Die Gewinner eines Trump-Rohani-Gipfels würden in jedem Falle die Menschen in Amerika und dem Iran sein. Verlieren würde nur die internationale Kriegslobby.
U.S.-Präsident Donald Trump hat bei einer Pressekonferenz mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte der Staatsführung des Iran Gespräche ohne Vorbedingungen angeboten:
„Keine Vorbedingungen. Sie wollen (dass wir uns) treffen, ich treffe sie, wann immer sie wollen.“
Von einem Berater des iranischen Präsidenen Hassan Rohani, Hamid Aboutalebi, kam per Twitter eine vorsichtig positive Antwort. Im Gegensatz zur üblichen Verfälschung der Kriegslobby im Medienkomplex beinhaltete die Antwort des iranischen Präsidentenberaters keine „Bedingungen“, sondern den höflichen Hinweis, dass eine Rückkehr zum internationalen Atomabkommen (im Diplomatenkauderwelsch abgekürzt als J.C.P.O.A.), die Reduzierung der Feindlichkeiten und der Respekt vor dem (internationalen) Recht auch des Iran
„den holprigen Weg für Gespräche zwischen Iran und Amerika pflastern können„.
Das ist zumindest mal ein Anfall von Rationalität, auf beiden Seiten.
Wichtig für die Staatsführung des Iran, sowohl Präsident Rohani, als auch den Obersten Rechtsgelehrten und Oberkommandierenden der Streitkräfte, Ayatollah Khamenei, ist zunächst einmal die Machtarchitektur der Vereinigten Staaten zu begreifen.
Der U.S.-Präsident ist direkt vom Volk gewählt und hat anschließend das zu tun, was eine Bande von Verbrechern, Schurken, Spionen und Militärs ihm auf den Tisch zur Unterschrift vorlegt. Spätestens seit dem Mord an U.S.-Präsident John F. Kennedy war das gute Tradition.
Was Präsident Trump hier nun gerade tut, ist ein Bruch mit genau diesem guten alten Westen. Ein Bruch, den sie im gesamten Komplex der Kriegstreiber, Höflinge, Profiteure und Kolonisten in der U.S.-Hegemonie derzeit bejammern und beschreien, weil diese nach Ausbruch des siebzehnjährigen weltweiten Terrorkrieges in 2001 von ihren Lügen und Verbrechen noch besser leben konnten als bereits vorher. Dabei zählt diesen Akteuren das Schicksal irgendwelcher Menschen, seien es Immigranten, Minderheiten in den U.S.A., das Amerikanische oder das Iranische Volk, oder irgendein anderes, nichts als einen feuchten Schmutz, genauso wie die amerikanische Verfassung.
Bei der Beurteilung der aktuellen Situation spielen die menschlichen, charakterlichen, selbst die politischen Qualitäten von Donald Trump überhaupt keine Rolle. Es zählt die Tat.
Man versuche sich einmal vorzustellen, nur eine Sekunde lang, Barack Obama oder gar seine wahnsinnig gewordene Außenministerin und verhinderte Nachfolgerin Hillary Clinton, die Hunderttausende Menschen in Libyen und Syrien für ihren Wahnsinn hat abschlachten lassen, hätte einen ähnlichen Schritt gewagt wie Trump gegenüber dem 2002 vom heutigen Nationalen Sicherheitsberater John Bolton zur „Achse des Bösen“ gezählten Nordkora und nun auch Iran.
Unvorstellbar.
Dagegen war es für uns bei Radio Utopie schon seit Jahren sehr wohl vorstellbar, dass in Korea plötzlich ein Frieden ausbricht, auf allen Ebenen. Und nun passiert es. Auch Dank Donald Trump. Das ist die Realität. Ob sie einem nun passt oder nicht.
