In einem FR-Interview erklärt BDK-Chef Klaus Jansen, die Medienberichte zum „aufgebauschten“ angeblichen Attentat auf ein Verkehrsflugzeug paßten „auffällig“ zur zeitgleichen Beratungen im Bundestag über „Anti-Terror-Datei“Der ehemalige verdeckte ermittelnde „Staatsschützer“, BKA-Beamte und Vorsitzende des Bundes der Kriminalbeamten (BDK) Klaus Jansen hat einen „auffälligen“ Zusammenhang zwischen parlamentarischen Debatten über Vollmachtwünsche des Innenministeriums („Anti-Terror-Datei“) und gleichzeitigen Medienberichten über angebliche vereitelte Flugzeugattentate gezogen (4), die von Generalstaatsanwältin Harms losgetreten worden waren (0815-info.de hatte darüber berichtet (1)).
Sicherheitsexperten hatten der Generalbundesanwaltschaft unter Monika Harms (CDU) vorgeworfen, die kürzlich bekannt gegebenen Pläne eines Attentats auf den Frankfurter Flughafen aufgebauscht zu haben.
Dazu Hansen wörtlich:“Das wäre nicht nur gefährlich, sondern unverantwortlich. Sollte sich dieser Vorwurf bestätigen, besteht die Gefahr, dass irgendwann echte Fälle nicht mehr ernst genommen werden.“
Zu der Terrorwarnung britischer Sicherheitsbehörden für Deutschland bezüglich eines drohenden Anschlags bis Sylvester sagte der ehemalige V-Mann Jansen:“Hier ist auch unklar, ob das aufgebauscht ist oder nicht. Die angeblichen Attentatsplanungen in Frankfurt passen jedenfalls auffällig zu den Beratungen im Bundestag zur Anti-Terror-Datei und zu den Umbauplänen des Innenministeriums für die Bundespolizei.“
Außerdem äußerte er sich zu der Beweisorgie um die mutmaßlichen „Kofferbomben-Attentate“ während der lautstarken Bettelei der israelischen Regierung und Anderer um deutsche Truppen im Libanon(2):
„Das BKA arbeitet, auch im internationalen Vergleich, auf hohem professionellen Niveau. Trotzdem ist klar, dass hier „Kommissar Zufall“ dem BKA kräftig unter die Arme gegriffen hat. Hätten die Bomben nicht versagt, wäre es zur Katastrophe gekommen. Die Kofferbomber waren zufällig auf dem Video vom Kölner Hauptbahnhof. Über die sichergestellten Gepäckstücke konnte man die Täter auf dem Videomaterial identifizieren. Ohne diesen Glücksfall wäre die Identifizierung der Täter nicht möglich gewesen.“
Nochmal zur Erinnerung: angeblich waren es die Hinweise des libanesischen, mit der syrischen Regierung eng kooperierenden Militärgeheimdienstes DRAL, die die Festnahme der mutmaßlichen Attentäter ermöglichten, von denen einer extra zur Festnahme nach Deutschland anreiste und der andere sich gleich freiwillig stellte(2).
Aber gut.
Wenigstens mal ein bischen Nachdenklichkeit aus der Exekutive.
Interessanterweise sagte Jansen auch, daß Bundespolizei, Zoll und BKA keine gemeinsame Datenbank haben (3)
Das ist mehr als merkwürdig.
Die Polizeibehörden sollen Paralellstrukturen aufbauen, von denen eine vom Innenministerium zentral gesteuert wird, eine gemeinsame Datenbank (rechtlich ohne Probleme möglich) gibt es nicht, aber die Verfassung der Republik soll für den kleinsten rollenden Darth Vader des Innenministeriums zusammengestrichen werden, damit in einer „Anti-Terror-Datei“ auch israelische Agenten über Europol (5)(6), das Militär und alle Geheimdienste nach Wunsch in deutschen Polizeidaten rumschnüffeln dürfen, während uns die Hucke voll geplärrt wird mit irgendwelchen „-istischen“ Attentätern, die man nur durch Rechteabbau für 80 Millionen in den Griff bekäme?
