U.S.-Armee: Keine Belege über 6,5 Billionen Dollar Ausgaben

Seit Jahrzehnten entzieht sich das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika der eigenen Gesetzgebung und gibt ungeheure Summen für unbekannte Zwecke aus. Und seit Jahrzehnten glänzen dazu populäre Presse, Abgeordnete, Parteien, Bürgerrechtsorganisationen, Justiz, Parlament, etc, mit dem gewissen Nichts.

Laut einem Bericht vom Generalinspekteur des U.S.-Verteidigungsministeriums („Pentagon“) hat allein die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika im Finanzjahr 2015 „nicht angemessen belegte…Anpassungen“ („adjustments“) in Höhe von gigantischen 6,5 Billionen Dollar bezüglich ihrer jahrzehntelangen Ausgaben von Steuergeldern vorgenommen.

Laut dem Bericht verschwanden allein im dritten Quartal des Finanzjahres 2015 mindestens „16.513 von 1,3 Millionen Aufzeichnungen“ („records“) über Ausgaben aus dem Budget-Aufzeichnungssystem des Pentagon („Defense Departmental Reporting System-Budgetary (DDRS-B)“. Das Verschwinden der Aufzeichnungen konnte die Finanzverwaltung des Pentagon, der „Defense Finance and Accounting Service“ (DFAS) in Indianapolis, nicht erklären. Stattdessen erklärte die Finanzverwaltung des U.S.-Verteidigungsministeriums, sie könne nicht einmal dokumentieren wie im eigenen Budget-Aufzeichnungssystem DDRS-B Einträge überhaupt vorgenommen bzw wieder verschwinden würden.

Wie im Bericht des Generalinspekteurs dokumentiert ist, stellte bereits im Jahre 1991 der Rechnungshof des Kongresses (damals: „General Accounting Office“) „nicht unterstützte Anpassungen“ („unsupported adjustments“) in der Buchhaltung der U.S.-Armee fest. Es geschah nichts.

Ab 1996 verpflichteten die „Single Audit Act Amendments“ alle Ministerien der Regierung – also auch das Verteidigungsministerium und das ihm unterstellte Militär – gesetzlich dazu ihre Ausgaben auch zu belegen. Das passierte nicht.

In einem Bericht zum Finanzjahr 2008 versicherte dann die Army, „dass diese materielle Schwäche bis Ende des Finanzjahres 2011 korrigiert“ werde, durch ein angeblich bereits seit 1996 entwickeltes Buchhaltungssystem („General Fund Enterprise Business System“). Auch das passierte nicht.

In dem am 28. Oktober 2009 vom Kongress abgenickten Militärbudget für 2010 („National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2010)“ wurde das Pentagon (abgekürzt DoD, „Department of Defense“) schließlich dazu verpflichtet,

„einen Plan zu entwickeln um zu verifizieren, dass die finanziellen Statements des DoD `bereit für die Überprüfung bereinigt wurden, bis spätestens zum 30. September 2017`“.

Das Auslaufen dieser in 2009 vom Kongress dem Militär abermals bis 2017 erstellten Vollmacht ein seit 1996 existierendes Gesetz zu brechen, dürfte dazu beigetragen haben, dass dieser Bericht des Generalinspekteurs vom Pentagon über die billionenschwere Veruntreuung allein in der U.S.-Army überhaupt erstellt werden konnte.

Als der Bericht schließlich am 26. Juli 2016 veröffentlicht wird, passiert nichts.

Kein populärer Abgeordneter, Journalist oder irgendeine Bürgerrechtsorganisation erwähnt diesen auch nur, geschweige denn eine der beiden Parteien („Demokraten“, „Republikaner“), oder gar deren Präsidentschaftskandidaten.

Am 11. August schließlich entdeckt „Counterpunch“ den Bericht und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Nach und nach sickern die Informationen der Regierungsbehörde durch unabhängige Medien in die Öffentlichkeit, trotz hartnäckiger Ignoranz aller Verantwortlichen, Konzernmedien und jedweder etablierten „Opposition“.

Am 19. August schließlich „entdeckt“ die Nachrichtenagentur „Reuters“ den Bericht des Pentagon-Generalinspekteurs. Am 23. August heisst es bei „CNN“ und dessen „Experten“ für Nationale Sicherheit, „Reuters“ habe den seit fast einem Monat für alle auf der Webseite des Generalinspekteurs öffentlich zugänglichen Bericht „zuerst enthüllt“.

Als Artikel zu empfehlen: Salon.com („Wie man den Planeten bewaffnet“) und William Engdahl („Der Kollaps von Rom: Washingtons 6,5-Billionen- Schwarzes-Loch“).

Im deutschsprachigen Raum erschienen zum aktuellen Bericht des Pentagon-Generalinspekteurs bislang ganze zwei Artikel, auf rechtsgerichteten bzw bedenklichen Webseiten. Informationsindustrie und Staatsmedien, „Opposition“, Bürgerrechtlicher, Linke / Scheinlinke, „Friedensbewegung“, etc, pp, ignorieren das Thema weiterhin.

In 2013 berichteten wir zu dieser faktisch jahrzehntelangen Aussetzung von Gewaltenteilung und Demokratie im „mächtigsten Land der Welt“. Damals hatten sich die jahrzehntelang de facto geheimen und nicht dokumentierten Ausgaben des Pentagon unter seiner Finanzverwaltung DFAS, trotz der seit 1996 existierenden gesetzlichen Berichtspflicht, bereits auf insgesamt 8,5 Billionen Dollar aufgetürmt.Wir warnten vor einem

„Militärapparat ausser Kontrolle und Gefahr für die Demokratie„.

Die damals öffentlich gewordene Summe geheimer / nicht dokumentierter Ausgaben des Militärs umfasste nicht nur die Armee, sondern auch deren anderen Waffengattungen (Luftwaffe, Marine, Marinestreitkräfte, Küstenwache), der offiziell acht Militärgeheimdienste (wie der „National Security Agency“ zur „Informationsbeschaffung“, sowie die kontinentalen Militärkommandos (Zentralkommando, Europakommando, etc), sowie den Kommandos für Sonderoperationen (SOCOM) und Transport und Logistik (TRANSCOM).

In Ermangelung jedweder Kontrolle über das Militär des kriegführenden „Westens“ muss sich nun jeder selbst fragen, wie all die seit fünfzehn Jahren Terrorkrieg mit Regelmäßigkeit aus dem scheinbaren Nichts auftauchenden Milizen, Paramilitärs, Söldnerarmeen und Attentäter sich eigentlich finanzieren. Und wie und von wo diese sich magischerweise immer wieder aufs Neue mit Infrastruktur, Waffen, eigenen Transportmitteln, Kommunikationsgerät, u.a. versorgen können, während gleichzeitig die Bevölkerungen in denn kriegführenden Ländern des „Westen“ immer skrupelloser ausgeplündert und von einem engmaschigen Spitzel-und Spionage-Komplex auf Widerspruch, Dissidenten und tatsächliche Opposition gegen Krieg und Kapitalismus hin „geprüft“ und „überwacht“ werden.

(…)

Hinweis: in diesem Artikel wurden Abkürzungen wie DFAS nicht als solche durch Punkte gekennzeichnet.

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