Schneehelden im Schneechaos

Autor: Martin Kirsch

Die Inszenierung der Bundeswehr und die Unterhöhlung des zivilen Katastrophenschutzes

Am Sonntag, 13. Januar 2019 besuchte die Oberbefehlshaberin von der Leyen die Gebirgsjägertruppe bei ihrem Schnee-Einsatz in Südbayern.[1] Ein vorläufiger Höhepunkt in der propagandistischen Darstellung der Aktivitäten der Bundeswehr in der Alpenregion. Während Focus Online bereits zwei Tage zuvor vom „Mini-Panzer der Schnee-Helden“ berichtet hatte – alle technischen Details des Kriegsgeräts inklusive – war sich die Lokalzeitung Berchtesgardener Anzeiger nicht zu schade, die Pressemitteilung der Bundeswehr zum Besuch der Ministerin vor ihrer Haustür eins zu eins wiederzugeben.[2] Neben der miserablen journalistischen Arbeit und der Verherrlichung der Armee durch die jeweiligen Medien handelt es sich dabei allerdings auch um einen Effekt der massiven Pressearbeit der Bundeswehr, die ihren Einsatz zur medialen Charmeoffensive zu nutzen weiß. Während die Verantwortlichen in einigen Gemeinden in Österreich, wie z.B. in Lech am Arlberg noch am Wochenende feststellen,[3] dass es sich trotz Lawinenabgängen mit Todesfolge um keine ungewöhnliche Lage handele, herrschte in den deutschen Medien bereits Katastrophenstimmung. „Schneehelden im Schneechaos“ weiterlesen

Bundeswehr-Werbung in Schulen verbieten

Pressemitteilung vom 16.01.2019 der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW)

Minderjährige bei der Bundeswehr

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie das Verbot jeglicher Bundeswehr-Werbung bei Minderjährigen. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Bundeswehr im Jahr 2018 1.679 Minderjährige rekrutiert, gut ein Fünftel davon waren junge Frauen. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl etwas gesunken, bleibt aber weiter auf einem skandalös hohem Niveau.

Die hohe Zahl an Minderjährigen in der Bundeswehr ist das Ergebnis einer aggressiven Werbung der Bundeswehr in Schulen, bei Ausstellungen und Messen, Vorträgen in Jobcentern, Arbeitsagenturen und Berufsinformationszentren. Bei diesen Veranstaltungen wirbt die Bundeswehr insbesondere bei Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren. „Bundeswehr-Werbung in Schulen verbieten“ weiterlesen

USA haben 4.500 Marinesoldaten, F-35 Staffel auf Standby, um den Abzug aus Syrien zu unterstützen

Amphibische Gruppen im Roten Meer, Persischen Golf

Mit geschätzten 2.000 US-Soldaten in Syrien, alle relativ nahe der irakischen Grenze, scheint der geplante Abzug einfach zu sein. Tatsächlich ging es beim Abzug in erster Linie darum, in Fahrzeuge zu steigen und in den Irak zu fahren. „USA haben 4.500 Marinesoldaten, F-35 Staffel auf Standby, um den Abzug aus Syrien zu unterstützen“ weiterlesen

Südkorea hört auf, Nordkorea in Verteidigungsberichten als „Feind“ zu bezeichnen

Veränderungen in der Terminologie spiegeln den Abbau von Spannungen wider

Nach einem Jahr erfolgreichen diplomatischen Engagements nahm Südkorea eine bemerkenswerte Änderung in seinem zweijährlichen Verteidigungsbericht vor, in dem Nordkorea nicht mehr als „Feind“ bezeichnet wird. „Südkorea hört auf, Nordkorea in Verteidigungsberichten als „Feind“ zu bezeichnen“ weiterlesen

Polizei will in deiner Wohnung filmen

Niedersachsen: Mit Hilfe der Bodycams der Polizisten in Privaträumen Ton- und Videoaufnahmen anfertigen können.

