Was will Bernie Sanders wirklich?
U.S.-Präsidentschaftswahlen in 2020: Bernie Sanders hat heute seine Präsidenschaftskandidatur verkündet. Das war von Vielen erwartet worden. Von mir nicht. Um Missverständnisse zu vermeiden: ein Sieg von Sanders gegen Donald Trump bei den U.S.-Präsidentschaftswahlen in 2020 wäre sehr positiv, für die gesamte Menschheit. Nur bleiben da noch einige gewichtige Fragen offen.
Zunächst zu dem, was jetzt passieren wird.
Bernie Sanders‘ Kandidatur wird alle Individuen im tatsächlichen, linksdemokratischen und progressiven Spektrum elektrisieren und die entsprechenden Organisationen, Zusammenschlüsse und Strömungen in Bewegung setzen. Er wird schlicht alle anderen Kandidaten / Kandidatinnen an die Wand drücken, auch die aus der Nomenklatura, vorneweg Obamas Vizepräsident Joe Biden. Alle Diskussion über eine neue Partei im linksdemokratischen Spektrum werden nun, praktisch über Nacht, neutralisiert werden, zumindest solange Bernie Sanders versucht Präsidentschaftskandidat der „Demokratischen Partei“ zu werden.
Aber ohne eine Erlaubnis aus der Hierarchie wird er es nur dann, wenn es bei deren Vorwahlen tatsächlich demokratisch zugeht. Und das tut es nicht.
Wer es vergessen hat: vor der letzten „Kandidaturen-Kür“ der „Demokraten“ in 2016 musste zunächst die Leiterin des „Democratic National Comitee“ (D.N.C.) und damit faktische Parteivorsitzende Debbie Schulz-Wasserman zurücktreten, weil sich durch Enthüllungen herausgestellt hatte, dass sie trotz Verpflichtung zur Neutralität während der Vorwahlen gegen Bernie Sanders und für Hillary Clinton gearbeitet hatte; laut Wikileaks u.a. auch durch „bezahlte Trollfabriken“. Unmittelbar nach ihrem Rücktritt als Parteivorsitzende trat sie Clintons Wahlkampfteam bei.
Die nächste Parteivorsitzende Donna Brazile, ehemalige Wahlkampfmanagerin von Bill Clintons Vizepräsident Al Gore, verlor zunächst ihren Posten als „Expertin“ bei CNN, nachdem sich ebenfalls durch Enthüllungen von Wikileaks herausgestellt hatte, dass sie vor einer Kandidatendebatte zwischen Clinton und Sanders bei CNN Clinton Fragen der Redaktion zugespielt hatte.
Brazile schleppte sich noch durch den Wahlsieg Trumps gegen Clinton bei der Präsidentschaftswahl, um dann schließlich im Februar 2017, nachdem sich mehr und mehr ihr Lobbyismus für Clinton und die Partei-Nomenklatura entpuppt hatte, das ehrenwerte Amt als D.N.C.-Chefin wieder abzugeben. Und im November 2017 gab Brazile schließlich zu, dass die gesamten Vorwahlen zugunsten von Clinton durch die Parteiführung manipuliert worden waren, unter jahrelangen Vorbereitungen, seit 2015.
Doch selbst ohne oben aus der Hierarchie organisierten Betrügereien sind die Vorwahlen der „Demokraten“ eine Farce.
Auch nach der letztes Jahr mit viel Tamtam von der Parteiführung verkündeten „Reform“ der Wahl des Präsidentschaftskandidaten, werden im Jahr 2020 in der entscheidenden „Democratic National Convention“ von 4767 Delegierten wieder 716 „Superdelegierte“ sitzen, die schlicht von der Parteiführung ausgewählt und nicht gewählt worden sind.
