Colonia Dignidad: Gericht gibt grünes Licht für Haft von Sektenarzt Hartmut Hopp

Die in Berlin ansässige Juristen- und Menschenrechtsorganisation European Center für Constitutional and Human Rights hat die „überfällige Entscheidung“ begrüßt, das Urteil chilenischer Gerichte gegen den Arzt Hartmut Hopp in Deutschland zu vollstrecken.

„Damit leistet die deutsche Justiz eine erste minimale Unterstützung der chilenischen Justiz in der Aufarbeitung der Verbrechen der Colonia Dignidad, insbesondere der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen“, heißt es in einer Mitteilung der Organisation. Wolfgang Kaleck, ECCHR-Generalsekretär, forderte die Staatsanwaltschaft Krefeld zugleich auf, „auch das separate Ermittlungsverfahren gegen Hartmut Hopp verstärkt fortzuführen“.

Neben den Taten innerhalb der Colonia Dignidad gehe es um seine Rolle als Kontaktperson zum chilenischen Geheimdienst DINA während der Militärdiktatur.

Nach langwierigen Beratungen hatte das Landgericht Krefeld entschieden, den in Chile wegen Beihilfe zum sexuellen Kindesmissbrauch zu fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilten deutschen Arzt Hartmut Hopp in Deutschland in Haft zu nehmen. Das Gericht erklärte die Urteile chilenischer Gerichte gegen das ehemalige Mitglied der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad für in Deutschland vollstreckbar.

„Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Krefeld hat als Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 14.08.2017 die Vollstreckung des gegen Herrn Dr. Hartmut Hopp ergangen Urteils des Bezirksgerichts Parral/Chile vom 16.11.2004 in Verbindung mit dem Urteil des Berufungsgerichts Talca/Chile vom 06.01.2011 in Verbindung mit dem Urteil des Chilenischen Obersten Gerichtshofes vom 25.01.2013 für zulässig und die ausländischen Erkenntnisse für vollstreckbar erklärt. Die Kammer hat die ausländische Sanktion in eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Tag umgewandelt“, heißt es in einer Erklärung von Montag.

Der Beschluss ist jedoch noch nicht rechtskräftig, was die Fluchtgefahr von Hopp erhöht. Die langjährige Haftstrafe wird lediglich um 23 Tage verhängter Untersuchungshaft verkürzt.

Hopp war über Jahre hinweg einer der Vertrauten des Sektengründers Paul Schäfer. Schäfer selbst wurde zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilt und starb im Jahr 2010 im Alter von 88 Jahren im Gefängnis. Nach Aussagen von Zeugen wurden während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) Gegner des Regimes auf das weiträumige Gelände der Deutschenkolonie im Süden des Landes verschleppt und dort zu Tode gefoltert. Schäfer missbrauchte über Jahre hinweg Kinder von Bewohner der Colonia Dignidad, Nach den nun bestätigten Urteilen aus Chile half Hopp ihm dabei.

Erstveröffentlichung auf Portal amerika21.de am 16. August 2017

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