Die Wohnung eines Bürgers ist durch unsere Verfassung grundsätzlich geschützt. Wenn ein richterlicher Durchsuchungsbefehl vorliegt, müssen dafür zwingende Gründe vorliegen und bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Regeln eingehalten werden wie das Recht auf einen hinzugezogenen Anwalt, Zeugen und die Anwesenheit des Wohnungsbesitzers, die Uhrzeit – nicht mitten in den Nachtsstunden (ausser bei Fluchtgefahr). Werden persönliche Gegenstände konfisziert, müssen diese Stück für Stück protokollarisch erfasst werden. Oft werden von diesen auch Fotos angefertigt. Diese und das unterschriebene Protokoll müssen auch dem Besitzer noch an Ort und Stelle auf dessen Verlangen ausgehändigt werden. Alles, was nicht im Zusammenhang damit steht, ist nicht gestattet. „Polizei will in deiner Wohnung filmen“ weiterlesen

10 Jahre antikrieg.com

Heute vor zehn Jahren ging antikrieg.com in Betrieb. Der folgende Artikel von Gideon Levy hat mich damals so beeindruckt, dass ich mich entschloss, mit den mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegen Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung aktiv zu werden. Das Internet bot sich als ideale Kommunikationsplattform an und – oh Wunder! – die Domain antikrieg.com war auch frei. Antiwar.com kannte ich ja schon bestens seit dem Überfall der NATO auf Jugoslawien. Die Idee, eine Website mit aus vom Englischen ins Deutsche übersetzten Artikeln zu betreiben, stammt von Lutz Forster, dem leider viel zu früh Verstorbenen – Ehre seinem Andenken! Ein paar Monate seines Lebens konnte ich noch mit ihm zusammenarbeiten.

Antikrieg.com hat also 10 Jahre auf dem Buckel,ich werde bald 70 auf selbigem haben. Na hoffen wir, dass es gut weitergeht …

Klaus Madersbacher, antikrieg.com

Die Zeit der Gerechten

Gideon Levy

Dieser Krieg lässt vielleicht tiefer in das Wesen der israelischen Gesellschaft blicken als seine Vorläufer. Rassismus und Hass erheben ihre Häupter, nicht anders als Rachsucht und Blutdurst. Die „Grundhaltung des Befehlshabers“ in der israelischen Armee lautet jetzt „so viele wie möglich töten“, wie die Militärkorrespondenten im Fernsehen berichten. Auch wenn sie gegen Kämpfer der Hamas gerichtet ist, ist diese Grundhaltung erschreckend.

Ungezügelte Aggression und Brutalität werden gerechtfertigt als „vorsichtiges Vorgehen”: das furchtbare Verhältnis im Blutvergießen – ungefähr 100 tote Palästinenser für jeden toten Israeli – führt zu keinen Fragen, als hätten wir beschlossen, dass ihr Blut hundertmal weniger wert ist als unseres, was unseren inhärenten Rassismus aufzeigt.

Rechte, Nationalisten, Chauvinisten und Militaristen sind die einzigen, die sich in der Stadt blicken lassen dürfen. Lasst uns in Ruhe mit Menschlichkeit und Mitleid. Nur am Rand der Gesellschaft sind Stimmen des Protests zu vernehmen – gesetzlos, verfemt und von den Medien ignoriert – von einer kleinen, aber mutigen Gruppe von Juden und Arabern.

Daneben erhebt sich die vielleicht schlimmste Stimme von allen. Das ist die Stimme der Gerechten und Scheinheiligen. Mein Kollege Ari Shavit scheint ihr wortgewandter Sprecher zu sein. In dieser Woche schrieb Shavit an dieser Stelle („Israel muss seine medizinische Hilfe für Gaza verdoppeln, verdreifachen, vervierfachen“ – Haaretz 7.1.2009): “Die israelische Offensive in Gaza ist gerechtfertigt … nur eine sofortige und großzügige humanitäre Initiative wird zeigen, dass wir auch angesichts des brutalen Krieges, der uns aufgezwungen worden ist, nicht vergessen, dass auf der anderen Seite Menschen sind.“

Für Shavit, der die Rechtmäßigkeit dieses Kriegs verteidigt und gefordert hat, dass er nicht verloren werden darf, spielt der Preis eine unerhebliche Rolle, wie auch die Tatsache, dass es in solchen ungerechten Kriegen keine Siege gibt. Und er wagt es, im gleichen Atemzug „Menschlichkeit“ zu predigen.

Will Shavit, dass wir töten und töten und danach Lazarette errichten und medizinische Hilfe für die Verwundeten schicken? Er weiß, dass ein Krieg gegen eine hilflose Bevölkerung, vielleicht die hilfloseste der Welt, die nirgendwohin flüchten kann, nur grausam und verabscheuungswürdig sein kann. Aber diese Leute wollen immer nur gut aussteigen. Wir werfen Bomben auf Wohngebäude und behandeln dann die Verwundeten im Ichilov; wir beschießen erbärmliche Unterkünfte in Schulen der Vereinten Nationen und rehabilitieren dann die Behinderten in Beit Lewinstein. Wir schießen und weinen dann, wir töten und jammern darüber, wir metzeln Frauen und Kinder nieder wie automatische Mordmaschinen und wollen unsere Würde hochhalten.