Im Jahr 2016 waren es 717 „Superdelegierte“, davon laut einer Recherche der Sunlight Foundation allein
- 63 offizielle Lobbyisten
- 32 „Schattenlobbyisten“ und einflussreiche Geschäftsleute
- 357 Parteifunktionäre, Finanziers, ehemalige Kongressabgeordnete, Bürgermeister, etc, etc, die weder Mitglied des Kongresses, noch Gouverneure waren.
Überflüssig zu erwähnen, wen diese „Superdelegierten“ 2016 zu ihrer Superkandidatin machten.
Die angebliche „Entmachtung“ dieser „Superdelegierten“ durch die D.N.C.-Parteikader in 2018 besteht darin, die über dem gemeinen Wahlpöbel stehende ehrenwerte Gesellschaft nur bei Wahlgängen abstimmen zu lassen, bei denen es etwas zu wählen gibt: nämlich bei denen mit zwei (oder mehr) Kandidaten, bzw im zweiten Wahlgang. Wie großzügig! Was für Gönner! Lasset uns huldigen, diesen Demokraten!
Aber damit beileibe nicht genug.
Die Vorwahlen der „Demokraten“ werden in allen Bundesstaaten nach unterschiedlichen Regeln ausgetragen. Im Zuge der bereits erwähnten „Reform“ der D.N.C.-Kader der „Demokraten“ wurde in 2018 auch das Wahlsystem „Caucus“, einer Art Versammlung von registrierten Wählern in der offen abgestimmt wird, zurückgefahren und das System der „primaries“ ausgeweitet (hier der Unterschied).
Bei diesen „primaries“ können in manchen Bundesstaaten alle Wählerinnen und Wähler an den Vorwahlen der „Demokraten“ teilnehmen, also auch die noch weiter rechts oder ganz rechts stehende Wählerschaft. Bei anderen ist eine Registrierung für die Abstimmung sogar am gleichen Tag noch möglich. Es ist so ein Leichtes, für außenstehende organisierte Gruppen, gerade mit den entsprechenden finanziellen „Gönnern“ im Hintergrund, linksdemokratische KandidatInnen zu sabotieren. Und das sogar während der laufenden, nacheinander in den Bundesstaaten abgehaltenen Vorwahlen, taktisch je nach Ergebnis.
Und das sind nicht alle Möglichkeiten der Manipulation, die dieses verrottete Wahlsystem allein bei den Vorwahlen der „Demokraten“ bietet – auch ohne Russen, Außerirdische und die und da und der war‘ s. Nach jeder Logik geht bereits seit Jahrhunderten so.
Meiner bescheidenen Einschätzung nach stellen sich, zum jetzigen Zeitpunkt, vier gewichtige Fragen:
1. Warum kandidiert Bernie Sanders für die „Demokratische Partei“?
In ihrer ganzen systemischen Korruption und strukturellen Verrottung bietet diese Partei allen möglichen inneren und äußeren Kräften und Interessengruppen ungezählte Möglichkeiten schon bei den Vorwahlen undemokratisch, unfair, heuchlerisch, taktisch, eben „demokratisch“ zu sabotieren. Warum also tritt Bernie Sanders nicht als Unabhängiger an, oder mit einer neuen Partei im Rücken? Aus meiner Sicht, ich bleibe dabei, ist das der einzige Weg wie er, oder ein „Demokrat“, in 2020 U.S.-Präsident werden kann.
2. Warum haben sich Bernie Sanders und Elizabeth Warren praktisch öffentlich abgesprochen, um dann im Abstand von ein paar Monaten beide ihre Präsidentschaftskandidatur zu verkünden?
