Was Netanjahu tatsächlich sagt
Es ist für echte Fans der rechtsradikalen Regierung von Israel offensichtlich schon ein Problem zu verifizieren, bei was sie dieser überhaupt zustimmen.
Eine kleine Klarstellung zur gestrigen Präsentation von Benjamin Netanjahu, mit Bezug zu einem angeblichen Atomwaffenprogramm des Iran.
Die Aufzeichnung
Die Darstellung
In 2017 habe der Iran seine „geheimen Nuklear-Unterlagen“ nach Teheran, in einen nur äußerlich unschuldig wirkenden Bungalow im Bezirk Shorabad verschoben. Nur sehr wenige Iraner wussten Bescheid und außerdem ein paar Israelis. Innen aber in dem Gebäude lagerten Tonnen von Material (Foto auf der Leinwand). Vor Wochen nun, im Jahre 2018, habe man sich „eine halbe Tonne“ davon verschafft.
Netanjahu hebt den Vorhang, zeigt einen Schrank mit Aktenordnern und eine Fläche mit CDs. 55.000 Seiten Material seien in den Aktenordnern und 55.000 Dateien („files“) seien auf den CDs.
Alles seien Kopien des iranischen Orginalmaterials. Dieses werde an einem sicheren Ort aufbewahrt.
Netanyahu präsentiert Aufnahmen eines Dokuments, einer Tabelle, einer Präsentation, einer Blaupause, eines Fotos, eines Videos. Das Material sei geteilt worden „mit den Vereinigten Staaten“, diese würden sich für die Authentizität verbürgen. Man werde das Material auch „mit anderen Staaten“ teilen und mit der Internationalen Atomenergiebehörde.
Netanjahu:
„Wir wissen seit Jahren, dass Iran ein geheimes nukleares Waffenprogramm hatte, genannt Projekt Amad. Wir können nun beweisen, dass Projekt Amad ein umfassendes Programm zwecks Entwurf, Bau und Test von Nuklearwaffen war. Wir können nun auch beweisen, dass Iran heimlich Material von Projekt Amad lagert, um es zu einem Zeitpunkt seiner Wahl zu benutzen um Nuklearwaffen zu entwickeln.“
Aktenlage
Am 14. Juli 2015 unterzeichneten die im U.N.-Sicherheitsrat vertretenen Atommächte, sowie Deutschland, die „Europäische Union“ und der Iran, den internationalen Vertrag „Joint Comprehensive Plan of Action“ (J.C.P.O.A.), auch genannt Iran-Abkommen, Atomabkommen, etc.
Wie die Internationale Atomenenergiebehörde I.A.E.A. dazu in ihrem Abschlussbericht vom Dezember 2015 feststellte, habe man zu Anfang des neuen Jahrtausends Informationen über einen vom Iran verfolgten Plan namens Amad gehabt. Woher diese Informationen stammten, benannte die I.A.E.A. nicht.
„Informationen deuteten daraufhin, dass die Aktivitäten unter dem Amad Plan Ende 2003 gestoppt wurden und dass die Arbeit vollständig dokumentiert wurde, Ausrüstung und Arbeitsstätten wurden entweder gesäubert oder entsorgt, so dass es wenig gäbe die sensible Natur der Arbeit zu identifizieren die unternommen wurde.“
Man habe die iranischen Stellen auf diesen mutmaßlichen Plan Amad angesprochen. Die iranischen Stellen hätten dessen Existenz bestritten.
Im U.S.-Geheimdienstbericht „National Intelligence Estimate“ (N.I.E.), der im November 2007 erschien nachdem er zuvor von der Regierung ein Jahr lang zurückgehalten worden war, kamen alle sechzehn Geheimdienste der Vereinigten Staaten unter der 2005 neu geschaffenen Oberbehörde O.D.N.I. „mit hoher Gewissheit“ zum Schluss, dass die staatlichen Stellen des Iran Ende 2003 ein zuvor existierendes Atomwaffenprogramm beendet habe.
John Bolton, heute Nationaler Sicherheitsberater des U.S.-Präsidenten Donald Trump und früher schon genauso wie er heute ist, beklagte sich damals in 2007 im bellizistischen Standardmegaphon der Kriegslobby in Deutschland „Der Spiegel“ und sprach von einem „Quasi-Putsch“ aller Geheimdienste der Vereinigten Staaten gegen ihren eigenen Präsidenten.
Gestützte Kommunikation
Man beachte den Unterschied zwischen Atomprogramm und Atomwaffenprogramm. Ein Atomprogramm hat Deutschland auch, wie alle Staaten in denen Atomkraftwerke betrieben bzw entwickelt und gebaut werden.
Geht man nun davon aus, dass alle Angaben vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, alle Angaben im N.I.E.-Bericht der U.S.-Geheimdienste aus 2007 und alle von der I.A.E.A. aufgrund von Geheimdienstinformationen vermuteten Umstände über ein vor 2003 existierendes Atomwaffenprogramm in Iran tatsächlich alle der Wahrheit entsprechen und dass es israelischen oder anderen Spionen tatsächlich gelang, just vor einigen Wochen eine halbe Tonne hochbrisantes Material aus einer hochgeheimen Lagerstätte in einem nur äußerlich unschuldig wirkenden Bungalow in Teheran zu transportieren, welches dort über vierzehn Jahre gelagert hatte, und es dann nach unbemerkt und ungehindert nach Israel zu schaffen, dann sagt Benjamin Netanyahu nun seit gestern Folgendes:
Er sagt nicht, dass „der Iran“ (also dessen staatliche Autoritäten) ein Atomwaffenprogramm hat.
Er sagt nicht, dass der Iran auch nur den Entschluss gefasst hat eines zu beginnen.
Er sagt nicht, dass der Iran das internationale Atomabkommen verletzt hat.
Der Ministerpräsident von Israel sagt, man habe nun Beweise, dass der Iran Unterlagen über ein bis zum Jahre 2003 existierendes und seitdem nie wieder begonnes Atomwaffenprogramm lagere, mit deren Hilfe dieser islamische Staat zu einem Zeitpunkt seiner Wahl mit Hilfe derzeit fünfzehn Jahr alter Akten wieder ein Atomwaffenprogramm beginnen könnte (das Atomabkommen läuft im Jahre 2025 bzw 2030 aus),
Das wiederum bedeutet, dass solche Artikel wie „Israel unterstellt Iran geheimes Atomprogramm“ von „Associated Press“, der „Deutschen Presseagentur“ und „Zeit Online“, oder „Iran hat gelogen“: Netanjahu: Israel hat Beweise für geheimes iranisches Atomwaffenprogramm“ von „der Stern“ entweder Zeugnisse von falscher oder gelungener Berufswahl sind, je nachdem wie man die Wörter „Medium“, „Presse“ oder „Prostitution“ definiert.
Zu einer Einschätzung von Netanjahus Präsentation im geopolitischen Kontext später.
(…)
Artikel zum Thema:
25.04.2018 Was allein Verhandlungen über ein neues internationales Iran-Abkommen bedeuten würden
und die einzig richtige Antwort darauf.
Artikel zuletzt aktualisiert um 15.51 Uhr