Tatsächlich gibt es zwar nicht mehr viel an Substanz, was man bei der AIG noch übernehmen könnte. Schon deshalb verpuffte die Forderung von Finanzminister Paulson auch vollständig ins Leere, als er die Privatwitschaft geradezu anflehte, Mittel für den Erhalt der AIG bereit zu stellen. Der ach so gelobte freie Markt kann schon grausam sein.
Aber auf der Ersatzbank der Marktradikalen, wo die dauerhaft Spielunfähigen neuerdings in der sozialen Hängematte Platz nehmen, findet sich auch ein Plätzchen für die AIG. Schön neben den beiden dicken Schwestern Freddie Mac und Fannie Mae, die da mehr oder weniger zum verwesen rumliegen. Aber selbst die Geier machen einen großen Bogen, weil die Beute doch zu sehr vergiftet ist.
Nun also auch Conservatorship für die AIG. Angeblich ist diese zu weit vernetzt in der Finanzwelt, als das man sie sterben lassen könnte. Aber das dürfte nur der vorgeschobene Grund sein. Die 500 Milliarden Dollar an Anleiheversicherungen, für die, die AIG gerade steht, würden einfach eine zu große Welle auslösen. Momentan wird zwar nur von 200 Milliarden gesprochen, die definitiv fällig werden, aber die Scheibchentaktik ist ja mittlerweile das gängige Verfahren.
Um 3 Uhr 23 Berliner Zeit meldet CNN in seinen Breaking News, das die FED 85 Milliarden Dollar bereitstellt, um AIG zu retten. Da wird die FED aber nun alle paar Tage kräftig nachlegen müssen.
Es springt also der Staat ein und hofft, das alles nicht so schlimm werden wird, wie es heute schon gekocht wurde. Das ist natürlich Quatsch. Aber die Börse nimmt zur Zeit jeden Strohhalm. Das die FED die Leitzinsen unverändert ließ, war ein Prozent Steigerung im Dow Jones wert. Das ist die Belohnung der Kaninchentaktik. Wenn man nicht mehr weiter weiß, duckt man sich in eine Ackerfurche und hofft, dass das Unglück vorbei geht. Oft ist dies das Ende des Kaninchens, vor allem wenn es von Raubvögeln gejagt wird, oder Hunde es wieder hochtreiben.
Aber die FED blieb standhaft und wurde nicht gefressen. Daraufhin konnte man sich wohl auch auf die öffentliche Sicherung der AIG einigen. Auch wenn sich das Wallstreet Journal wie die Ziege am Strick ziert und jeden Absatz mit dem Hinweis „according to one person familiar with the matter“ beendet und damit deutlich machen will, wie sehr man sich noch in der bestätigten Gerüchteküche befindet.
The primary option being hammered out involved the Fed providing AIG with a short-term loan of $85 billion, according to people familiar with the situation. In exchange, the government would receive warrants in AIG representing the right to buy its as much as 80% of its stock under certain conditions, according to one person familiar with the matter.
That could put the government in a position to potentially control of a private insurer, a historic move, especially considering that AIG isn‘t directly regulated by the federal government.
Es ist möglich, dass dieser Plan durchgeht. Allerdings sollte dabei nicht unerwähnt bleiben, das gleichzeitig immer noch die Vorbereitungen für einen Gang unter Chapter eleven laufen, was zu einer Reihe verrückter Seiteneffekte bei einer Versicherung führen könnte. Letztendlich wäre es so möglich, das die 500 Milliarden an Versicherungen, die zumindest zu einem guten Teil problematisch sind, in Wirklichkeit keinen Bestand mehr hätten.
Das würde aber einen neuen Kapitalbedarf weltweit bedeuten. Die Wirkung wäre die gleiche, als ob AIG schon bankrott sei, wie dies für weite Teile von Lehman zutrifft. Aber auch da gab es gute Meldungen. Barclays hat 9.000 Mitarbeiter und die Börsengeschäfte sowie das Investmentbanking von Lehman übernommen. Der Kaufpreis von 2 Milliarden Dollar für das Kerngeschäft von Lehman ist angesichts der 650 Milliarden Schulden, die liegen bleiben, einfach lausig.
Auch die Übernahme von Merrill Lynch durch die Bank of America, für immerhin 44 Milliarden, wird dadurch noch einmal unverständlicher und ist tatsächlich nur durch geheime Schutzabsprachen mit der der FED zu erklären. Allerdings ist mit diesen Übernahmen und der vermutlichen Sicherung von AIG unter staatlicher Obhut nicht viel erreicht.
Da stehen schon Washington Mutual und Wachowia weinend vor den Toren. Bei Washington Mutual ist das Ende schon absehbar und die Folgen wären dramatisch für das amerikanische Bankensystem. Was also soll passieren? Pleite oder Conservatorship. Wie weit können die USA mit Conservatorship überhaupt gehen, bis die ganze USA unter Chapter Eleven steht. Was ist mit der Autoindustrie? Verdient die keine Rettung?
