Keine weitere deutsche Beteiligung am „Krieg gegen den Terror“

Zunehmende internationale Einmischung in Syrien-Krieg

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert den Bundestag auf, keine deutschen Militäreinsätze in Syrien zu genehmigen. Der von der Bundesregierung angekündigte Einsatz von Tornado-Jets sowie die Bereitstellung einer Fregatte würde Deutschland noch tiefer in einen nicht gewinnbaren Krieg ziehen und ist zudem völkerrechtswidrig. „Der Terror, der nicht zuletzt durch westliche Militärinterventionen entstanden ist, wird nicht durch denselben einzudämmen sein. Eine Bewegung wie der sogenannte Islamische Staat lässt sich nicht militärisch `besiegen´ wie unsere Verteidigungsministerin mutmaßt. Die Erfahrungen des letzten Jahrzehnts haben gezeigt, dass militärische Interventionen den Extremismus gestärkt statt geschwächt haben,“ erklärt die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst.

Mit der Beteiligung immer mehr externer Akteure am Krieg in Syrien drohen zudem weitere gefährliche Zwischenfälle, wie zuletzt der Abschuss eines russischen Bombers durch das NATO-Mitglied Türkei. Mit jeder beabsichtigten oder unbeabsichtigten Provokation wächst die Gefahr einer internationalen Eskalation des Syrienkrieges. Dies ist umso brisanter, da mit Russland, den USA, Frankreich, Israel und Großbritannien mittlerweile fünf Atomwaffenstaaten ohne funktionierende Absprachen militärisch in Syrien agieren. Wenn Atomwaffenstaaten an einem bewaffneten Konflikt teilnehmen, besteht immer die reale Gefahr, dass Atomwaffen eine Rolle spielen. Mit einer weiteren Eskalation des Krieges könnte es sogar zum nuklearen Einsatz kommen, entweder durch Fehlkalkulation, als Antwort auf einem Fehlalarm oder in der „Hitze des Gefechts“. Die Involvierung der fünf Atomwaffenstaaten in diesem Konflikt ist deswegen mehr als besorgniserregend.

Neben den Ländern Saudi-Arabien, dem Iran, Jordanien und dem Libanon, die alle an Kämpfen in Syrien beteiligt sind, spielt die Türkei eine besonders kritische Rolle: Das Land ist nicht nur in einen eigenen Kampf gegen die Kurden verstrickt und hat in der Vergangenheit zum Erstarken des sog. Islamischen Staates beigetragen, sondern könnte als NATO-Mitglied bei der Verletzung seiner Grenzen den NATO-Bündnisfall ausrufen. Nicht zuletzt sind am türkischen NATO-Stützpunkt Incirlik bis zu 90 B61-Atombomben stationiert – nur etwa 110 km von der syrischen Grenze entfernt.

Die IPPNW fordert, dass sich die Bundesregierung mit allen zur Verfügung stehenden diplomatischen Mitteln dafür einsetzt, den Krieg in Syrien mit gewaltfreien Mitteln zu schlichten. Die Verhandlungen aller am syrischen Konflikt beteiligten Parteien in Wien müssten konstruktiv zu einem Ergebnis geführt werden, das den Menschen in Syrien eine Perspektive bietet. Am 14. November 2015 einigte sich die Internationale Unterstützungsgruppe für Syrien auf ihrer Konferenz in Wien auf gemeinsame Grundlagen für einen Weg zum Frieden im Land – allerdings ohne Beteiligung der syrischen Regierung oder Opposition. Es ist wichtig, dass alle Kriegsparteien, die diese Grundlagen akzeptieren, so schnell wie möglich mit an den Verhandlungstisch kommen. Angesichts der ernsten Lage muss dieser diplomatisch-politische Lösungsweg mit allen Mitteln unterstützt werden anstelle von ziellosen militärischen Machtdemonstrationen.

„Nur die Perspektive auf ein Leben in Sicherheit und Würde und die Aussicht auf politische Beteiligung beim Wiederaufbau der zerstörten Staaten Irak und Syrien kann langfristig dem Terror seinen Nährboden entziehen,“ so Grabenhorst.