Prozess gegen Friedensaktivist – Atomare Teilhabe: Ein fortgesetztes Unrecht
Pressemitteilung der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) vom 26. Juni 2019
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW äußert sich enttäuscht über die heutige Verurteilung des IPPNW-Arztes Ernst-Ludwig Iskenius durch das Amtsgericht Cochem zu 70 Tagessätzen à 40 Euro. Ihm wird zu Last gelegt als Versammlungsleiter einer angemeldeten Mahnwache für eine unangemeldete Aktion des Zivilen Ungehorsams von Friedensaktivist*innen auf dem Atomwaffenstützpunkt Büchel Verantwortung zu tragen. Die Aktivist*innen hatten am 18. Juni 2018 aus Protest gegen die dort gelagerten Massenvernichtungswaffen das Haupttor sowie das Lutzerather Tor blockiert. Die Blockaden wurden jedoch unabhängig und eigenverantwortlich durchgeführt.
„Einem Versammlungsleiter einer angemeldeten Mahnwache kann nicht zugemutet werden, Friedensaktivist*innen von Aktionen abzuhalten, mit denen sie ihrem Gewissen folgen. Das Versammlungsrecht ist ein Recht, das Versammlungen schützt, aber mit diesem Urteil wird das Versammlungsrecht ausgehöhlt. Wir befürchten, dass das Verhängen von hohen Strafe gegen jemanden, der nur eine friedliche Mahnwache angemeldet hat, lediglich der Abschreckung dienen soll“, kommentiert Vorstandsmitglied Inga Blum. Ernst-Ludwig Iskenius wird gegen das Urteil Berufung einlegen.
Aus Sicht der IPPNW stellt die Atomwaffenpolitik der Bundesregierung ein fortgesetztes Unrecht dar. Auf deutschem Territorium lagern im Rahmen der „nuklearen NATO-Teilhabe“ nach wie vor etwa 20 US-Atomwaffen, die bis 2025 durch neue, “effektivere” Bomben ersetzt werden sollen. Die neuen Atombomben in Büchel werden über ein steuerbares Heckleitwerk verfügen, das zur Erhöhung der Treffgenauigkeit beiträgt. Zudem kann je nach Ziel eine niedrige oder hohe Sprengkraft ausgewählt werden. Damit sinkt die Hemmschwelle zum Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen und gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes.
Anlässlich des bevorstehenden zweiten Jahrestages der Verabschiedung des UN-Vertrages für ein Verbot von Atomwaffen am 7. Juli erinnert die ärztliche Friedensorganisation daran, dass der Vertrag Staaten verbietet, Atomwaffen zu testen, zu entwickeln, zu produzieren und zu besitzen. Außerdem sind die Weitergabe, die Lagerung und der Einsatz sowie die Drohung des Einsatzes verboten. Derzeit haben den UN-Vertrag 70 Staaten unterzeichnet und 23 Staaten ratifiziert. Sobald 50 Staaten ratifiziert haben, tritt er in Kraft.
Zu seiner Verteidigung im Prozess erklärte IPPNW-Mitglied Ernst-Ludwig Iskenius: „Ziviler Ungehorsam bedeutet eine bewusste Regelübertretung, um in einer zugespitzten Situation, in der politische Entscheidungsträger nicht mehr die Warnungen und Mahnungen ernst nehmen und Entscheidungen treffen, die entweder einen Rechtsbruch bedeuten oder zu großem Schaden für die Gesellschaft führen, Widerstand zu leisten. Dieser Widerstand ist gewaltfrei, ohne Schaden für die beteiligten Menschen, aber angemessen, um den völkerrechtswidrigen Betrieb zu unterbrechen. Dafür folgen sie ihrem Gewissen und ihrer Überzeugung und stehen auch für die Konsequenzen ein. Diejenigen, die Zivilen Ungehorsam leisten, wägen ab, was das größere Unrecht bedeutet: eine Unrechtssituation zuzulassen und hinzunehmen oder durch einen Regelverstoß den ungeheuerlichen Charakter dieser Unrechtssituation zugespitzt darzulegen.“
Vom 5.-7. Juli 2019 findet am Atomwaffenstützpunkt in Büchel ein Aktionsfestvial statt. Den Höhepunkt bildet der 7. Juli 2019, an dem IPPNW und ICAN gemeinsam mit Vertreter*innen der Kirchen den zweiten Jahrestag des Atomwaffenverbotes feiern. Weitere Informationen finden Sie unter https://buechel2019.nuclearban.de/