Das Problem ist, dass das nicht funktioniert. Das ist himmelschreiende Scheinheiligkeit und Selbstgerechtigkeit. Diejenigen, die mehr und mehr Gewalt ohne Rücksicht auf die Folgen fordern, sind wenigstens ehrlicher.

Beides zugleich geht nicht. Das einzig „Reine“ in diesem Krieg ist die „Reinheit von Terroristen”, die in Wirklichkeit zu furchtbaren Tragödien führt. Was in Gaza geschieht, ist keine Naturkatastrophe wie ein Erdbeben oder eine Überschwemmung, in der es unser Recht und Pflicht wäre, den Betroffenen zur Seite zu stehen und Rettungsmannschaften zu senden, was wir so gerne tun. Alle Katastrophen, die jetzt in Gaza stattfinden, sind von Menschen gemacht – von uns. Hilfe kann nicht mit blutbefleckten Händen angeboten werden. Mitleid kann nicht aus Brutalität entstehen.

Dennoch gibt es einige, die beides haben wollen. Wahllos töten und zerstören und doch gut aussehen, mit einem reinen Gewissen. Weiter Kriegsverbrechen begehen ohne jedes Gefühl der schweren Schuld, die damit verbunden ist. Es braucht Courage. Jeder, der diesen Krieg rechtfertigt, rechtfertigt damit alle damit verbundenen Verbrechen. Wer immer diesen Krieg predigt und glaubt, dass der Massenmord, den er mit sich bringt gerechtfertigt ist, hat kein Recht, über Moral und Menschlichkeit zu sprechen. Man kann nicht gleichzeitig töten und aufziehen. Diese Einstellung entspricht genau der grundlegenden zwiespältigen israelischen Stimmung, mit der wir seit jeher aufgewachsen sind: das Falsche tun, uns aber in unseren eigenen Augen rein fühlen. Töten, zerstören, aushungern, einsperren und demütigen und im Recht – um nicht zu sagen ein Gerechter – zu sein. Den gerechten Kriegstreibern wird dieses erhabene Gefühl versagt bleiben.

Jeder, der diesen Krieg rechtfertigt, rechtfertigt damit alle seine Verbrechen. Jeder, der ihn als Verteidigungskrieg hinstellt, muss die moralische Verantwortung für seine Folgen übernehmen. Jeder, der jetzt Politiker und Militärs ermutigt weiter zu machen, wird nach dem Krieg das Kainsmal auf seiner Stirn tragen müssen. Alle, die diesen Krieg unterstützen, unterstützen auch dessen Horror.

erschienen in Haaretz am 9.1.2009

antikrieg.com

Pompeo plädiert für Fortsetzung der US-Intervention im Nahen Osten

Er verspricht, den Iran aus Syrien und die Hisbollah aus dem Libanon zu vertreiben

Etwa zehn Jahre nach der Rede Präsident Obamas in Kairo war Außenminister Mike Pompeo an der amerikanischen Universität in dieser Stadt und hielt seine eigene Rede, in der er versuchte, die Politik des Präsidenten Obama in einen Gegensatz zu den stärker interventionistischen Absichten der Trump-Administration im Nahen Osten zu stellen. „Pompeo plädiert für Fortsetzung der US-Intervention im Nahen Osten“ weiterlesen

40 Jahre sind genug: Brennelementefabrik Lingen stilllegen!

Pressemitteilung vom 9.1.2019 der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW)

Mehrere regionale Anti-Atomkraft-Initiativen sowie der
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Robin Wood und die Ärzteorganisation IPPNW rufen für Samstag, 19. Januar 2019, unter dem Motto „40 Jahre sind genug – Brennelementefabrik Lingen stilllegen!“ zu einer Demonstration in Lingen auf. Anlass sind der 40. Jahrestag der Inbetriebnahme der bundesweit einzigen Brennelementefab­rik direkt am 19. Januar sowie der gravierende Brand in der Brennelementefabrik Anfang Dezember. Auftakt der Demo ist mit einer Kundgebung um 13 Uhr am Bahnhof Lingen, es folgt ein Demozug durch die Innenstadt zum Alten Rathaus auf dem Marktplatz. „40 Jahre sind genug: Brennelementefabrik Lingen stilllegen!“ weiterlesen