Es ist die Büchse der Pandora. einmal geöffnet gibt es kein zurück mehr. Täglich werden mehr Banken und Versicherung Herrn Paulson und Bernanke die fordernden Hände entgegenstrecken und um Manna bitten. In England wird HBOS zwar noch von offiziellen Stellen gesundgebetet, aber auch dort liegen die Pläne für eine staatliche Rettung längst in den Schubladen.
Obwohl Deutschland nach Meinung von Prof. Dr. Dirk Schiereck gar nicht betroffen ist, was auch nach Meinung von so begnadeten Fachleuten wie Peer Steinbrück und dem Allianz-Chef Michael Diekmann so ist, mehren sich die üblen Vorzeichen einer großen Krise. Da helfen die paar Schlaumeier, die um das Feuer der verbrennende Derivate einen Regentanz vollführen, auch nicht mehr.
Natürlich soll die Bevölkerung beruhigt werden. Man hat Angst, dass es zur großen Panik kommt. Einer Panik, die bei den schlauen Leuten längst angekommen ist wie Don Alphonso zu berichten weiß.
Denn diese Krise, die über kurz oder lang uns alle betrifft, liebe Freunde, diese Krise ist längst bei denen angekommen, die sich von Banken wie der UBS vermögensverwalten liessen. Reichtum ist in diesem Marktumfeld kein Spass. Die Krise frisst den Reichtum. Reich sein, so höre ich allerorten, ist gerade ein Rattenrennen, man rettet Gelder und begrenzt Verluste, man wagt und verliert, man schleust und weiss auch nicht, wohin mit den gerupften Resten. Ganz erstaunlich, wie unsicher selbst die sind, die sich stets sicher fühlten. Die müssen irgendwohin. Aber, so viel ist klar, eher nicht zur UBS, wo viele andere gehen. Das wird dann einen kleinen Automatismus zur Folge haben, den man auch schon kennt: Hier und da platzt ein Hedgefond und ermittelt eine Behörde, eine Agentur ratet und ein Börsenkurs fällt ein paar Abschreibungen, Kapitalerhöhung, Bettelbriefe an Chinesen und Koreaner, halbherzige Notfondskredite, die auch nicht helfen – to big to survive – na, wir kennen das alles und irgendwo muss der amerikanische Tod ja auf dem alten Kontinent an Land gehen, wenn er mit Londonsterben fertig ist. Die Schweiz ist ein schönes Land mit zu vielen Bewohnern!
Dem ist nichts hinzuzufügen, außer das man den Rat aus dem Anfang seines Textes beherzigen sollte, weil auch Paranoiker Feinde haben.
Ich mache das eher ungern, weil man nachher Schuld ist, wenn es schief geht. Aber wir sind in einer sehr nachhaltigen Krise, in der es nicht doof ist, einen gewissen Sockelbetrag von 10.000 Euro irgendwo rumliegen zu haben, wo man sich nicht erst mit einer Bank rumärgern muss. Unter der Matratze, zum Beispiel. Sowas wie eine schnelle, finanzielle Eingreiftruppe, die einem im schlimmsten Fall das Überleben für die nächsten 6 Monate sichert, und sei es, dass man nach Tunesien radelt und am Strand Camping macht. Ich würde London meiden, denn da wird man nichts versäumen. 50 Euro würde ich zur Seite legen für Bücher, die einem ein Handwerk beibringen – wäre ich nicht schon ein äusserst erfahrener Radlmonteur. Sicherheitshalber etwas erlernen, das einen über den Tag bringt. Ich mein ja nur. Schlimmstenfalls war es überflüssige Panik.
Es gibt sogar Paranoiker, die gar keine Paranoiker sind, sondern das Ergebnis schon sehr früh sahen, als andere noch an das ewige Lied von der Wirtschaft, in der Milch und Honig fließen, glaubten. Selbst das Wasser wird in dieser Wirtschaft knapp. Natürlich werden in den nächsten Tagen wieder einige Leute vehement auf Morgan Stanley verweisen und die deutlich verbesserten Quartalszahlen loben und preisen.
Die vorgezogene Präsentation war geschickt gemacht. Die Lage verbessert sich ja nicht wirklich und das, was gestern noch wie ein Gewinn aussah, ist heute vielleicht gerade mal kein Verlust. Es macht einen traurig und erinnert immer an den Auftritt der ehemals jugendfrischen Schönheit, die heute, nach langer Vorbereitung, für kurze Zeit in ihrer ganzen Pracht gezeigt werden kann.
Eigentlich wird aber schon lange nicht mehr sie gezeigt, sondern die Kunst ihrer Kosmetiker. Diese Kunst vermutet Don Alphonso ja auch bei den Bilanzen der UBS und auch bei Morgan Stanley dürfte das einen großen Teil des Zaubers ausmachen. Man kann die Bücher ein oder zweimal schönen. Sich die Dinge schön rechnen. Aber das geht nicht auf Dauer. Selbstbetrug ist wie nicht in Würde altern zu können. Er ist grausam, da er zur falschen Zeit, in meist in einer großen Welle auffliegt.