Bolton und der Saboteur Rudy Giuliani, der gerade versucht seinen eigenen Mandanten und Präsidenten Trump mit aller Anwalts-Macht zu versenken, werden derzeit wohl genauso aus der Haut fahren vor Wut und Angst wie der Rest der internationalen Kriegslobby. Und natürlich auch wie mein ganz persönlicher Pappenheimer Benjamin Netanyahu, dessen politische Beerdigung ich noch erleben werde.
Des Weiteren sollte sollte die iranische Staatsführung begreifen, dass das Amerikanische Volk den Frieden liebt und nicht den Krieg.
Die U.S.-Amerikaner sind durch den 11. September, einen vermeintlich von außen kommenden Angriff auf die eigene Demokratie, Gesellschaft, ihre Werte und ihr Leben, so verletzt und wild gemacht worden, dass sie eine Zeitlang nichts als Rache im Kopf hatten, gegen wen auch immer. Doch diese Kriegsbegeisterung ist längst verraucht. Und Donald Trump weiß das, genauso wie alle Anderen im Sumpf von Washington. Und wenn Donald Trump Eines will, dann der Allergrößte sein. Und er ist es für das Amerikanische Volk, wenn er Bedrohungen beendet, Probleme löst und ihnen endlich den Frieden bringt, den ihnen die Nomenklatura Washingtons pathologisch und für irgendeinen Wahnsinn verweigert.
Die Amerikaner lieben ein Happy End. Auch das unterscheidet sie in ihrer Tradition und Mentalität fundamental z.B. von den Deutschen und Japanern. Dort muss der Held in allen Geschichten zum Schluss immer sterben (unter Filmemachern ist das ein alter Treppenwitz). Die Amerikaner lieben das Gespräch zwischen sich eben noch als Todfeinden gegenüberstehenden Kontrahenten. Sie lieben Deals. Sie lieben ein „Gibst Du mir was, geb ich Dir was und überhaupt geben wir uns die Hände und das ist die Hauptsache“.
Wenn die iranische Staatsführung das begreift, wenn sie, wenigstens sie begreift, wie mächtig das mächtigste Volk der Welt und seine Stimmung, seine Emotionen und seine Meinung ist, kann sie einem Gipfel mit dem vermeintlichen „Satan“ U.S.-Regierung eigentlich nur zustimmen. Was hat die iranische Staatsführung zu verlieren? Nichts. Was hat sie zu gewinnen? Unendlich wertvolle Sympathie für ein Ja zum Dialog, auf dem gesamten Planeten. Mindestens.
Was wiederum die u.s.-amerikanische und die Weltöffentlichkeit hinsichtlich des Iran begreifen muss (die Spione und Kriegstreiber wissen das ganz genau, besser als alle Anderen), ist die Wirkung eines 11. Sepembers im Iran.
Genau das nämlich wäre ein Angriff, diesmal ein unleugbar von außen erfolgter Angriff auf wiederum den Iran. Schon seit über zehn Jahren versuchen wir es bei Radio Utopie zu erklären:
Was für einen Effekt hätte eine Attacke auf den Iran?
Genau den gleichen wie der 11.September auf die USA.
Pragmatisch gesehen gibt es keinen Zweifel daran, dass der Iran unter dem Atomabkommen J.C.P.O.A. keine Nuklearwaffen entwickeln kann. Damit entfällt die von der Kriegslobby seit Jahrzehnten heruntergebetete Lüge von der angeblich demnächst, bald, morgen oder übermorgen exististierenden iranischen Bombe. Und genau das ist das Problem der Kriegslobby: es droht ein Frieden rund um den bzw bezüglich des Iran, gerade weil auch die Syrien-Invasion so verheerend in sich zusammengebrochen ist, trotz aller aus dem „Westen“ zusammengekauften Söldner und terroristischen Milizen und weil – potzblitz! – nun auch noch in Korea der Frieden ausbricht.
