Situation an den Sammelpunkten für die Rebellen anhaltend katastrophal. Aufständische fordern Überprüfung von Verträgen mit verantwortlichen Privatfirmen
In Kolumbien erhöht die Rebellenorganisation im laufenden Friedensprozess wegen der mangelhaften Vorbereitung der 26 Entwaffnungszonen den Druck auf die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos. Diese Gebiete wurden eingerichtet, damit sich die Farc-Kämpfer dort sammeln, die Waffen abgeben und wieder in das Zivilleben integriert werden. Stichtag für diesen Prozess war der gestrige 1. März. Doch zahlreiche dieser gut zwei Dutzend Zonen sind von der Regierung entgegen der Vereinbarungen im Friedensvertrag kaum vorbereitet worden, die Farc-Mitglieder müssen meist selbst Unterkünfte sowie Sanitäreinrichtungen errichten und für Nahrung sorgen.
Nun forderte die Rebellenorganisation eine Überprüfung der Verträge zwischen dem kolumbianischen Staat und fünf Privatunternehmen, die mit der Vorbereitung der Sammelpunkte beauftragt wurden. Zuvor hatte das Nachrichtenportal Red Más Noticias einen internen Bericht der Regierung veröffentlicht, nach dem diese fünf Firmen übereilig binnen nur 24 Stunden ausgewählt wurden. Weder seien die Aufträge ausgeschrieben worden, noch hätten die Unternehmen über eine hinreichende Erfahrung oder finanzielle Ausstattung verfügt, um den Aufbau der Infrastruktur in den 26 Entwaffnungszonen zu gewährleisten.
Bei den Farc als einer der Hauptparteien beim laufenden Friedensprozess wächst nun der Unmut. „Wir sind keine Katastrophenopfer, sondern Teil eines vertraglichen Friedensprozesses“, sagte einer ihrer Verhandlungsführer, Carlos Antonio Lozada, in Bezug auf die mangelhafte Ausstattung der Sammelpunkte. Der Anführer der Rebellengruppe, Rodrigo Lodoño, verwies zugleich darauf, dass in einigen der Gebiete die Arbeiten eingestellt wurden, weil die Arbeiter nicht bezahlt worden seien.
Der Leiter des Präsidialamtes, Luis Guillermo Vélez, bestätigte indes den Bericht von Red Más Noticias, verteidigte aber die Vergabepraxis. Nach dem überraschenden Nein beim Plebiszit über das Friedensabkommen im vergangenen Oktober habe man schnell Fakten schaffen müssen, sagte der Politiker der Liberalen Partei. Für Farc-Verhandler Lozada ist dieses Argument unglaubwürdig: „In dem Friedensvertrag darf nichts verdeckt geschehen“, sagte er. Die Regierung lehnte nun die Beauftragung der Logistik-Agentur der Armee ab, um die Entwaffnungszonen rasch auszustatten. Die Farc versicherten ihrerseits, sie hätten kein Problem, mit dem Gremium zusammenzuarbeiten. „Sie wären sicherlich effizienter beim Aufbau dieser Infrastruktur“, so Lozada.
Zum Auf- und Ausbau der 26 Entwaffnungszonen wurden 53 Milliarden kolumbianische Peso verwendet, umgerechnet gut 17 Millionen Euro. Dennoch sind die Konditionen in einigen dieser Gebiete kaum tragbar, es gibt weder Unterkünfte, noch Sanitäranlagen oder Nahrungsmittel.
Trotz dieser Probleme bei der Umsetzung des Friedensabkommens durch die Regierung halten die Farc an dem Zeitplan zur Umsetzung des Friedensabkommens fest. Die Organisation gab in einem Kommuniqué bekannt, „dass wir am kommenden Mittwoch, 1. März, trotz der offenkundigen Verzögerungen bei der logistischen Ausstattung (der Entwaffnungszonen) entsprechend dem vereinbarten Protokoll die Registrierung der Waffen in allen Lagern durchführen“. Zugleich führe man die Zerstörung von Explosivstoffen fort, die bereits im vergangenen Jahr in der Savanne von Yarí begonnen habe. „Wir kündigen heute auch an, dass als Beginn der Niederlegung der Waffen und als Zeichen unserer kompromisslosen Verpflichtung zum Frieden, die Waffen der Guerilleros, die Teil des Überprüfungs- und Kontrollmechanismus sind, in die Obhut der Vereinten Nationen übergeben werden“, heißt es in der Erklärung weiter.
Erstveröffentlichung am 2.3.2017 auf Portal amerika.de