US-Studie zu „Schallwaffe“ in Kuba empfiehlt psychologische Untersuchung von US-Diplomaten

Wissenschaftler aus den USA und Großbritannien sind nach einer Untersuchung angeblicher Angriffe mit „Schallwaffen“ auf die US-Botschaft in Havanna zu einem überraschenden Ergebnis gekommen: Bei den Geräuschen, die angeblich erkrankte Diplomaten gehört haben wollen, soll es sich um Grillen handeln. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte die sozialistische Regierung Kubas beschuldigt, die diplomatische Vertretung mit einem unbekannten Waffensystem attackiert zu haben. Dies konnten Wissenschaftler nun nicht bestätigen. Die Geräusche stammten vielmehr von Grillen, die in der Umgebung der Botschaft vorkommen.

Die Studie, die auf der Jahrestagung der US-amerikanischen Society for Integrative and Comparative Biology (SICB) vorgestellt wurde, bestätigt, dass die Geräusche, die Diplomaten und Beamte der US-Botschaft angeben gehört zu haben, mit dem Zirpen durch Stridulation übereinstimmt.

„Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass die Aufnahme wohl von einer Grille stammt, und wir denken, dass wir wissen, um welche Art es sich handelt“, sagte einer der Studienautoren, Alexander Stubbs gegenüber der Tageszeitung New York Times. Der Biologe der University of California in Berkeley hatte auf der SICB-Jahrestagung in Tampa, Florida, einem Vortrag mit dem Titel „Sound attributed to ‘sonic attacks’ on U.S. diplomats in Cuba spectrally matches echoing cricket“ gehalten.

Die Wissenschaftler verglichen die Aufzeichnungen der Geräusche, die von ehemaligen Mitarbeitern der Botschaft vorgelegt worden waren, mit dem Zirpen von Grillen der Art Anurogryllus celerinictus, bekannt als Indische Kurzschwanzgrille.

„Sie stimmt bis ins Detail mit der Aufzeichnung überein, und zwar in Dauer, Pulsfolgefrequenz, Leistungsspektrum, Pulsfrequenzstabilität und Schwingungen pro Puls“, heißt es in der Studie. Die New York Times schreibt, dass weitere Experten die Analyse der Spezialisten um Stubbs für richtig befunden haben.

Eine Aufzeichnung des Geräusches, die von der Nachrichtenagentur AP verbreitet wurde, zeige auch einen Frequenzabfall in einzelnen Impulsen, eine deutliche akustische Signatur des Grillenzirpens, heißt es in der Studie. „Während die zeitliche Impulsstruktur in der Aufzeichnung anders ist als bei jeder natürlichen Insektenquelle, ergibt sich bei der Wiedergabe des Cricketgesprächs über einen Lautsprecher und der Aufnahme im Innenbereich durch das Zusammenspiel der reflektierten Schallimpulse ein Klangbild, das von der AP-Aufnahme nahezu nicht zu unterscheiden ist“, heißt es in der Studie weiter. Dies sei ein eindeutiger Beweis dafür, dass das Geräusch auf einen widerhallenden Grillen-Ruf und nicht einen akustischen Angriff oder ein anderes technologisches Gerät zurückzuführen ist, so Stubbs.

Die Ursachen für die von den Mitarbeitern der Botschaft gemeldeten Gesundheitsprobleme müssten eingehender untersucht werden, merken die Autoren an. Die Ergebnisse machten „die Notwendigkeit einer eingehenden Erforschung der Ursache dieser Krankheiten, einschließlich möglicher physiologischer Erklärungen, die nichts mit Schallangriffen zu tun haben“ notwendig. Mit anderen Worten: Die US-Diplomaten sollten sich einer psychologischen Untersuchung unterziehen.

Im August 2017 hatte das US-Außenministerium berichtet, dass einige Diplomaten aufgrund „eines Angriffes auf ihre Gesundheit gewisse Symptome“ gezeigt hätten, sagte die damalige außenpolitische Sprecherin der USA, Heather Nauert. Vorher hatte die US-Regierung verkündet, dass seit einem früheren „Vorfall“ im letzten Jahr in Havanna insgesamt 19 US-Diplomaten unter „einer Reihe physischer Symptome“ litten. Als Reaktion hatte Washington zwei kubanische Diplomaten ausgewiesen, später wurde die unter Amtsvorgänger Barack Obama kurz zuvor erst wiedereröffnete US-Botschaft in Havanna wieder geschlossen.

Erstveröffentlichung auf Portal amerika21.de am 9.1.2019