Antiimperialistische Militärakademie in Bolivien gegründet
Einrichtung soll Gegenpol zum US-amerikanischen Einfluss auf die Armeen in Lateinamerika und der Karibik bilden. Eröffnung durch Evo Morales
Boliviens Präsident Evo Morales hat Mitte der Woche eine Militärakademie eröffnet, in der die Militärs in antiimperialistischen Theorien ausgebildet werden sollen. Die neue Bildungseinrichtung der Armee hat explizit zum Ziel, den politischen Einfluss der USA auf die Militärs in Lateinamerika und der Karibik einzudämmen. Bei der Einweihung waren auch die nicaraguanische Verteidigungsministerin Martha Ruiz Sevilla, ihr Amtskollege aus Venezuela, Vladimir Padrino López, und der Vize-Verteidigungsminister von Ecuador, Felipe Vega zugegen.
„Mit dieser Militärakademie wollen wir ein antikoloniales und antikapitalistisches Denken stärken, das die Streitkräfte enger an die sozialen Bewegungen bindet“, sagte Morales bei der Eröffnungsfeier am Mittwoch in Santa Cruz. Dies sei auch nötig, um den Einfluss der US-amerikanischen Militärakademie School of the Americas einzudämmen, „in der die Indigenen stets als interne Feinde gesehen wurden“, so Morales, der selbst zur indigenen Bevölkerungsmehrheit in Bolivien gehört.
Die 1946 zu Beginn des Kalten Krieges gegründete School of the Americas oder Escuela de las Américas war ein Ausbildungslager der US-Armee am Panamakanal. In der Einrichtung wurden schätzungsweise 60.000 Militärs aus Lateinamerika und der Karibik ausgebildet. Viele waren in ihren Heimatländern im Kampf gegen demokratische Kräfte aktiv und begingen zum Teil schwere Menschenrechtsverletzungen. Wegen ihres schlechten Rufes und der inzwischen nachgewiesenen Kontakte zu Militärdiktaturen in der Region wurde die Ausbildungseinrichtung 2001 in Western Hemisphere Institute for Security Cooperation (WHINSEC) umbenannt und nach Fort Benning im US-Bundesstaat Georgia verlegt.
Nach Aussagen von Evo Morales soll die neue Militärakademie im bolivianischen Santa Cruz dazu beitragen, „die politische, kulturelle und technologische Vorherrschaft des US-Imperialismus zu brechen“. Ihren Sitz hat die neue Einrichtung in einer Kaserne, in der zuvor bolivianische Blauhelmsoldaten für UN-Missionen ausgebildet wurden.
Morales zog in seiner Rede auch eine historische Parallele zwischen der Lateinamerika-Politik der USA während des Kalten Krieges und den aktuellen regionalpolitischen Strategien Washingtons. In den 70er und 80er Jahren hätten die USA Militärdiktaturen geholfen, sagte der linksgerichtete Politiker. Heute würden von Washington „parlamentarische Putsche gegen antikapitalistische Präsidenten wie Dilma Rousseff (in Brasilien) unterstützt. Zugleich würden die Militärinterventionen der USA zum Vormarsch des Terrorismus beitragen, was sich am sogenannten Islamischen Staat zeige.
Die Militärakademie war bereits 2011 gegründet worden, damals unter dem Namen „Alba-Akademie“, in Bezug auf das gleichnamige linksgerichtete Regionalbündnis „Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerika“. Das Ziel, eine gemeinsame Einrichtung der Alba-Mitgliedsstaaten aufzubauen, konnte offenbar auch wegen wirtschaftlicher Probleme einiger dieser Staaten nicht umgesetzt werden. Nun wurde die Akademie erneut eingeweiht, diesmal unter dem Namen von Juan José Torres, einem linksgerichteten De-facto-Präsidenten, der 1970 US-Militärs des Landes verwies und wichtige Teile des Bergbausektors nationalisierte. Torres wurde wenige Jahre später im argentinischen Exil im Rahmen der Terroroperation „Condor“ ermordet.
In der nun gegründeten Akademie müssen bolivianische Militärs für die höhere Laufbahn einen einsemestrigen Kurs in Antiimperialismus absolvieren, so Verteidigungsminister Reymi Ferreira. Grundsätzlich sei die Einrichtung weiterhin auch für Militärs aus anderen Staaten der Region offen.
Die Opposition übte indes Kritik an der Einrichtung der Akademie und forderte detaillierte Angaben zu den Kosten ein. Diese belaufen sich, so die Antwort von Verteidigungsminister Ferreira, auf 1,5 Millionen Bolivianos (knapp 890.000 Euro) pro Jahr.
Die Einführungsvorlesung gab am Mittwoch der argentinische Politologe und Soziologe Atilio Borón. Nach seiner Meinung müssen sich die Länder Lateinamerikas und der Karibik weiterhin auf sozialer, politischer und militärischer Ebene gegen den Einfluss der USA zur Wehr setzen, weil Washington den amerikanischen Kontinent unverändert als „nicht verhandelbare Sicherheitszone“ sehe.
Erstveröffentlichung am 20. August 2016 auf Portal amerika.de
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30.04.2013 U.S.-Gericht: Mörder-Camp ‚School of the Americas‘ muss Namen offenlegen
Die New York Times schrieb 1996 in School of the Dictators:
„Das neue veröffentlichte Handbuch erinnert an ein Handbuch, das die Central Intelligence Agency an die nicaraguanischen Contras in den frühen 1980er Jahren verteilte, das Entführungen, Morde, Erpressung und die Einstellung von professionellen Kriminellen empfahl. Die Reagan-Administration hat diese Broschüre sogleich verleugnet als ihr Inhalt bekannt wurde. Doch die School of the Americas befürwortet weiterhin ähnliche Methoden für ein weiteres Jahrzehnt. Eine Institution, die so eindeutig ausserhalb der amerikanischen Werte steht und so hartnäckig immun zu reformieren ist, sollte ohne weitere Verzögerung geschlossen werden.“