OPCW-Inspektoren widersprechen offiziellem Abschlussbericht

Pressemitteilung vom 23.10.2019

Fraglicher Giftgasangriff von Douma

Mehr als acht Jahre nach Beginn des Krieges in Syrien hat sich durch den völkerrechtswidrigen Einmarsch der Türkei ins kurdische Siedlungsgebiet die humanitäre Lage für die Menschen vor Ort erneut verschlechtert. Kriegsverbrechen sind weiterhin an der Tagesordnung. Nun gibt es beunruhigende Neuigkeiten im Zusammenhang mit der Aufarbeitung früherer Kriegsverbrechen: Heute wurden ernst zu nehmende Vorwürfe bekannt gegen die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), die für die Einhaltung des internationalen Verbots von Chemiewaffen zuständig ist.

Nachdem am 7. April 2018 ein Giftgasangriff aus Douma, einem Vorort von Damaskus, gemeldet wurde, entsandte die OPCW ein Team von Inspektoren, um den Vorfall zu untersuchen. Ein Whistleblower aus den Reihen der OPCW, der an dieser „Fact Finding Mission“ beteiligt war, hat am 15. Oktober 2019 gegenüber einem international besetzten Panel erklärt, dass wichtige Informationen zu chemischen Analysen, toxikologischen Gutachten, ballistischen Studien und Zeugenaussagen in dem Abschlussbericht unerwähnt geblieben seien. Mehrere an der Douma-Mission beteiligte Inspektoren seien bei der Erstellung des Abschlussberichts nicht einbezogen oder konsultiert worden.

IPPNW-Vorstandsmitglied Dr. Helmut Lohrer, der an dem Treffen mit teilgenommen hat, erklärte: „Der fragliche Giftgaseinsatz von Douma war der Anlass des Bombardements der USA, Frankreichs und Großbritanniens von Zielen in Damaskus und Homs am 13./14. April 2018. Dabei drohte eine unmittelbare Konfrontation zwischen den beteiligten Atommächten und Russland. Die Bundesregierung hat einen ständigen Sitz im Exekutivrat der OPCW und trägt – wenn die Vorwürfe zutreffen – eine Mitverantwortung, wenn die Arbeit dieser Organisation zur nachträglichen Rechtfertigung von Kriegshandlungen missbraucht wird. Daher muss sich die Bundesregierung für eine vollständige Transparenz im Hinblick auf die Vorwürfe einsetzen und dafür sorgen, dass die OPCW entsprechend ihrer Statuten arbeiten kann. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sie einen freiwilligen Beitrag in Höhe von einer Million Euro für die Syrien-Missionen der OPCW geleistet hat. “

Das Statement der Teilnehmer*innen an dem Treffen mit dem Whistleblower der OPCW und weitere Informationen finden Sie unter https://couragefound.org/2019/10/opcw-panel-statement.

Deutsche Übersetzung des Statements unter www.ippnw.de/bit/opcw_report

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