Der heimliche „Spannungsfall“ und die „Notstandsgesetze“ des Nordatlantikpakts in Deutschland

Nach dem Attentat in München tagt heute der Bundessicherheitsrat. Diesbezüglich ist es für alle in der Republik wichtig ein paar Dinge auf dem Schirm zu haben. Folgende gehören dazu.

Die faktisch auf Befehl der Besatzungsmächte Westdeutschlands durch die „große Koalition“ mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat als „Notstandsgesetze“ beschlossene Verfassungsänderungen von 1968 („Siebzehntes Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes“) schufen u.a.

den „Spannungsfall“ (Artikel 80a). Diesen kann der Bundestag mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen. Nun der Clou: die nach Artikel 80a bevollmächtigte „Anwendung solcher Rechtsvorschriften“ kann auch der Nordatlantikpakt (N.A.T.O.) mit Zustimmung der Regierung verfügen, ohne dass der „Spannungsfall“ überhaupt ausgerufen wurde (Artikel 80a Abs.3, „einem internationalen Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung der Bundesregierung“).

Die Bezugnahme auf Artikel 80a setzt eine Kaskade in Gang. Alle Bundesgesetze „über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung“, die wiederum selbst als „Rechtsvorschriften“ wirken oder andere bewirken (z.B. Dienstvorschriften in Militär und Geheimdiensten) und „nur nach Maßgabe“ von Artikel 80a angewandt werden dürfen, erhalten nun Wirksamkeit. So werden die eigentlichen, bisher in der ausführenden Gesetzgebung schlafenden Notstandsgesetze aktiviert.

Der Bundestag kann alle in Bezug auf Artikel 80a verfügten Maßnahmen wieder aufheben. Richtig spannend aber wird der Fall, wenn der Bundestag gar nicht weiß, dass diese Maßnahmen überhaupt existieren.

Im Weiteren ermöglichten die Verfassungsänderungen von 1968 den Militäreinsatz im Inneren, „im Spannungsfalle“ zum „Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen“ (Artikel 87a), sowie „beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer“ (bei Vorliegen von Bedingungen in Artikel 91 Abs.2). Zudem erhielt die Bundesregierung die Vollmacht Länderpolizeien und Länderregierungen ihren Weisungen zu unterstellen (Artikel 91 Abs.2), was nur der Bundesrat wieder aufheben kann.

Ergänzung 12.00 Uhr

In ziemlich weiser Voraussicht schrieb bereits vor zwei Tagen der bestimmt sehr freie Redakteur „slo“ in der „Freien Presse“ (Verlag: Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG, Herausgeber: Medien Union GmbH Ludwigshafen) die aus seiner Sicht bestehenden Möglichkeiten in Deutschland einen „Ausnahmezustand“ auszurufen. Ausdrücklich erwähnt Autor „slo“ dabei einerseits Frankreich, sowie die 1968 in Westdeutschland erlassenen „Notstandsgesetze“. Zitat:

Für eine Anwendungen der Gesetze gibt es vier mögliche Fälle: den Verteidigungsfall, den Spannungsfall als Vorstufe zur Verteidigung, den Katastrophenfall und den inneren Notstand. Letzterer wäre etwa eine Revolution oder ein anderer Angriff auf die staatliche Grundordnung oder den Bestand des Staates. Dazu könnte auch ein Terrorangriff zählen, wenn er sich direkt gegen staatliche Organe richtet.

Den „inneren Notstand“ gibt es im Grundgesetz nicht. Jeder spreche da für sich selbst. Irgendwelche Interpreten setzten diesen verfassungsrechtlich fiktiven Begriff in die Welt unter Bezug auf den bereits oben erwähnten Artikel 87a in die Welt von „Wikipedia“ und die entsprechenden Köpfe mit innerem Notstand.

Ergänzung 19.30 Uhr

Oben stehende Einschätzung ist leider unvollständig.

Der am 17. August 2012 öffentlich gemachte BESCHLUSS (!) 2 PBvU 1/11 des Bundesverfassungsgerichts, ordnet ein Attentat unter „Naturkatastrophe oder..Unglücksfall“ (!) ein, interpretiert daraus den „Katastrophennotstand“ und daraus wiederum das Recht der Regierung im Falle des Falles – unter Umgehung selbst der „Notstandsgesetze“ und Artikel 87a – unter Bezug auf Artikel 35 Grundgesetz das Militär im Innern einzusetzen.

Im Übrigen entwickelten sich die Dinge nach Erscheinen dieses um 10.32 Uhr erschienenen Artikels weiter. Die Regierung gab zu, dass gestern in München ein Einsatz der Bundeswehr unmittelbar bevorstand.

Ergänzung Ende

Wie bereits ausführlich beschrieben, hoben die Verfassungsänderungen  der „Notstandsgesetze“ von 1968 auch das Grundrecht auf Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis faktisch auf, indem sie explizit für dieses die Gewaltenteilung aufhoben. Formal haben die Deutschen also dieses Grundrecht, können es aber nicht einklagen.

Die „Notstandsgesetze“ Westdeutschlands von 1968 gelten bis heute. Keine einzige etablierte Partei hat jemals die Rücknahme dieser Verfassungsänderungen gefordert.

Der heute tagende Bundessicherheitsrat hat keine eigene verfassungsrechtliche Legitimation. Er wird im Grundgesetz nicht erwähnt.

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