große Operation zur Befreiung von Deir Ezzor von der Besatzung des Islamischen Staats ist geplant. Einige hundert Mann des syrischen Militärs haben einen isolierten Flughafen in Deir Ezzor gegen viele erfolglose Angriffe des Islamischen Staats gehalten. Diese Soldaten werden zur Zeit durch zusätzliche Kontingente der syrischen Armee und Hizbollah-Kommandos verstärkt. Eine große Schlacht ist im Anzug. Deir Ezzor könnte im kommenden Monat befreit werden. Alle Pläne der Vereinigten Staaten von Amerika für irgendwelche eigenen Gebiete im Osten Syriens sind völlig unrealistisch, wenn die syrische Regierung ihre größte Stadt im Osten einnehmen und halten kann.
Die Verzögerungstaktik der Obama-Administration wird jetzt aufhören müssen. Russland wird sich nicht länger zurückhalten und zuschauen, wie die Vereinigten Staaten von Amerika den Waffenstillstand sabotieren und al-Qaeda unterstützen.
Was wird wohl der nächste Schritt sein, den die Vereinigten Staaten von Amerika unternehmen werden?
Orginalartikel Syria – Russian Surprise Attack Blows Up Kerry‘s Delaying Tactic vom 18. Juni 2016