Es muss beiden klar gewesen sein, dass sie die gleiche Klientel ansprechen. Am Neujahrstag war aus meiner Sicht durch die Kandidatur Warrens eine Kandidatur von Sanders „vom Tisch“. Welchen Sinn nun eine Kandidatur von Sanders auch gegen Warren machen soll, erschließt sich mir nicht. Es sei denn, die Absprache zwischen beiden sieht zum Beispiel eine zeitlich abgestimmte Rücknahme der Kandidatur von Warren zugunsten von Sanders vor, eine gemeinsame Kampagne, Verkündung eines Schattenkabinetts in der Warren einen Posten bekommt, etc. Insofern könnte Warrens Kandidatur einen gemeinsamen Nutzen gehabt haben, um ihr Wählerinnen und Wähler-Potential zu aktivieren und dann der Sanders-Kampagne zuzuführen.
Und natürlich, drittens:
Erlaubt die Nomenklatura der „Demokratischen Partei“ eine Präsidentschaftskandidatur von Bernie Sanders für ihre Partei? Diese Mafia aus staatlichen Funktionären, Kriegs- und Kapital-Lobbyisten, geübten und ausgebildeten Plünderern, Ausbeutern und Lügnern? Nach Hunderttausenden so lukrativer Leichen in Syrien, Libyen, Jemen und anderswo, allein während der achtjährigen Regentschaft ihres Obamas? Nach all den Toten und Kriegsverbrechen die diese Partei ebenso verschuldet hat wie weltweiten, ungehemmten Kapitalismus, Elend, elektronischen Polizeistaat und eine seit über siebzehn Jahren geltende unbegrenzte Kriegsermächtigung (Authorization for Use of Military Force) des Kongresses für jeden U.S.-Präsidenten, auch Donald Trump, für einen weltweiten, endlosen und ungewinnbaren Terrorkrieg?
Wenn die Wählerinnen und Wähler der „Demokraten“ Bernie Sanders nicht mit aller Gewalt auf‘s Podest heben, sogar gegen seinen Willen und unter ernstzunehmenden Drohungen gegen den gesamten Partei-Apparat und seine Hinterleute – nämlich der Drohung eine tatsächlich Demokratische Partei zu gründen und dann in 2024 über diesen verrotteten Haufen von „Demokraten“ zu rollen wie der Panzer über die Tomate – können sie bei den Vorwahlen wieder einmal wählen soviel sie wollen: es werden Andere entscheiden.
Hinsichtlich der U.S.-Präsidentschaftswahlen unterstützt Radio Utopie übrigens Tulsi Gabbard. Nicht weil wir uns einbilden, dass sie es gegen die Parteikader, Kriegslobby und die Nomenklatura einfacher haben wird, sondern weil sie, im Gegensatz zu Sanders, in 2016 und 2020, ihren Chancen auf die Präsidentschaft auch wahrnimmt und tatsächlich kämpft. Dass ex-D.N.C.-Chef Howard Dean alle Kandidaten seiner Partei als geeignet für das Präsidentenamt bezeichnet, mit Ausnahme von Tulsi Gabbbard, ist für diese Kandidatin eine Auszeichnung und ein weiter Grund sie zu unterstützen. (14.01.2018, Tulsi Gabbard for President)
In 2016 prognostizierte ich ein halbes Jahr vor der U.S.- Präsidentschaftswahl den Sieg von Clinton bei den Vorwahlen der „Demokraten“, die anschließende Unterstützung von Sanders für Clinton und den anschließenden Sieg von Trump.
Womit wir zur letzten und entscheidenden Frage kommen:
Will Bernie Sanders überhaupt U.S.-Präsident werden? Oder nur die „Demokratische Partei“ und die Demokratie-Simulation in den Vereinigten Staaten und ihrer Hegemonie retten, bevor es zu spät ist und aus der Simulation Realität wird?
(…)
Vorher:
13.06.2018 Wie Bernie Sanders (oder ein „Demokrat“) in 2020 U.S.-Präsident geworden wäre
13.06.2018 Prognose: Trump wird 2020 wieder U.S.-Präsident
zwei Korrekturen am 20.02.2019, Howard Dean ex-D.N.C.-Chef, Superdelegierten Abstimmungsberechtigung bei zwei oder mehr KandidatInnen