Taktik des Terrorkrieges: Wahrnehmungs-Management, Verwirrung, gelenkte Querfront
In einer in 2015 begonnenen Artikelserie hat Radio Utopie bereits Logik, Lehre, Dynamik, Paradoxon und Strategie des mittlerweile fast sechzehn Jahre andauernden weltweiten Terrorkrieges beleuchtet. Neben den weiteren, noch nicht dargelegten Parametern Dialektik, Mythen und Dogma, verbleiben die Taktiken des Terrorkrieges. Aufgrund des Umfangs dieses Parameters sollen diesbezüglich Taktiken einzeln ins Scheinwerferlicht gestellt werden.
Folgende Beispiele sind entnommen der Dokumentation „Hypernormalisation“ des britischen Journalisten, Regisseurs und Genies Adam Curtis aus dem Jahre 2016, welche untenstehend eingebettet ist.
Ohne auf alle in der Dokumentation dargestellten Entwicklungen und Hintergründe einzugehen, beleuchtet diese u.a. die jahrzehntelange Taktik des „Wahrnehmungs-Managements“ (perception management), die Manipulation der Öffentlichen Meinung, die Lenkung vermeintlich verfeindeter oder sich gegenseitig bekriegender Gruppen durch die gleiche Hand (befördert durch die Unfähigkeit zu dreidimensionalem Verständnis von Politik, links vs rechts, progressiv vs reaktionär, oben vs unten) die gezielte Konfusion jedweder Opposition und die permanente Formwandlung der Macht und der Mächtigen, um sie nicht greifbar und damit unangreifbar erscheinen zu lassen.
Die untenstehenden und in der Dokumentation über die Jahrzehnte genannten Beispiele sind im Zuge der Entwicklung von informationstechnischer Technologie, weltweitem Einsickern von kapitalistischen (Denk)Strukturen und deren Verschmelzung („Globalisierung“), sowie Terrorkrieg in den letzten bald sechzehn Jahren praktisch auf jedes Land bzw jede Region übertragbar.
„Newsweek“ und „associated press“-Reporter Robert Parry in einem bereits in den 80er-Jahren geführten Interview mit Adam Curtis (ab 1.11.11 h):
„In der amerikanischen Politik wurde die Realität immer weniger und weniger ein wichtiger Faktor. Es war nicht mehr Reales, was irgendetwas antrieb, oder die Fakten die irgendetwas antrieben, es war, wie man diese Fakten umdrehen oder diese Fakten verdrehen oder diese Fakten einfach erfinden kann, um Deinen Gegner schlecht aussehen zu lassen. So wurde Wahrnehmungs-Management (perception management) eine Gerätschaft und die Fakten können verdreht werden, alles kann alles sein. Es wird zu: `Wie kannst Du die Menschen in Amerika manipulieren`.
Frage Adam Curtis: Und dann sagt die Presse, dass Wahrheit was wird?
Realität wird schlicht etwas zum Spielen, um dieses Ziel zu erreichen. Realität ist nicht wichtig, in diesem Kontext. Realität ist simpel einfach etwas, mit dem man umgeht.“
Der von Adam Curtis im nun folgenden Abschnitt von „Hypernormalisation“ (ab 2.22.16 Stunden) verwendete Filmausschnitt entstammt aus dem Film „Stalker“ (Сталкер) des russischen Filmemachers und Genies Andrei Tarkowski. Er basiert auf dem Roman „Piknik na obochine“ (Picknick am Wegesrand) von Boris und Arkady Strugatsky, welche auch das Drehbuch schrieben.
„In Russland gab es eine Gruppe von Männern, die bemerkt hatte, wie dieser fehlende Glaube an die Politik, sowie die dunkle Unsicherheit über die Zukunft, zu ihrem Vorteil arbeiten konnte. Was sie getan hatten, war, russische Politik in eine seltsame Art von Theater zu verwandeln, wo keiner mehr sicher sein konnte was wahr oder Fälschung („fake“) war. Diese wurden „politische Technologen“ genannt. Und sie waren die Schlüsselfiguren hinter Präsident Putin. Sie hatten ihn an der Macht gehalten, unangefochten, über 15 Jahre. Manche waren in den 70er Jahren Dissidenten gewesen, massiv beeinflusst von den Science-Fiction Ideen der Strugatsky Brüder. Zwanzig Jahre später, als Russland zerfiel, nach dem Ende vom Kommunismus, stiegen sie auf und übernahmen die Kontrolle der Medien. Und sie nutzten diese zur Manipulation der Wählerschaft in gewaltigem Umfang. Für sie war Realität nur etwas, das manipuliert werden und in alles verwandelt werden konnte, was man wollte dass es sei.
Aber dann stieg ein Technologe auf, der noch viel weiter ging. Und seine Ideen wurden zentral bei Putins Griff zur Macht. Er wurde Wladislaw Surkow (Vladislav Surkov) genannt.
Surkow kam ursprünglich aus der Theater-Welt. Und diejenigen die seine Karriere studierten, sagten, was er tat war, Avantgarde-Ideen aus dem Theater zu nehmen und sie in das Herz der Politik zu überführen. Surkows Ziel war es nicht nur Leute zu manipulieren, sondern tiefer zu gehen und mit ihrer Wahrnehmung der Welt zu spielen und diese zu unterminieren, damit sie niemals sicher sind was wirklich geschieht.
Surkow veränderte die russische Politik in ein verwirrendes, sich permanent veränderndes Theaterstück. Er nutzte Geld des Kremls um alle Arten von Gruppen zu sponsorn: von antifaschistischen Massenjugendorganisationen zu derem völligen Gegenstück: Neonazi-Skinheads, sowie liberalen Menschenrechtsgruppen, welche dann die Regierung attackierten. Surkow unterstützte sogar ganze politische Parteien, welche in Opposition zu Präsident Putin standen.
Doch die entscheidende Sache war, dass Surkow anschließend bekannt werden ließ, dass er dies tat – was bedeutete, dass keiner sicher war was echt und was gefälscht war im modernen Russland. Wie ein Journalist es formulierte: Es ist eine Strategie der Macht, die jedwede Opposition konstant verwirrt hält. Eine unaufhörliche Formwandlung, die unaufhaltsam ist, weil sie undefinierbar ist.“
Die Manipulatoren, die natürlich als Erstes diesen Artikel studieren, werden es sicherlich schon gemerkt haben: so eine Taktik lässt sich natürlich neutralisieren.
Oder umdrehen.
(…)
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