Wie sein Vorgänger Obama entsendet Trump noch mehr Truppen nach Afghanistan in den dortigen sechzehnjährigen Gespenster-Krieg. Damit entlarvt sich im Imperium unserer Epoche, wieder einmal, die Demokratie-Simulation. Wer Präsident ist, spielt keine Rolle. Auch dieser selbst nicht.
Allerdings hat man in den Vereinigten Staaten, im Gegensatz zu Deutschland, wenigstens regelmäßig die Wahl wer keine Rolle spielen soll.
Wie Barack Obama, der am 1. Dezember 2009 mit einer Rede in der Militärakademie West Point und der Entsendung von weiteren 40.000 Soldaten ins besetzte Afghanistan die Verdoppelung der dortigen Truppenstärke nach seinem Amtsantritt vervollständigte, unterwirft sich nun sein Nachfolger Donald Trump mit seiner gestrigen Rede in der Militärbasis Fort Myer und der Entsendung von 4000 weiteren Soldaten nach Afghanistan der Kriegslobby und ist bereits jetzt nicht mehr Präsident. Nach einem halben Jahr präzedenzlos schmutzigem Machtkampf in Washington hat die Kriegslobby ihren neuen Schauspieler im Weißen Haus wieder an den Fäden und will endlich wieder in Ruhe weitermachen nach Plan.
Trump wiederum hat, ebenso wie Obama, nun die dramaturgische Option, unter abermals jeder Menge Geschwafel von Zeit zu Zeit eine Reduzierung seiner Verstärkung zu verkünden, bis zum nächsten Mal.
Dass es bei Trump nun die nationalistischen, rechtsgerichteten, konservativen Wähler sind, die sich die Augen reiben, ist nur fair. Vor der Rede Obamas in West Point am 1. Dezember 2009 hatte Michael Moore einen flammenden, einen verzweifelten Appell an die damalige Präsidentensimulation im Weißen Haus geschrieben (s. hier):
„Wir alle, die wir für Sie gestimmt und gebetet und in der Nacht ihres Sieges vor Freude geweint haben, haben eine Orwell’sche Hölle von acht Jahren Verbrechen ertragen, die in unserem Namen begangen wurden: Folter, Entführungen, Aussetzen der verfassungsmässigen Grundrechte („Bill of Rights“), die Invasion von Nationen die uns nicht angegriffen hatten, das In-die-Luft-Jagen ganzer Stadteile in denen Saddam Hussein „vielleicht“ sei (es aber nicht war), das Abschlachten ganzer Hochzeitsgesellschaften in Afghanistan. Wir beobachteten, wie HundertZausende von irakischen Zivilisten abgeschlachtet und Zehntausende von tapferen Männern und Frauen getötet, verstümmelt oder lebenslang traumatisiert wurden – voller Terror, den wir nur erahnen können. …
Mit nur einer Rede morgen Abend, werden Sie eine Menge junger Leute, die das Rückgrat Ihrer Kampagne waren, zu desillusionierten Zynikern machen. Sie werden sie lehren, dass das, was sie schon immer hörten, wahr ist – dass alle Politiker gleich sind…Ihre Mitarbeiter werden Sie verlassen, sobald sie merken, dass Sie nur eine Amtsperiode Präsident sein werden und dass die Nation dann sicher wieder in den Händen der üblichen Idioten sein wird….
Es ist nicht Ihre Aufgabe, das zu tun, was Generäle Ihnen sagen. Wir haben eine Regierung, die von Zivilisten angeführt wird. WIR sagen den Chefs des Generalstabs, was zu tun ist – und nicht umgekehrt. Das war General Washingtons Art und Weise, wie es sein müsste. Das war es, was Präsident Truman General Mac Arthur sagte, als dieser in China einfallen wollte. „Sie sind entlassen!“ sagte Truman – und damit hatte es sich. Und Sie sollten Gen. McChrystal entlassen, wenn er zur Presse geht und dort sagt, was Sie zu tun haben und Ihnen so zuvor kommt. …
Als wir Sie wählten, erwarteten wir keine Wunder. Wir erwarteten nicht einmal einen großen Wandel. Aber wir erwarteten etwas. Wir dachten, Sie würden den Wahnsinn stoppen. Das Töten stoppen. Die verrückte Idee, dass Männer mit Waffen eine Nation reorganisieren könnten, die nicht einmal als Nation funktioniert und dass nie jemals getan hat. …
Halt, halt, halt – um das Leben junger Amerikaner und afghanischer Zivilisten willen, halt. Um Ihrer Präsidentschaft, um der Hoffnung und um der Zukunft unserer Nation willen; um Gottes willen, halt!“
Natürlich nützte alles Appellieren nichts. Stattdessen nervte uns diese Simulation Obama noch sieben weitere Jahre, bis auch in den U.S.A. die Leute so verzweifelt und angewidert von ihrer „politischen Klasse“ waren, dass sie sich einem vor die Füße warfen der den fälschlichen Eindruck vermittelte, dass ihm wirklich alles egal war, eben auch die „politische Klasse“ . (28.03.2016, Prognose: Trump wird nächster U.S.-Präsident)
Vermeintliche politische Positionen, Differenzen und Kämpfe zwischen fiktiven oder tatsächlichen politischen Lagern, wie in Charlottesville, spielen aus Sicht der Kriegslobby nur insofern und insoweit eine Rolle, wie es um die Kontrolle über das Oberkommando in der kriegführenden Hierarchie und deren Stabilität insgesamt geht. Die Beteiligten auf der unteren Ebene dienen als Schachfiguren. So echt, leidvoll und sogar blutig für die Beteiligten dies ist, sind sie dennoch nur Teil einer Simulation, eines Beifangs und Puppentheaters in einem auf Endlosigkeit programmierten, ungewinnbaren Krieg in der gesamten Welt, der diese wie bisher strategisch transformieren soll.