Was sind nun konkrete Schritte beider Seiten, die einen Frieden, einen schwierigen, aber historisch unausweichlichen Frieden und eine Ko-Existenz zwischen dem Leitimperium unserer Epoche und dem ewig lockenden Persien – dessen Eroberung schon die Original-Römer umtrieb – absichern und stabil gestalten?
1. Die iranische Staatsführung bleibt bei ihrem (richtigen) Standpunkt, nie wieder so einen jahrzehntelangen Menschzirkus von irgendwelchen Verhandlungen mit einem halbes Dutzend Regierungen über ein neues internationales Abkommen mitzumachen. Aber – die iranische Staatsführung erklärt verbindlich, das Atomabkommen nach seinem Auslaufen im Jahre 2025 bzw 2030 verlängern zu wollen. Auf kleinen Änderungen darf Teheran dabei in 2025 bzw 2030 durchaus bestehen. Zum Beispiel darauf, dass das gesamte Abkommen diesmal nicht von Anfang an wertlos für den Iran ist.
2. Der Iran erklärt des Weiteren in einem völkerrechtlich verbindlichen Statement, dass es die Reichweite seines Arsenals von militärischen ballistischen Raketen in der Form begrenzt, dass es das Territorium eines gewissen Leidensgebietes für denkende Menschen in Form eines weiteren vorderasiatischen Kirchenstaates (derzeitiger Name noch „Israel“, auch dessen Namensänderung demnächst zu befürchten) nicht erreicht. Dies tut die iranische Staatsführung nicht im guten Glauben, sondern in der simplen Erkenntnis, dass diese Raketen keinerlei Abschreckung vor einem Angriffskrieg darstellen, sondern lediglich als Anlass für einen solchen taugen. Im Kriegsfalle würden die israelischen Streitkräfte schlicht ihre ballistischen oder gar Interkontinentalraketen von Ubooten direkt vor der iranischen Küste starten, ggf. mit den israelishen Nuklearwaffen.
Einseitige, völkerrechtlich verbindliche Erklärungen des Iran sind für dessen Staatsführung ein gangbarer Weg. Im Gegenzug würde jedes Argument für eine weitere Kriegstreiberei aus den U.S.A. und ihrer Hegemonie entfallen. Die Sanktionen der U.S.-Regierung müsste diese entweder selbst aufheben oder mitanschauen, wie sie durch Gegenmaßnahmen anderer Staaten (z.B. Finanzhilfen für betroffene, im oder mit dem Iran Geschäfte machende Konsortien) neutralisiert werden.
Es fehlt noch ein fundamentaler Hinweis, der außer von Radio Utopie noch von keiner anderen Stelle erfolgte:
Eine Erklärung der Neutralität Chinas und Russlands bei einem Erstschlag des Iran, aber des Beistands bei einem Umsturzversuch und einer Invasion, würde die gesamte Kriegsgefahr um den Iran mit einem Schlag verdunsten lassen.
Eine solche Neutralitäts- und Garantieerklärung hatte die chinesische Staatsführung schließlich im August 2017 für Nordkorea abgegeben – Jahrzehnte zu spät, nur äußerst widerwillig und unter viel Gewimmer und Gebrumm aus Pekings Kaderstuben. Es war diese Erklärung Chinas, die den von uns vermuteten Machtwechsel hinter den Kulissen der Potemkinschen Monarchie Pjöngjangs Ende 2017 schließlich ermöglichte und das geostrategische Fundament für den folgenden Friedensprozess auf der Koreanischen Halbinsel legte.
Diese Neutralitäts- und Garantieerklärung aus Moskau und Peking für den Iran, sie kam nie. Sie kam nie für Libyen. Sie kam nie für Syrien.
Eine weitere der vielen Gelegenheiten, die nun die Staatsführungen in Washington und Teheran haben, ist, ihre Gegenüber in Moskau und Peking als das zu entblößen, was sie in der Frage aller Probleme, Krisen und Kriege im Nahen Osten seit über 50 Jahren sind: bestenfalls Statisten.
Es darf gepokert werden.