Unterschiedliche Aussagen aus Berlin und Paris über Haltung der G7-Staaten zu Paulson-Plan
Während die Merkel-Regierung angeblich staatskapitalistische Massnahmen zur Rettung der Banken ablehnt, kommt Unterstützung aus Frankreich
Paris: „Wir werden uns in einer Telefonkonferenz beraten und es ist sehr wahrscheinlich, dass wir dem amerikanischen Plan unsere Unterstützung zusagen werden“.
So die französische Finanzministerin Christine Lagarde über die Haltung der G7-Staaten zum Plan des US-Finanzministers Henry Paulson, der z.Z. versucht, eine Kongressvollmacht zu erlangen, welche es dem ehemaligen Goldman Sachs Chef u.a. ermöglichen würde, 700 Milliarden Dollar an Steuergeldern zu Aufkauf und Verstaatlichung wertloser Banken sowie deren Anteile zu verwenden.
Merkwürdig: laut der Nachrichtenagentur „Reuters“ machte die französische Finanzministerin Lagarde diese Aussage angeblich am heutigen Montag und vor einer Telefonkonferenz der G7-Finanzminister. Laut einer Meldung des „Handelsblattes“ fand diese aber bereits „in der Nacht zu Montag statt“ (wir berichteten).
Lagarde widerspricht mit ihrer Aussage inhaltlich diametral allen Äusserungen aus Berlin.
„Für uns gibt es in den Verantwortlichkeiten und in den Auswirkungen Unterschiede, so dass aus Sicht der Bundesregierung eine solche Maßnahme, wie sie die USA jetzt getroffen haben, nicht notwendig ist“
So der Sprecher der Merkel-Regierung, Ulrich Wilhelm. Der Finanzsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter:
„Die Amerikaner haben die Finanzkrise hervorgerufen, ihre Risikogeschäfte bringen die gesamte Welt in Bedrängnis und von daher glaube ich, dass vor allem die amerikanischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen gemeinsam an der Lösung dieser Probleme arbeiten sollten“
Der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß:
„Die Amerikaner können jetzt nicht für ihr Versagen und ihre Arroganz Deutschland in die Haftung nehmen. In Deutschland ist ein vergleichbares Vorgehen weder geplant noch erforderlich“
Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz:
„Wir brauchen Regeln, wie man diesen ausgerasteten Finanzkapitalismus, den wir in den letzten Jahren erlebt haben, an die Kette legen kann“
Hört, hört. Dass der Fachmann da jetzt schon drauf kommt. CDU-Fraktionsvize Michael Meister:
„Kurzfristig Geld ins Feuer zu werfen, das halte ich für den falschen Weg. Das legt nur das Fundament für die nächste Krise in einigen Jahren“
Meister stellte auch eine andere, wirklich rasend interessante Frage. Nämlich ob nicht die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erfolgten massiven Zinssenkungen der US-Notenbank Keim der gegenwärtigen Krise seien, so der CDU-Politiker.
Derweil schätzt der SPD-Obmann im Haushaltsausschuss, Carsten Schneider, allein
„..die Ausfälle durch geringeres Wachstum beim Bund auf zwei bis drei Milliarden Euro“
Hinzu kämen noch Belastungen aus der Rettungsaktion für die Mittelstandsbank IKB in Höhe von 1,2 Milliarden Euro aus Steuermitteln, eine vergeigte Bürgschaft von 600 Millionen Euro und Wertverluste bei der Staatsbank KfW im „einstelligen Milliardenbereich“.
Schneider hatte bereits am Wochenende angekündigt, die Politleiche „Haushaltsausschuss“ beatmen zu wollen.
Dieser tagt, nach dem ausführlichen Sommerloch, doch tatsächlich diesen Mittwoch wieder, schon am 23.September.
Die ehemalige Bank des jetzigen US-Finanzministers Paulson, Goldman Sachs, erklärte sich heute zusammen mit der anderen noch existierenden „Investmentbank“ Morgan Stanley zu Holding Unternehmen.
Damit ist ein zwanzig Jahre andauernde Ära des Hochkapitalismus zu Ende. „Investmentbanken“ gibt es nicht mehr.
Goldman Sachs und Morgan Stanley erhoffen sich so mehr von dem frisch gedruckten Geld der US-Notenbank Fed. Im Gegenzug geben sie ihre Vollmachten auf, die ihnen die hochkapitalistische Wirtschaftsordnung in den USA bisher eingeräumt hatte und unterstellen sich der „Kontrolle“ der US-Notenbank.
D.h.: im Zuge des Wechsels der USA zum Staatskapitalismus unterstellt sich Goldman Sachs wieder dem Mann, der bereits schon einmal ihr Chef war und der sich laut dem Wall Street Historiker John Steele Gordon mit der verlangten Kongressvollmacht “zum Diktator des Amerikanischen Finanzsystems” machen will:
Henry Paulson.
(…)
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