Kandidat der Opposition in Honduras sagt nach Chaos-Wahl weitere Unruhen voraus

Salvador Nasralla: „Hernández wird nicht regieren können“. Wahlbehörde hatte umstrittenes Ergebnis anerkannt. Spaltung der Opposition

Einen Monat nach den Präsidentschaftswahlen in Honduras hat Oppositionsführer Salvador Nasralla seinen Widerstand gegen den umstrittenen Wahlsieg von Amtsinhaber Juan Orlando Hernández bekräftigt. Der konservative Politiker werde das mittelamerikanische Land in den kommenden Jahren kaum regieren können, so Nasralla, weil ihn die Mehrheit der Menschen ablehne. Die vom Regierungslager kontrollierte Wahlbehörde TSE hatte Hernández trotz zahlreicher Unregelmäßigkeiten unlängst zum Sieger der Abstimmung vom 26. November erklärt.

„Wir werden den Kampf aufrechterhalten, bis die Entscheidungsträger in den USA verstehen, dass JOH (Präsident Juan Orlando Hernández) nicht gegen 90 Prozent der Bevölkerung regieren kann“, sagte Nasralla, der für eine Oppositionsallianz als Präsidentschaftskandidat angetreten war. Nach den Wahlen vor einem Monat hatte er zunächst fünf Prozentpunkte in Führung gelegen. Nach einem Ausfall des Computersystems der Wahlbehörde korrigierte die vom Regierungslager kontrollierte Behörde das Ergebnis jedoch und wies Amtsinhaber Hernández die Führungsrolle zu.

Indes kam es im Lager der Regierungsgegner zum Bruch zwischen Nasralla und der „Allianz der Opposition gegen die Diktatur“, aus dem sich der Kandidat zurückzog. Als Grund dafür gab er die Entscheidung der US-Regierung an, das umstrittene Wahlergebnis in Honduras anzuerkennen. Damit sei das Bündnis auf einen Schlag isoliert worden, so Nasrallah. Dennoch kündigten sowohl er also auch die Allianz an, ihren Kampf gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug aufrechtzuerhalten. Die Allianz steht unter Führung des 2009 in einem zivil-militärischen Putsch gestürzten Ex-Präsidenten Manuel Zelaya.

Während sich die Europäische Union bislang zurückhält, hat selbst die US-dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Wahl mit überraschend deutlichen Worten kritisiert. Die Regionalorganisation konstatierte:

– eine vorsätzliche Manipulation des Computersystems der Wahlbehörde;

– Verwischung von Spuren, so dass niemand weiß, wie und wie oft das Computersystem beeinflusst wurde;

– einen insgesamt 30-stündigen Ausfall des Computersystems in der obersten Wahlbehörde, nachdem sich der vorherige ‚irreversible‘ Vorsprung des Oppositionskandidaten Salvador Nasralla zu Gunsten des Amtsinhabers Juan Orlando Hernández umkehrte;

– geöffnete Wahlurnen und entwendete Wahlzettel;

– statistisch extrem unwahrscheinliche Schwankungen der Wahlbeteiligung in den Departements des Landes.

Die Wahlbehörde TSE wies die Kritik der OAS-Wahlbeobachtungsmission am Sonntag als „falsch, ohne Fundament und subjektiv“ zurück.

Trotz zahlreicher Unregelmäßigkeiten und Zweifel an der Transparenz des Wahlprozesses hatte der Präsident der Wahlbehörde TSE am 17. Dezember den amtierenden Präsidenten Hernández zum Gewinner der Wahlen erklärt. Hernández von der Nationalen Partei habe 42,95 Prozent und Nasralla 41,24 Prozent der ausgezählten Stimmen bekommen, so die Behörde.

Seit vier Wochen sind große Teile der honduranischen Bevölkerung auf der Straße und protestieren gegen die erneute Kandidatur von Hernández, die gegen die Verfassung verstoße, sowie gegen den Wahlbetrug. Die staatlichen Sicherheitskräfte, vor allem die Militärpolizei, antworteten auf die zahlreichen Straßenblockaden im gesamten Land mit Einsatz von Tränengas und scharfer Munition.>

Angesichts der Haltung der US-Regierung unter Präsident Donald Trump wurden indes auch kritische Stimmen laut. Boliviens Präsident Evo Morales kritisierte die Doppelmoral Washingtons gegenüber Wahlgängen in Lateinamerika. Diese würden offenbar nach politischen Präferenzen bewertet, sagte der linksgerichtete Staatschef, der auf die unterschiedlichen Reaktionen der US-Führung auf die Abstimmungen in Honduras und Nicaragua verwies. In Nicaragua sei der Vorsitzende der dortigen Wahlbehörde CSE, Roberto Rivas Reyes, „nach dem überwältigenden demokratischen Sieg von Daniel Ortega bei den nationalen und regionalen Wahlen“ sanktioniert worden. Angesichts der Hinweise auf einen Wahlbetrug in Honduras schwiegen die USA jedoch, so Morales. Die OAS-Wahlbeobachter hatten bei den Präsidentschaftswahlen in Nicaragua des vergangenen Jahres nach gründlicher Prüfung einen weitgehend beanstandungsfreien Wahlverlauf festgestellt und die Rechtmäßigkeit des Ergebnisses anerkannt.

Erstveröffentlichung am 27.12.2017 auf Portal amerika21.de