Rechter Hardliner aus Bolivien in den USA, Evo Morales in Argentinien

Autoren: Jonatan Pfeifenberger und Harald Neuber

OAS empfängt ultrarechten Politiker Camacho. CIDH stellt Menschenrechtsverletzungen fest. Morales bekommt Asyl in Argentinien

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hat sich in der US-Hauptstadt Washington mit dem ultrarechten Politiker Luis Camacho aus Bolivien getroffen, um mit ihm über die derzeitige De-facto-Regierung zu sprechen, der er selbst gar nicht angehört. Thema war zudem die Vorbereitung der für den kommenden März angesetzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Almagro lobte nach dem Treffen Camachos „Engagement für die Demokratie“.

Während Almagro und die OAS mit ihrem vorläufigen Bericht über mögliche Wahlmanipulationen eine entscheidende Rolle bei dem Putsch gegen Evo Morales gespielt hatten, führte Camacho als damaliger Vorsitzender des sogenannten Bürgerkomitees von Santa Cruz (Comité Cívico de Santa Cruz) die Proteste in der Tieflandmetropole an. Camacho war zuletzt in den Schlagzeilen, da sich eine gemeinsame Kandidatur mit Marco Pumari vom Bürgerkomitee Potosi (Comcipo) für die Präsidentschaft offensichtlich zerschlug. US-Aktivisten waren mit der Hofierung von Camacho weniger einverstanden und stürmten bei einer Veranstaltung in Washington die Bühne.

Morales war am Donnerstag in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires gelandet. Ihm wird dort gemeinsam mit seinem ehemaligen Vize-Präsidenten, Álvaro García Linera, dem früheren Außenminister, Diego Pary, der früheren Gesundheitsministerin Gabriela Montaño und dem bisherigen Botschafter vor der OAS, Sacha Llorenty, zunächst politisches Asyl gewährt, um anschließend als „Geflüchtete“ in Argentinien bleiben zu können. Dies bestätigte der neue argentinische Außenminister Felipe Solá.

Morales dankte Mexiko und Argentinien über den Kurznachrichtendienst Twitter für all ihre „Unterstützung und Solidarität“. Dem mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador werde er „ewig dankbar“ sein, da er ihm das Leben gerettet habe. Unmittelbar nach dem Putsch war Morales nach Mexiko gereist und stand dort bisher unter dem Schutz der dortigen Regierung. Nun kehrte er von einem Besuch in Kuba jedoch nicht dorthin zurück, sondern flog direkt weiter nach Argentinien.

Derweil warnte die bolivianische De-facto-Regierung davor, dass die stark indigen geprägte Provinz Chapare von den neu angesetzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ausgeschlossen werde, sollten die dort ansässigen Verbände der Kokabauern keine Präsenz von Polizeieinheiten zulassen. Die Polizei war dort nach dem Putsch von den dortigen Morales unterstützenden Kokabauern vertrieben, beziehungsweise war ihnen der Zugang verwehrt worden. Eine Art „Gewerkschaftpolizei“ der Indigenen übernahm die entsprechenden Aufgaben. Putsch-Innenminister Arturo Murillo erklärte, man werde keine Wahlen zulassen in einem Gebiet, in dem die staatliche Polizei nicht präsent ist. Dies sei weder legal noch verfassungsmäßig, so Murillo.

Indes hat die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) erneut „schwere Menschenrechtsverletzungen“ im Zuge der Krise nach der Annullierung der Wahlen vom 20. Oktober und dem folgenden Putsch gegen die Regierung von Evo Morales festgestellt. Das geht aus einem Vorbericht über die Menschenrechtssituation in Bolivien hervor. Die CIDH gehört der US-nahen Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) an. Während die politische Führung dieser Regionalorganisation den Sturz von Morales befördert hat, nimmt die CIDH eine kritische Position zur Lage nach dem Umsturz ein.

„Die Kommission stellt mit äußerster Besorgnis fest, dass es im Zusammenhang mit der politischen Gewalt vor und nach den Wahlen eine Reihe von schweren Menschenrechtsverletzungen weit über den Kontext des sozialen Protestes hinaus gegeben hat“, heißt es in einem entsprechenden Bericht, der am Dienstag online veröffentlicht wurde.

Die Beobachtungsmission, die die OAS nach Bolivien entsandt hatte, um die Wahlen vom 20. Oktober zu verfolgen, veröffentlichte inzwischen eine Reihe von „Empfehlungen“, um einen politischen Eingriff in Neuwahlen zu verhindern. So müsse ein Fernzugriff auf Computersysteme vermieden und externe Prüfungsunternehmen beauftragt werden, hieß es von dieser Seite. In einem 15-seitigen Dokument schlägt die Delegation vor, „zu regeln, dass jede Person, die Befugnis zur Durchführung von Änderungen an den Servern und/oder der Datenbank hat, physisch in den Einrichtungen der Wahlbehörde oder des Obersten Wahlgerichts anwesend sein muss“. Zudem sollten Vertreter aller politischen Kräfte während des gesamten Prozesses einbezogen werden, um die Transparenz zu gewährleisten.

Veröffentlicht am 13.12.2019 auf Portal amerika21.de