Brasilien wollte Uruguay im Streit um Venezuelas Vorsitz im Mercosur bestechen

Uruguays Regierung hat der De-facto-Führung von Brasilien einen Bestechungsversuch vorgeworfen, um die Stimme des Landes im Streit um die Präsidentschaft von Venezuela im südamerikanischen Handelsbündnis Mercosur zu kaufen. Die Führung von Brasilien und die rechtsgerichteten Regierungen von Argentinien und Paraguay lehnen den Vorsitz Venezuelas aus politischen Gründen ab. Venezuela argumentiert, dass der Vorsitz entsprechend den Mercosur-Statuten automatisch und in alphabetischer Reihenfolge wechselt und hält an dem Amt fest. Die sozialistische Regierung in Caracas wird dabei von Ecuador, Bolivien und Uruguay unterstützt.

Vor diesem Hintergrund soll Brasiliens De-facto-Regierung unter Führung des ehemaligen Vizepräsidenten Michel Temer versucht haben, die Stimme Uruguays zu kaufen, um das Kräfteverhältnis zuungunsten Venezuelas zu verändern. „Es hat uns nicht sehr gefallen, dass Außenminister (José) Serra nach Uruguay gereist ist, um uns zu sagen – und ich sage das, weil er es öffentlich getan hat –, dass sie gekommen sind, um die Übernahme (der Mercosur-Präsidentschaft durch Venezuela) zu verhindern“, sagte Uruguays Außenminister Rodolfo Nin Novoa. Wenn dies gelinge, würde Brasilien Uruguay den Zugang zu anderen Handelsabkommen erleichtern, so Nin Novoa, der dies bei einem Bericht in der außenpolitischen Kommission des Parlaments als Bestechungsversuch wertete.

Serra war in Begleitung des brasilianischen Ex-Präsidenten Fernando Henrique Cardoso am 5. August in die uruguayische Hauptstadt Montevideo gereist. In einer Pressekonferenz sagte der Außenminister der De-facto-Regierung, dass Brasilien eine „große handelspolitische Offensive“ in Subsahara-Afrika und Iran plane und bereit sei, Uruguay als Partner einzubinden. Zugleich warb Serra für die Unterstützung des antivenezolanischen Kurses im Mercosur-Streit.

Nin Novoa stellte nun klar dass Venezuela nach Ansicht seiner Regierung „legitimer Inhaber des turnusmäßigen Vorsitzes im Mercosur ist“. Wenn Venezuela in dieser Funktion ein Treffen anberaume, werde Uruguay selbstverständlich teilnehmen. Diese Bemerkung bezog sich offensichtlich auf die Ankündigung der rechten Regierungen von Argentinien und Paraguay sowie der Führung von Brasilien, etwaige Zusammenkünfte des Mercosur unter der venezolanischen Präsidentschaft zu boykottieren.

Die brasilianische De-facto-Regierung reagierte verärgert auf die Stellungnahme des uruguayischen Außenministers. Sie bestellte den Botschafter Uruguays, Carlos Amorín, ein, um ihr „tiefes Missfallen“ zu erklären.

Erstveröffentlichung am 19. August 2016 auf Portal amerika21.de