Affäre um Bundesnachrichtendienst: Der erste echte Whistleblower und der Skandal
Wieder einmal verstehen Bürgerrechtler und Öffentlichkeit nichts von dem was gerade rund um und im Bundesnachrichtendienst passiert. Eine Erläuterung.
Der Apparat in Deutschland ist eine traditionelle Macht. Man kann sagen (und gerade Faschisten tun das gerne) er ist „die Macht“ – aber eben nur die inoffizielle, ein essentieller Baustein des Tiefen Staates, nicht die der vor zwei Jahren zu Beginn der Affäre außer Funktion gesetzten Republik. Eben diese Verwechslung von Macht und Republik macht autoritäres oder gar totalitäres Denken identifizierbar.
Was sich nun im Apparat ereignet hat, dem der Bundesnachrichtendienst seit seiner Formierung nach dem Faschismus als eine Art Überspinne vorhockt, ist Folgendes: zum ersten Mal hat ein Agent, Verzeihung, ein „Mitarbeiter“ des B.N.D. die Pflichterfüllung nach dem Grundgesetz über Korpsgeist, Kadavergehorsam und Omerta gestellt und einem gewählten Repräsentanten des Volkes (der Republik, wir verstehen das) seine Bespitzelung durch den „Auslandsnachrichtendienst“ mitgeteilt. Der Gewissenskonflikt war offenbar dieses eine Mal, bei diesem einen Whistleblower (es gibt kein deutsches Wort dafür), zu groß. Und nicht zuletzt der rechtliche Konflikt.
Denn noch einmal in Zeitlupe:
Der Obmann der größten Fraktion im Untersuchungsausschusses des Parlaments der Republik, dem Bundestag, welcher die Aktivitäten des „Auslandsnachrichtendienstes“ nicht zuletzt im Inneren eben zu untersuchen hat, wird von genau dem Spionagedienst bespitzelt den er und sein Ausschuss untersuchen sollen. Darüber wird Roderich Kiesewetter im Oktober 2014 durch einen Agent des Bundesnachrichtendienstes in Kenntnis gesetzt. Kiesewetter tritt daraufhin im Januar 2015 als Obmann der C.D.U./C.S.U.-Bundestagsfraktion im 1. Untersuchungsausschuss (B.N.D.-N.S.A.-Untersuchungsausschuss) zurück.
Dass der größte Witz, seit es parlamentarische Gremien gibt (das „Parlamentarische Kontrollgremium“), über die Affäre nicht einmal in Kenntnis gesetzt wurde, ist das Eine. Dass sich Manuel Bewarder , Florian Flade und Thorsten Jungholt in ihrer „Welt“ zum Dienstaffen machen und dem B.N.D.-Mann als Revanche seines tatsächlichen Dienstes an der Republik Spionage für die Russen anhängen wollen, ist unter aller Sau. Dass der Bundesnachrichtendienst jetzt auch noch seinen eigenen Mann wegen Geheimnisverrat (!) anzeigt, weil der in der parlamentarischen Demokratie den Obmann eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Kenntnis über Spionage seines „Dienstes“ gegen ihn informiert, setzt der Affäre noch die Krone auf. Der Zuckerguß aber ist das blödsinnige Gaffen und Starren aller feigen „Experten“ und „Bürgerrechtler“, die wieder einmal auf dem Rücken liegen und darauf warten dass man sie die Treppe hochträgt. Eine erbärmlichere Generation der Deutschen (es zählt die Staatsbürgerschaft) hat es seit dem Faschismus nicht mehr gegeben.
Einen Parlamentarier darüber zu informieren, dass ihn der Auslandsgeheimdienst illegal bei seiner Tätigkeit bespitzelt, das soll Geheimnisverrat sein?
Dass im gleichen Atemzug die Spione der „Central Intelligence Agency“, quasi die Mutti der Mutti aller „Dienste“ in der Republik, vom Bundesnachrichtendienst mit Zähnen und Klauen gegen den Generalbundesanwalt verteidigt werden, versteht sich von selbst. Doch siehe da – plötzlich kommt das Maas-Halten an sich, unser aller größter Justizminister aller Zeiten, aus der Deckung und weist seinen Generalbundesanwalt an, nicht mit der traditionellsten aller Ausreden („man hat uns ja nichts gesagt“) wieder zurückzuschleichen. „Geht doch!“, möchte man nachtreten – aber da ist nichts mehr, wohin man treten könnte.
„Geht doch in Pension“, bleibt noch übrig, in einer Republik, über die die Welt nicht mehr lacht, sondern entweder mit dem Kopf oder sich gleich ganz schüttelt.
Schönen Tag noch.