Die „präzedenzlose Revolte“ der Generäle gegen ihren Oberkommandieren Trump erfolgte angeblich, für einige Beteiligte vielleicht sogar subjektiv authentisch, aus dem Motiv heraus, die (wie mehr oder weniger überall) ethnisch, politisch und religiös unterschiedlich zusammengesetzten, eben aus Individuen und nicht aus Ameisen bestehenden Streitkräfte stabil zu halten und nicht durch Rassismus spalten zu lassen. Objektiv aber, auf der obersten Ebene der Machtpolitik, der Geopolitik, diente diese Revolte der Generäle schlicht der Kriegslobby und dem Zweck den Oberkommmandierenden der kriegführenden Hierarchie gefügig zu machen.
Aller Erfahrung nach spielten und spielen ehrenwerte Motive in den oberen Ebenen der Hierarchie, die z.B. verkaufsorientierte und / oder zweckgerichtete Kampagnen in Presse und Militär beginnen oder unterdrücken können, noch nie eine Rolle. Man kann also durchaus mutmaßen, dass nicht etwa aus menschenfreundlichen und ehrenwerten, sondern ganz anderen Motiven heraus der Aufschrei der Öffentlichkeit nach der Ermordung von Heather Heyer durch einen oder mehrere faschistische Attentäter in Charlottesville von praktisch allen etablierten Kreisen mitgetragen und instrumentalisiert wurde. Dabei war Trumps gewohnt ignorante und selbstsüchtige Reaktion, sowie dessen Bemühen die ihn tragenden Wählerschichten und nationalistischen Gruppen nicht zu vergraulen, wahrlich nichts Neues. (11.12.2015, „Moderner Mussolini“ und angehender Cäsar: Donald Trump)
Praktisch keiner in den den etablierten Gruppen und Medien redet derweil über die Verantwortung der völlig irrelevanten und aus jedweder politischen Entwicklung als Aktivposten praktisch verschwundenen Partei der „Demokraten“. Alles redet über die „Republikaner“, Trump und deren Verantwortung für Rassismus, Faschismus, Nationalismus, als seien dies die einzigen relevanten politischen Kräfte und Strömungen. Nur der „Anti“, also der letztlich Reagierende, Zweitrangige, der sich am eigentlichen Akteur abarbeitet und den vermeintlichen Todfeind durch seinen Bezug auch noch aufwertet und in den Mittelpunkt stellt, der wird geduldet und propagiert.
Gleichzeitig zu diesem jetzt unisono betriebenen Umsichwerfen von jeder Art von -Ismus aber wird die Barbarisierung und Enthumanisierung politischer Auseinandersetzung, die letzten Endes im (Bürger)Krieg mündet, noch verstärkt – denn Kriegslobby und Oberschicht haben keinen politischen Gegner auf der (vertikal weit über der Ebene der Auseinandersetzungen auf den Straßen gelagerten) Ebene der „Parteien“ und des Parlamentarismus, sowie dort horizontal auf der progressiven Seite des politischen Spektrums.
Gerade die Verräter aus der „transatlantischen“ / „proeuropäischen“ Ecke, die von der Oberschicht gesteuerten „Demokraten“, deren Unterparteien in der U.S.-Hegemonie, sowie wiederum deren assoziierte contralinke Fusssoldaten, die sich gern auch als radikale Linke oder „Antifa“-Gruppen verkaufen, tragen durch ihren jarzehntelangen, systemischen Verrat am eigenen politischen Anspruch nicht nur die Verantwortung für die Machtübernahme Trumps und den Aufstieg von rechtsextremen und nationalistischen Gruppen in dessen Windschatten, sondern auch für die letzten sechzehn Jahre Krieg und was dieser aus einer Gesellschaft macht die ihn führt.