Die schon arg gebeutelte KfW meldet deshalb lieber gleich, dass sie bei Lehman einen mittleren dreistelligen Millionenvertrag vergeigt hat. 300 Millionen davon mal eben am Montag, durch eine Überweisung, als Lehman schon pleite war. Man hätte vielleicht doch einen Banker dort einstellen sollen, der lesen kann, oder besser einen, der Blogs liest. Da stand die Nachricht schon seit Wochen. Aber bisher mussten Banker ja nicht lesen können und solche Neuerungen brauchen Zeit.
Der KfW bleibt die Zeit. Nachdem sie auf Anweisung von Herrn Steinbrück die Deutsche Bank mit offiziell 10 Milliarden Euro über die IKB und noch einmal, wie man gerüchteweise hört, mit 6,2 Milliarden aus eigenen Mitteln saniert hat, spielt die Milliarde, auf die sich der Lehman Verlust wohl summieren wird, keine Rolle mehr. Es ist ja nur das Geld des Steuerzahlers. Das kann man bei den Ärmsten schnell wieder einfordern. Dafür gibt es ja Steinbrück, Steinmeier, Merkel und deren Auftraggeber.
Noch viel wichtiger ist allerdings, dass sich die Frage nach der Haltbarkeit des deutschen Einlagensicherungsfonds stellt. Für die deutsche Lehmann Brothers sind dort die Einlagen bis zu 285,1 Millionen Euro je Anleger geschützt, wie der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. mitteilt. Es ist der gleiche Bankenverband, der die Geschichte von den robusten Banken hierzulande propagiert.
Medien und Gerüchten zufolge liegt Lehman in Deutschland mit 12 bis 22 Milliarden schief wovon zwischen 4 und 10 Milliarden durch den Einlagensicherungsfond abgedeckt wären. Der Einlagensicherungsfond umfasst zur Zeit 4,6 Milliarden, was auf jeden Fall bedeutet, dass die deutschen Banken und sonstigen Beteiligten nachschießen müssen. Die Höhe hängt ein wenig davon ab, ob es überhaupt Substanzwerte bei Lehman gibt, die noch vermarktet werden können.
Gleichzeitig gibt es ein Gerücht, das gerade seit dem Zeitpunkt, an dem absehbar war, eine Reihe von namhaften Kunden aus den USA und dem Regierungsapparat noch mit ihren Konten nach Deutschland verfrachtet wurden und somit unter den Schutz des Einlagensicherungsfonds kamen, anstatt wie in den USA üblich, alles zu verlieren, was 20.000 Dollar oder das Doppelte überschreitet.
Natürlich wird niemand nach dem Alter der Konten fragen, weil ja dann bei der nächsten Bank solche Fragen auch gestellt werden müssten. Eine Nachschusspflicht von bis zu 10 Milliarden Euro kann sicherlich ein oder zweimal geleistet werden. Aber was ist, wenn die Commerzbank wackelt, bei der wohl 3,7 Milliarden je Kunde versichert sind.
Tatsächlich stellt sich schon heute morgen die Frage, welchen Wert der Einlagensicherungsfond noch hat. Misstrauen dürfte angebracht sein. Es gibt eine deutsche UBS und die Commerzbank hat sich mit der Dresdner Bank und ihren Risiken wohl arg verschluckt.
Die Börsen werden trotz all dieser Erkenntnisse leicht nach oben kommen. Für eine Falle reicht es allemal. Die Generalrichtung ist jedoch Richtung Süden und es wird wohl sehr tief in den Süden gehen, bis wieder reale Werte erreicht sind. Dabei ist es nicht hilfreich, dass die Notenbanken täglich Milliarden in ein Fass pumpen, das nicht nur ohne Boden und Deckel sondern auch längst ohne Fassreifen und Dauben ist.
Es gibt dieses Fass nicht mehr, das gefüllt werden könnte. Es gibt nur noch einen Strom, auf dem das Geld abfließt, um nicht als Regen, sondern als hemmungslose Inflation zurückzukommen. Der Tod ist Bestandteil des Lebens. Wer dauerhaft den Tod von Banken und Firmen ausklammern will, klammert vor allem auch das Leben aus. Die Bankendinosaurier auf tönernen Füßen, die Versicherungen und ihre Rückversicherer sind auf Dauer nicht zu retten.
Lieber ein Ende mit Schrecken, als weiterhin diesen täglichen Schrecken, mit Ankündigung des Schreckens für den nächsten Tag und dies. ohne das ein Ende absehbar wäre. Realität ist hart, kantig und oft auch schmutzig. Aber wer sich nicht der Realität stellt, geht unter. Auch wenn jemand Professor an einer Universität für Leichtmatrosenmanager oder Chef der Allianz ist. Es wurde nun genug gelogen und die Halbwertzeit der Lügen reicht nicht einmal mehr einen Tag.