Bleibt nur noch hinzuzufügen,daß zum Zeitpunkt der Festnahmen bezüglich dieses angeblichen El-Al-Qaeda-Anschlags auf dem Frankfurter Flughafen die Ermittlungen zum Fall längst eingestellt waren („zu den Akten gelegt“)(7).
Noch am 20.11.06 war aber ein Artikel in der Springer-Welt erschienen, mit denkwürdigen Zitaten eines Herrn Kaller ohne „n“, Sprecher des Innenministeriums, der auch noch Paralellen zum „Kofferbomben-Attentat“ zog :
„Wir müssen damit rechnen, dass es immer wieder Gruppen gibt von Leuten, die konkrete Anschlagsplanungen in sich tragen.“
Yo, Kalle gib uns mehr..
„Dieser Fall ist einmal mehr ermutigend insoweit, als unsere Sicherheitsbehörden offensichtlich sehr aufmerksam sind, nah dran sind an möglichen Strukturen und es bisher jedenfalls geschafft haben, früh genug einzuschreiten“…(8)
Präventiv hinterher zurück durch die Brust ermitteln.
Geht doch nach drüben…
Quellen:
(1)
http://www.0815-info.de/archiv/2006/november/110625.php
(2)
http://0815-info.de/archiv/2006/august/psychokrieg.php
(3)
Dieser Link zum Interview des BDk-Chefs Jansen ist leider tot.
Das komplette Interview, was einmal unter diesem Link zu finden war, steht als Anhang unter den Quellen.
http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1016998
(4)
http://de.internet.com/index.php?id=2046427§ion=Topstories
(5)
http://www.israelnetz.de/show.sxp/12375.html?sxpident=2604–7733458–2118411G–5143148–12584275791388pR
(6)
http://0815-info.de/timeline2006.php
(7)
http://www.swr.de/nachrichten/rp/-/id=1682/nid=1682/did=1762796/13wbyv0/index.html
(8)
http://www.wadinet.de/news/iraq/newsarticle.php?id=2657
—
Anhang:
erschienen am 25.November, archiviert am 26.November 2006
unter http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1016998
Interview mit Klaus Jansen
„Hysterie ist unverantwortlich“
BDK-Vorsitzender Klaus Jansen
+ BDK-Vorsitzender Klaus Jansen (dpa)
Frankfurter Rundschau: Herr Jansen, Sicherheitsexperten werfen der Bundesanwaltschaft vor, Hysterie zu schüren. Die kürzlich bekannt gegebenen Pläne eines Attentats auf den Frankfurter Flughafen seien aufgebauscht worden. Harter Tobak.
Klaus Jansen: Das wäre nicht nur gefährlich, sondern unverantwortlich. Sollte sich dieser Vorwurf bestätigen, besteht die Gefahr, dass irgendwann echte Fälle nicht mehr ernst genommen werden.
Britische Sicherheitsdienste haben jüngst mitgeteilt, man gehe von einem Anschlag in Europa noch vor Jahreswende aus.
Hier ist auch unklar, ob das aufgebauscht ist oder nicht. Die angeblichen Attentatsplanungen in Frankfurt passen jedenfalls auffällig zu den Beratungen im Bundestag zur Anti-Terror-Datei und zu den Umbauplänen des Innenministeriums für die Bundespolizei.
Einer der angeblichen Attentatsplaner hat die Sache als Witz bezeichnet. Man habe „Action“ machen wollen.
Interview
Klaus Jansen ist seit 2003 Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Er trat 1972 in Hamburg in die Polizei ein. Später arbeitete Jansen als verdeckter Ermittler im Bereich Staatsschutz und beim Bundeskriminalamt. Hier ermittelte vor allem in der Terrorismusbekämpfung.
Die Polizeien von Bund und Ländern müssten besser verzahnt, Doppelarbeit gestoppt werden, fordert Jansen. jw
Das wäre eine merkwürdige Form von Humor. Unseren ausländischen Mitbürgern wäre damit ein Bärendienst erwiesen.
