UN-Mehrheit setzt Verhandlungen zum Atomwaffenverbot durch
ICAN- und IPPNW-Pressemitteilung vom 28.10.2016
Abstimmungsergebnis kommt einer abrüstungspolitischen Revolution gleich
Donnerstagnacht stimmte in New York die überwältigende Mehrheit der Staatengemeinschaft im Ersten Ausschuss der UN-Generalversammlung für die Aufnahme von Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot noch im Jahr 2017. 123 Staaten votierten für Resolutionsentwurf L.41 und somit für das Mandat, bereits im März, Juni und Juli eine entsprechende UN-Konferenz einzuberufen. 38 Staaten, angeführt von Russland, den USA und den meisten NATO-Staaten stimmten dagegen, 16 Staaten enthielten sich der Stimme. Das Abstimmungsergebnis kommt einer abrüstungspolitischen Revolution gleich.
Noch nie haben es die atomwaffenfreien Staaten gewagt, die Atomwaffenstaaten und ihre Alliierten in einer solchen Frage zu überstimmen. Dies ist auch der breiten und beharrlichen zivilgesellschaftlichen Unterstützung durch die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) zu verdanken. Die Entscheidung stellt auch eine neue weltpolitische Weichenstellung dar. Angesichts der Spannungen zwischen NATO und Russland, die zunehmend auch zu einer Verschärfung der nuklearen Rhetorik und Aufrüstung geführt haben, ist das Votum in New York von herausragender geopolitischer und diplomatischer Bedeutung.
Entsprechend stark war zuvor der Druck seitens der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, die, mit Ausnahme von China, ihren privilegierten Status auch mit Blick auf Atomwaffen verteidigen wollen. Dass ihnen dies so offenkundig misslang, ist auch eine Blamage für Deutschland, das ebenso gegen ein Verbot der letzten noch nicht geächteten Massenvernichtungswaffen gestimmt hat. „Es ist eine Schande für Deutschland, dass sich die Bundesregierung der Gruppe der Hardliner angeschlossen hat“, kommentiert Sascha Hach von ICAN Deutschland die deutsche Haltung. „Neben Rüstungsexporten an autoritäre Regimes gehören die Stationierung und Unterstützung von Atomwaffen zu den Abgründigen der deutschen Außenpolitik.“
Am Donnerstagnachmittag noch hatte das Europäische Parlament mit den Stimmen von CDU und SPD alle EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, für die Verhandlungen zum Atomwaffenverbot zu stimmen. Hierzu Leo Hoffmann-Axthelm, für ICAN in Brüssel: „Es ist ermutigend, dass neben Österreich, Schweden, Irland, Malta und Zypern auch das EU-Parlament mit breiter Mehrheit auf der richtigen Seite der Geschichte stand.“
Die Schweiz, Niederlande und Finnland enthielten sich der Stimme. Neben China stimmten auch die Atomwaffenstaaten Indien und Pakistan mit Enthaltung. „Die deutsche Position ist vor diesem Hintergrund in keiner Weise nachvollziehbar,“ meint Xanthe Hall von der IPPNW: „Indem die Bundesregierung gegen ein Atomwaffenverbot stimmt, stellt sie sich gegen das Primat des Rechts vor der Gewalt. In diesen Zeiten setzt sie damit auf Eskalation und Aufrüstung statt auf Diplomatie.“