Wer im Ernst glaubt, Wanderungsbewegungen und Immigration aus Kriegsgebieten – dazu zählt auch Mexiko, im tatsächlich längsten Krieg Amerikas, dem „War on Drugs“ – hätten nichts mit dem dortigen Krieg zu tun, ist politisch unfähig. Das gilt für alle, egal welcher politischen Richtung sie sich zuordnen. Und wer dann noch jede Darstellung derjenigen, deren Verantwortung es ist Attentate zu verhindern – namentlich die staatlichen Autoritäten – schluckt, nachdem diese Attentate stattgefunden haben, arbeitet objektiv genau diesen zu.
Gerade wenn man bedenkt, dass praktisch alle Attentate in den kriegführenden Ländern seit Beginn des Terrorkrieges in 2001 Muslimen, Einwandern oder Bürgern mit Migrationshintergrund zugeschrieben wurden, ist so eine Ignoranz Rassismus und Kollaboration mit dem angeblichen Gegner. Und der Gipfel der Heuchelei ist es, Personen die diese Darstellungen der verantwortlichen Behörden nicht unbesehen glauben und der Gewaltenteilung entsprechende Gerichtsverfahren verlangen, als „Verschwörungstheoretiker“ zu bezeichnen und genau in die rechte Ecke schieben zu wollen denen diese Ignoranten bzw Contras in Wirklichkeit selber zuarbeiten. (15.11.2015, Erinnern Sie sich? „…den Terror ins Land“?)
Wem es nicht aufgefallen ist: für keine der „Parteien“, die im September bei der Bundestagwahl wieder in den Bundestag gewählt werden wollen, spielt es offensichtlich eine Rolle, dass die Bundesregierung seit fünfzehneinhalb Jahren Truppen in einem Gebiet in Zentralasien stationiert hat, welches seit 2006 offiziell deutsche Besatzungszone ist.
Von der nur für besonders Wegschauungsbefähigte unauffälligen Zuarbeit der transatlantisch geführten Partei „Die Linke“ für die Kriegslobby einmal abgesehen – kann man sich überhaupt noch vorstellen, dass hier im Jahre 2017 Wahlplakate in der Republik hängen, auf denen die „Grünen“oder die „S.P.D.“ fordern „Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan“?
Oder „Abzug der deutschen Truppen aus dem Irak“?
Oder „Abzug der deutschen Streitkräfte aus dem Syrien-Krieg“?
Oder „Austritt Deutschlands aus der Internationalen Kriegskoalition“? (vorher, nachher)
Kann man sich das Wahlergebnis vorstellen, so diese Forderungen denn belegbar echt wären und von den Wählerinnen und Wählern tatsächlich geglaubt würden, die in ihrer Mehrheit auch im Jahre 2017 immer noch einen vollständigen Abzug aus Afghanistan fordern?
Kann man sich das Ende der Amtszeit der Ewigen Kanzlerin überhaupt noch vorstellen in der Republik? Ja? Wer? Wer will das überhaupt? Und woran merkt man das?
Will diese mit Unterbrechung von 2009 bis 2013 seit 1998 regierende „S.P.D.“ – deren Abgeordnete Merkel im Bundestag wiederwählen werden, so sie nicht gedemütigt als Wiedergänger einer 18-Prozent-Verräterpartei dem Einschwören der neuen Steigbügelhalter Merkels, der „F.D.P.“ zuschauen dürfen – tatsächlich ein Ende der Amtszeit Merkels? Während auch diese Partei der Kriegslobby nicht nur zuarbeit, sondern ein nicht unerheblichen Teil von ihr ist?
Denn natürlich wären oben genannte Wahlversprechen insofern unvollständig, als sie lauten müssten:
„Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan, die wir 2001 dorthin geschickt haben!“
„Abzug der deutschen Truppen aus dem Irak, die wir 2014 dorthin geschickt haben!“
„Abzug der deutschen Streitkräfte aus dem Syrien-Krieg, die wir 2015 dorthin geschickt haben!“
„Austritt Deutschlands aus der Internationalen Kriegskoalition, der unsere Regierung in 2014 beigetreten ist!“
Auch was den Krieg angeht, ändern Wahlen nichts, auch in Deutschland nichts. Der Unterschied zu den Vereinigten Staaten: dort hat man wenigstens die Wahl, von wem man anschließend verraten wird.