Die Arte-Dokumentation über die Freiwilligen-Verbände im Spanischen Bürgerkrieg ist außergewöhnlich und sehenswert.
Zur Geschichte Europas, die nie die eines Zentralstaates war und niemals eine solche sein wird, zählt der heute fast vergessene Spanische Bürgerkrieg, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach dem faschistischen Militärputsch in 1936 kämpfen im Spanischen Bürgerkrieg auf republikanischer Seite von Regierung und zersplitterten Einzelterritorien auch Tausende aus der ganzen Welt herbei geeilte Freiwillige in den Internationalen Brigaden, unter ihnen viele Künstler. Doch mehr und mehr gerät die republikanische Regierung unter die Kontrolle der von Stalins Sowjetunion gesteuerten Kommunisten, während in anderen Gebieten des republikanischen Spaniens mit viel Idealismus die soziale Revolution ausgerufen wird, aber auch Chaos ausbricht.
Obwohl am Anfang der Dokumentation „Vom Kämpfen und Sterben der Internationalen Brigaden“ von Patrick Rotman eine Art Pflichtprogramm abgespult wird („der rote Terror“, usw), sollten sich alle in den nächsten fünf Tagen, in denen diese noch in der Arte Videothek frei zugänglich ist, die Zeit nehmen sich diese anzuschauen.
Was sich mir eingebrannt hat:
– George Orwell, wie er in den Reihen der P.O.U.M-Miliz einen Kopf heraus ragt.
– Willy Brandt in den Reihen der P.O.U.M.-Miliz. (Brandt kann nach dem Verbot der P.O.U.M, welches auf Betreiben der sowjetisch kontrollierten Kommunisten erfolgt, und den anschließenden Verhaftungen und Hinrichtungen in Barcelona noch rechtzeitig nach Oslo fliehen. Später wird er westdeutscher Bundeskanzler.)
– Andrés Nin, Anführer der P.O.U.M. (Partido Obrero de Unificación Marxista), die mit den anarchistischen Gewerkschaftlern der C.N.T. ( Confederación Nacional del Trabajo) verbündet ist. Er wird, wie viele die sich der stalinistischen Führung der Kommunisten und der von ihnen dominierten Regierung widersetzen, als Faschist verleumdet und schließlich im Zuge der Kämpfe in Barcelona verhaftet. Wie er schließlich ermordet wird, ist bis heute unklar.
– Zitat und Bilder von Gerda Taro, deutsche Fotografin. Sie ist mit ihrem Lebensgefährten und Partner, Robert Capa, Berichterstatterin an der Front. Nach der von der republikanischen Militärführung angeordneten, völlig sinnlosen und unter hohen Verlusten gerade der Internationalen Brigaden letzlich verlorenen Offensive bei Brunete, sagt sie: „Wenn ich bedenke, wie viele großartige Menschen, die wir beide kennen, in dieser Offensive umgekommen sind, kommt einem der absurde Gedanke, dass es irgendwie unfair ist noch am Leben zu sein.“ Drei Wochen später fällt sie während eines Truppenrückzugs an der Front vom Trittbrett eines LKWs und wird von einem Panzer der eigenen republikanischen Truppen überrollt. Sie stirbt erst einen Tag später. Robert Capa stirbt 1954 im Indochina-Krieg, als er auf eine Mine tritt. In der Doku heisst es: „Im Himmel der Fotografen trifft er seine Gerda wieder.“
– die Bilder Capas von Ernest Hemingway. Hemingway kämpft schließlich selbst auf Seiten der republikanischen Truppen und wird in der Ebro-Schlacht am Hals getroffen. Hemingway verlässt das Land kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch der Zweiten Republik Spanien.
– Marschall Philippe Pétain, wie er 1939 in Madrid mit Franco dessen Sieg feiert, als französischer Botschafter. Zwei Jahre später wird er Hitlers Statthalter über das besetzte Frankreich.
– das Zitat von Anarchistin Federica Montseny, zu den ersten Massakern auf republikanischer Seite, u.a. an achttausend Priestern: „Die Revolution ist zerstörerisch, blind, brutal und grandios. Aus dem tiefsten Inneren des anständigen Mannes steigen eine unbarmherzige Gewalt, ein Drang zur Zerstörung, ein Blutdurst empor, die unvorstellbar schienen.“
– Geschichte, Charakter und Schicksal von Mikhail Koltsov. Als Prawda-Reporter an der republikanischen Front verpfeift er nicht-kommunistische Kämpfer oder kritische Dissidenten an den sowjetischen Geheimdienst N.K.W.D. Nach Kriegsende wird er, wie fast alle sowjetischen Staatsbürger, die in Spanien auf republikanischer Seite kämpften und wieder in die Sowjetunion zurückkehren, selbst hingerichtet.
– die Lieder „Jarama Valley“ und „Viva la Quince Brigada“ des Abraham Lincoln Battalion von u.a.-amerikanischen Linken und Kommunisten in den Internationalen Brigaden. Die Veteranen des Lincoln Battalion, der American Left, von denen viele später auch noch im Zweiten Weltkrieg kämpfen, werden noch während ihres Kriegseinsatzes von der U.S.-Militärführung und später vom F.B.I. politisch verfolgt.
Wie Salazar über Portugal regiert Franco als faschistischer Militärdiktator über Spanien bis in die 70er Jahre.
Arte: Vom Kämpfen und Sterben der Internationalen Brigaden