Cops benutzten Finger eines toten Mannes, um Handy zu entsperren
Von tödlicher Polizeigewalt und illegalen Durchsuchungen gibt es unzählige Beispiele. Ein Vorfall in Florida ist jetzt ein Novum und so noch nie berichtet worden: Polizei will im Bestattungsinstitut ein Mobiltelefon mit den Fingern des von ihnen Erschossenen, dem ehemaligen Besitzer des Handys, entriegeln.
Zur Vorgeschichte
Im vergangenen Monat, am 23.3.2018 wurde der dreissigjährige Afroamerikaner Linus Phillip, Vater zweier Kinder, durch vier Schüsse in den Rücken von der Polizei an einer Wawa-Tankstelle in Largo im U.S.-Bundesstaat Florida regelrecht wie im Blutrausch durch das Beifahrerfenster hingerichtet, nachdem die Beamten ihn zu einer Verkehrskontrolle dort zum Anhalten herausgewunken hatten.
Der Grund war laut Polizei, dass die Fensterfarbe seines Mietwagens zu dunkel gewesen sei. Nachdem der Polizist angeblich Marihuana-Geruch durch die heruntergekurbelte Fensterscheibe gerochen hatte, wollte er den unbewaffneten Fahrer festnehmen und das Auto durchsuchen. Daraufhin hätte Linus Phillip versucht, mit dem Auto wegzufahren. Das ist die Version der Polizei, die sich wohl kaum selbst belastet nach dem tödlichen Vorfall. Es wird sich nicht einmal mehr die Mühe gemacht, einen Fall von Notwehr zu konstruieren.
Die Polizei erklärte der Familie, dass die Überwachungskameras an der WaWa-Station den Vorfall aufgezeichnet hätten. Später sagten sie jedoch, dass alle Kameras (fünfzehn befinden sich an der relevanten Seite) eine zu dunkle, unklare Sicht gehabt hätten und als Ergebnis hätten sie nur Videos von der Polizei. Wiederum später erzählte die Polizei dem Anwalt der Familie, John Trevena, dass kein Video existierte.
Nach dem Tod des U.S.-Bürgers wurde eine Untersuchung zu den Umständen eingeleitet. Nun wird die Angelegenheit zu einer entsetzlichen Tragödie, die eine enthumanisierte Welt in den Strafverfolgungsbehörden und in der Justiz widerspiegelt.
Zwei Kriminalkommissare begaben sich zu dem von der Verlobten beauftragten Beerdigungsinstitut um dort mit den Fingern des Toten dessen Handy, welches sie mitbrachten und noch nicht an die Angehörigen ausgehändigt war, mit dem Fingerabdrucksensor zu entsperren um an die dort aufgezeichneten Daten ohne richterliche Genehmigung zu gelangen. Der Versuch misslang, das Mobiltelefon blieb blockiert.
Wenn sich die Familienangehörigen nicht zufällig zu dieser Zeit im Bestattungsinstitut in Clearwater aufhielten und Zeuge wurden wie Polizeibeamte versuchten, Phillips Fingerabdruck nach seinem Tod zu benutzen, hätten sie vermutlich nie erfahren, was sich dort abspielte. Ihr Anwalt reichte eine Anzeige gegen den Detektiv ein. Die Familie erwägt auch eine Klage gegen die Stadt Largo wegen ungerechtfertigter Durchsuchung und Beschlagnahme und um einen illegalen Zugang zu der Leiche zu erhalten, nachdem der Körper freigegeben wurde.
Jetzt versuchen „ehrenwerte“ Winkeladvokaten, diesen Vorfall mit dem Telefon als völlig legal darzustellen und melden sich mit entsprechenden juristischen haaresträubenden Begründungen zu Wort.
Gesetze beinhalten, dass man sich nicht selbst belasten muss und Daten gegen den eigenen Willen preizugeben – was natürlich für lebende Personen gilt. Und ein Strafverfahren kann kein Staatsanwalt direkt gegen einen Toten einleiten sondern es wird logischerweise eingestellt. Im vorliegenden Fall gab es auch zu Lebzeiten von Linus Phillips kein Vergehen seinerseits.
Was sollte also das Ganze ausser der Vernichtung von Beweismaterial im Falle dessen, dass das Handy eingeschaltet war und ein eventueller Mitschnitt dort gespeichert ist. Hätten die Beamten Belastungsmaterial gegen die Polizei gesucht, wäre die Familie informiert worden, die sich auf der Suche nach der Wahrheit und Gerechtigkeit bestimmt nicht dagegen gewehrt hätte.
Es kann aber noch eine andere Erklärung geben: es wurde eine Debatte über gesellschaftliche, ethische Fragen in Gang gesetzt, wem der Körper eines Toten gehört, der nur noch als Sache, als Hülle, betrachtet wird, und wer über diesen entscheidet, zum Beispiel die „gesetzlichen Erben“ oder eben nicht als handele sich um ein Haus – eine gefährliche Entwicklung, zu dem diese staatliche Exekution auch benutzt wird. Denken wir an die Organentnahmen Sterbender, die als hirntot von den Ärzten deklariert wurden.
Spendenaufruf für die Familie des Rechtsanwaltes John Trevena
http://www.dailymail.co.uk/news/article-5644677/Police-try-unlock-phone-dead-mans-finger-Florida.html
http://www.tampabay.com/cops-used-dead-man-s-finger-unlock-phone-legal-but-ghoulish-florida