Das Bundeskriminalamt hat bei der Terror-Aufklärung durchaus Erfolge. Die Kölner Kofferbomber waren schnell gefasst.
Das BKA arbeitet, auch im internationalen Vergleich, auf hohem professionellen Niveau. Trotzdem ist klar, dass hier „Kommissar Zufall“ dem BKA kräftig unter die Arme gegriffen hat. Hätten die Bomben nicht versagt, wäre es zur Katastrophe gekommen. Die Kofferbomber waren zufällig auf dem Video vom Kölner Hauptbahnhof. Über die sichergestellten Gepäckstücke konnte man die Täter auf dem Videomaterial identifizieren. Ohne diesen Glücksfall wäre die Identifizierung der Täter nicht möglich gewesen.
Bundesinnenminister Schäuble will die Bundespolizei, den früheren Bundesgrenzschutz, reformieren. Auch um mehr Kräfte zur Terrorabwehr frei zu haben. Sie stellen sich quer. Warum?
Wir wollen eine Reform, aber nicht diese. Schäubles Modell passt nicht, weil es keine bessere Zusammenarbeit mit den Polizeien in den Bundesländern ermöglicht. Der Bund schafft unnötige parallele Strukturen, das bringt ein neues Nebeneinander, das Gegenteil von Verschlankung.
Schäubles Ziel ist doch, mehr Beamte für die Präsenz vor Ort, für Bekämpfung der Schleuser-Kriminalität und Aufgaben im Ausland frei zu bekommen. Hört sich doch gut an, oder?
Gut anhören reicht eben nicht. Nur viel Geld in die „Kampfkasse“ zu tun und die rund 7000 Polizisten anders einzusetzen, die durch die Ost-Verlagerung der EU-Außengrenze frei werden, allein ist kein guter strategischer Ansatz. Die Kräfte von Bund und Ländern müssen verzahnt, ihre Ermittlungszuständigkeiten aufeinander abgestimmt werden – das fehlt bei Schäuble. Gemeinsame Ermittlungsgruppen würden Doppelarbeit vermeiden helfen.
Schäuble will die Verwaltung straffen, dafür mehr Vor-Ort-Einsätze und mobile Kräfte.
Die geplante Verschlankung der Hierarchien in der Bundespolizei, etwa durch Zusammenlegung regionaler Bundespolizeiämter, ist in der Tat überfällig. Der Bund sollte mit den frei werdenden Ressourcen die Bereitschaftspolizeien der Länder übernehmen. Dann hätten diese den Spielraum, um mit den frei werdenden eigenen Polizisten den Bürgern mehr Sicherheit zu bringen.
Sie beklagen ineffektive Doppelarbeit bei den Bundesbehörden.
Bundespolizei, BKA und Zoll nehmen viele gesetzliche Aufgaben wie die Bekämpfung des organisierten Rauschgifthandels parallel wahr und ermitteln zum Teil gegen dieselben Personen, ohne es zu wissen.
Ein Beispiel?
Eine Organisation schmuggelt Rauschgift unter Nutzung von Kurieren mit falschen Papieren per Lkw nach Deutschland. Da könnte dann die Bundespolizei wegen illegaler Einreise ermitteln, der Zoll wegen des illegalen Handels und das BKA unter dem Stichwort Organisierte Kriminalität. Man hat nicht einmal eine gemeinsame Datenbank, um erkennen zu können, wie viele Bundes-Köche den Brei verderben. So werden Ermittlungen zum Teil doppelt und dreifach durchgeführt. Das muss gestoppt werden.
Was schlagen Sie vor?
Das eingesparte Geld kann man für die Beschaffung besserer Technik, die Rekrutierung von höher qualifiziertem Personal und ständige Weiterbildung einsetzen.
Interview: Joachim Wille
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Copyright © FR online 2006
Dokument erstellt am 24.11.2006 um 17:20:40 Uhr
Letzte Änderung am 24.11.2006 um 19:35:15 Uhr
Erscheinungsdatum 25.11.2006