Polizei stürmt Botschaft von Venezuela in Washington
Aktivisten in diplomatischer Vertretung festgenommen. Vertreter des selbsternannten Übergangspräsidenten Guaidó kündigte Übernahme an
Die Polizei in der US-Hauptstadt Washington ist am Donnerstag gewaltsam gegen pro-venezolanische Aktivisten vorgegangen, die eine Übernahme der Botschaft des südamerikanischen Landes durch Vertreter des selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó verhindern wollten. Media Benjamin von der US-Friedensorganisation CodePink sagte, Beamte des Washingtoner Metropolitan Police Departments seien illegal in die venezolanische Botschaft eingedrungen, um das Gebäude zu räumen. Vier Aktivisten, die sich in den Räumen aufhielten, seien inhaftiert worden. Das Vorgehen der US-Behörden sei ein klarer Verstoß gegen die Wiener Vereinbarung über diplomatische Beziehungen, so Benjamin.
CodePink gehörte zu einem Bündnis, das die venezolanische Botschaft gegen die Übernahme durch Vertreter des Oppositionspolitikers Guaidó verteidigt hatte. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hatte Guaidó nach dessen Selbstproklamation am 23. Januar umgehend anerkannt und später dessen Botschafter Carlos Vecchio akkreditiert. Dennoch gehört die Botschaft völkerrechtlich der amtierenden Regierung von Präsident Nicolás Maduro, den die USA und weitere westliche Staaten nicht mehr anerkennen. Die Aktivisten um CodePink bezeichneten das Vorgehen der Polizei daher als illegal und sehen darin einen Verstoß gegen das Völkerrecht.
Der Korrespondent des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur, Jorge Gestoso, berichtete, wie Washingtoner Polizisten das Botschaftsgebäude absperrten. „Sie verhindern, dass wir vor Ort berichten können“, so Gestoso.
Vecchio, der von Guaidó ernannte Botschafter, kündigte über Twitter die unmittelbare Übernahme der diplomatischen Mission an. „Die Usurpation ist beendet“, schrieb Vecchio in einer Erklärung auf Spanisch: „Es hat Zeit und Mühe gekostet, aber wir haben auf das venezolanische Volk gesetzt. Unendlicher Dank an die venezolanische Diaspora für ihr Opfer. Nächste Befreiung: Venezuela.“
Mara Verheyden-Hilliard, Mitbegründerin einer Bürgerrechtsstiftung, die den Code-Pink-Aktivisten Rechtsbeistand gewährt, beklagte einen „Einbruch“ von Bundesbeamten und Strafverfolgungsbehörden in die Botschaft. Die Bundesbeamten hätten einen Haftbefehl gegen die Aktivisten vorgelegt, der am Mittwoch ausgestellt wurde.
„Anstatt die Regierung von Venezuela durch das Volk von Venezuela bestimmen zu lassen, will nun die US-Regierung für das Volk von Venezuela entscheiden, wer es regiert, und die Botschaft an den von ihr bestimmten Vertreter übergeben“, sagte Verheyden-Hilliard nach den Verhaftungen am Donnerstag.
Seit Wochen hatten sich Guaidó-Anhänger vor der Botschaft versammelt, um die Personen im Gebäude zur Übergabe der diplomatischen Vertretung aufzufordern. Die pro-venezolanischen Aktivisten beklagten ihrerseits eine Belagerung des Gebäudes. Die oppositionellen Demonstranten hätten die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln verhindert, zudem seien Strom und Wasser abgedreht worden. Die Oppositionsvertreter wiederum wiesen darauf hin, dass keiner der Aktivisten im Gebäude aus Venezuela stammte.
Die vier Demonstranten, die am Donnerstag verhaftet wurden, hatten seit dem 10. April im Gebäude gelebt, sagte der Vize-Vorsitzende von Code Pink, Ariel Gold. Die Gruppe sei von Diplomaten der Regierung von Präsident Maduro eingeladen worden, im Gebäude zu bleiben, um es zu beschützen.
Erstveröffentlichung am 17.5.2019 auf Portal amerika21.de