Merkel-Koalitionäre einigen sich auf weiteren Ausbau von geheimdienstlichem Komplex und elektronischem Polizeistaat
Wir sind hier nicht auf Jamaika.
In einem erst gestern veröffentlichten Aufruf forderten zwanzig Organisationen von den Parteiorganisationen „F.D.P.“ und „Bündnis 90/Die Grünen“ anlässlich von deren Koalitionsverhandlungen für die nächste Merkel-Regierung die Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung. In ihrem Aufruf, der zuvor exklusiv dem „Handelsblatt“ zur Verfügung gestellt worden war, welches wiederum daraus die Schlagzeile „FDP und Grüne bei Terrorabwehr unter Druck“ produzierte, vermieden es die Organisationen tunlichst, das Grundgesetz bzw den Begriff Verfassung auch nur zu erwähnen. Stattdessen hoben die Unterzeichner auf die „aktuelle Missachtung der europäischen Grundrechte-Charta“ ab, die keine Grundrechte garantiert (wir berichteten).
Am gestrigen Abend traten dann Peter Tauber (Generalsekretär der „C.D.U.“), Andreas Scheuer (Generalsekretär der „C.S.U.“), Nicola Beer (Generalsekretärin der „F.D.P.“) und Michael Kellner (Politischer Bundesgeschäftsführer von „Bündnis 90/Die Grünen“) vor die Presse und sagten zum Thema „Sicherheit“ nichts. Man verhandele noch, so Tauber. Der Sender Phonix ließ sich bis heute Mittag Zeit dieses gewisse Nichts auf seinem Youtube Kanal zu veröffentlichen. Und die „Grünen“ waren zwar in Sachen „Digitalisierung“ auf Twitter recht konkret, aber nicht zum tatsächlich relevanten Thema.
Die „Süddeutschen“ wiederum druckste heute am Vormittag mit ersten Informationen zur Sache heraus: „Grüne“, Liberale“, „C.D.U.“ und „C.S.U.“ haben sich demnach in einem Leitlinien-Papier zum Bereich Innen, Sicherheit und Rechtsstaat“ auf eine seit langem geplante Zentralisierung des geheimdienstlichen Komplexes sowie auf dessen abermals gesteigerte Finanzierung geeinigt.
Dem S.Z.-Bericht zur Folge sollen Geheimpolizei Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz weitere Kompetenzen bekommen. Nach dem Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz hatte Innenminister Thomas de Maiziere die Auflösung der Landesämter des Inlandsgeheimdienstes gefordert, entsprechend die nachfolgende weitere Ermächtigung des Bundesamtes für Verfassungschutz.
Im Januar war dies durch „S.P.D.“ und „C.S.U.“ noch abgelehnt worden, sicher nicht aus ehrenwerten Erwägungen, man fürchtete wohl eine Schwächung der eigenen Landesregierungen und damit die Stellung im Apparat. Nun heisst es, „einzelne Länder“ könnten auf „freiwilliger Basis“ ihren Inlandsgeheimdienst durch das Bundesamt „übernehmen“ lassen. Insgesamt soll der „Sicherheits“-Apparat weiter aufgerüstet werden, mehr Stellen, mehr Geld, etc, auf Bundes- und Länderebene. Das gleiche gelte „für die Justiz“, so die S.Z. Man darf mutmaßen, dass damit die Bundesanwaltschaft (Teil der Exekutive), sowie andere Staatsanwaltschaften (auch Teil der Exekutive) gemeint sind.
Den entsprechenden Nebel für die Beschlüsse der Merkel-Koalitionäre bot heute die sicher zufällig genau jetzt unabdingbare Festnahme eines Syrers, der sich laut Behörden- bzw Medienangaben im Internet schon Sprengstoff bestellt hatte. Seine Exzellenz de Maiziere dankte allen, denen er jetzt noch mehr Geld geben darf:
„den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes, der Kriminalpolizei, den Sonderpolizeieinheiten in Bund und Ländern sowie der Justiz, die sich Tag für Tag für unsere Sicherheit einsetzen.“
Des Weiteren beschlossen die Merkel-Koalitionäre gestern den weiteren Ausbau der automatisierten optischen Massenidentifizierung und Lokalisation der Bevölkerung. In China nennt das „ZDF“ diese bereits mit (offener) Repression des Staates gekoppelten Strukturen eine „Digitale Diktatur“. Hier nennt die „Süddeutsche“ das:
„Videoüberwachung .. an Kriminalitätsschwerpunkten, an besonders gefährlichen Orten, Einrichtungen und bei Veranstaltungen“
natürlich ohne über die Zusammenhänge von Datenbanken und Datenbanken, von Gesichtserkennung, Erfassung der Verkehrsbewegungen der Bevölkerung via Straße, Bahn oder Flugzeug, Erfassung von Kontenbewegungen etwa via Geldkarkte hi und da, Erfassung der Telekommunikation,etc, etc, ein einziges Wort zu verlieren.
Was „besonders gefährlich ist“, wollen die Behörden natürlich selbst bestimmen und haben sich in der gesamten Geschichte der Deutschen noch nie selbst damit gemeint. Und wer „Einrichtungen“ und „Veranstaltungen“ nicht übersetzen kann, sollte sein Helmkind vielleicht lieber in den Bunker schicken, bevor das in der Schule noch zur Demokratie konvertiert.
Während die „Grünen“ also gestern abend in Sachen „Digitalisierung“ recht konkret waren, hieß es zum Thema was da digitalisiert wird lediglich:
„Mehr Stellen für Polizei und Justiz sind Konsens, ebenso die verbesserte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden“
Kein Wunder, dass Bundesgeschäftsführer von „Bündnis 90/Die Grünen“ Michael Kellner noch am gestrigen Abend via Twitter einen Sonderparteitag ankündigte, um die Beschlüsse absegnen zu lassen.
Für weitere Angelengeheiten bei der „interessanten und konstruktiven Runde“ der gestrigen Koalitionsverhandlungen, namentlich die Vorratsdatenspeicherung und die durch das Bundesverfassungsgericht selbst unter den Status der „Notstandsgesetze“ von 1968 versenkten parlamentarischen Demokratie und Gewaltenteilung, hieß es in der „Süddeutschen“:
„Ausdrücklich als weiter beratungsbedürftig wurden unter anderem die Punkte Datenspeicherung oder Kontrolle der Nachrichtendienste festgehalten.“
Im Klartext: „Grüne“ und „Liberale“ müssen bei der Vorratsdatenspeicherung noch ein bisschen übergeredet werden, aber zum weiteren Staats-Streich wird schon mal ausgeholt. Dass über eine Kontrolle des Apparats durch das Parlament überhaupt diskutiert werden muss, zeigt mindestens die Belanglosigkeit der „Parteien“, oder die direkte Gefahr, die sie für die Republik repräsentieren.
Wer an die real existierenden Parlamentsparteien appelliert und sich dann auch noch weigert selbst eine im verfassungstreuen progressiven Spektrum zu gründen (wenn es das denn gibt), oder sich wenigstens auf die Verfassung zu berufen, muss beweisen dass für ihn nicht das Gleiche gilt.
(…)
Artikel zum Thema:
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Die Regierung arbeitet weiter am Ausbau des elektronischen Polizeistaates. Verfassung, parlamentarische Opposition, etc, braucht sie offensichtlich genausowenig zu fürchten wie irgendwelche „Bürgerrechtler“ oder „Datenschützer“.
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Artikel zuletzt aktualisiert um 15.59 Uhr