Ein Gericht in Kabul hat den achtunddreissigjährigen Robert Langdon schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt.
Der Australier Langdon wurde im Mai 2009 festgenommen im dringenden Verdacht, seinen Kollegen Karim, einen afghanischen Wachmann erschossen zu haben. Langdon hatte damals behauptet, Taliban-Rebellen hätten aus dem Hinterhalt die Tat verübt, als er mit Karim einen Nachschubkonvoi zu begleiten hatte. (1) Er tötete den Mann mit vier Schüssen in den Körper und in den Kopf.
Nach Angaben der australischen Zeitung AdelaideNow hätte Langdon mit sechzig weiteren ausländischen und einheimischen Männern als bewaffneter Begleitschutz den Konvoi auf seiner Fahrt bewacht. Karim war der Teamleiter gewesen. Ungefähr drei Kilometer vor der Hauptstadt Maiden Shar der Provinz Wardak, die vierzig Kilometer von Kabul entfernt liegt, weigerte sich Karim weiter zu fahren, weil die Fahrbahn zu gefährlich war. Daraufhin wäre eine heftige Auseinandersetzung erfolgt, in der Langdon den Leiter der Sicherheitmannschaft erschossen hatte. Langdon liess die nepalesischen und afghanischen Wächter des Konvois in die Luft schiessen, um einen Taliban-Angriff vorzutäuschen, bei dem Karim als ein Opfer des Feuergefechtes erscheinen sollte.
Langdon plädierte vor Gericht auf Notwehr. Er sagte, dass alle wegen der Talibans sehr nervös waren und als in dem Streit Karim nach seiner (Landons) Pistole gegriffen hätte, hätte er aus Selbstschutz geschossen.
„Er griff hinüber, und ich bin Ex-Militär, so war es wie Bang-Bang-Bang-Bang. Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. Wir waren gerade von den Taliban angegriffen worden, wir wussten nicht, was los war und waren alle kribbelig. Ich war es, Karim war es wohl auch.“ behauptete er.
Das Gericht lehnte Langdons Forderungen nach verminderter Zurechnungsfähigkeit aber ab wegen dessen Eingeständnisses, dass er versucht hatte, das Verbrechen zu vertuschen, indem er eine Handgranate in den Wagen legte und mit Leib Karims abdeckte, als wäre dieser durch die explodierte Granate ums Leben gekommen. Nachdem Langdon danach die Wachen in die Luft schiessen liess, forderte er sie auf, weiter zu ihrem Ziel zu fahren.
Langdon selbst kehrte nach Kabul zurück, leerte 10000 US-Dollar von seinem Bankkonto und kaufte sich ein Ticket nach Dubai, aber er wurde auf dem Flughafen verhaftet, als er versuchte, mit dem gebuchten Flug das Land zu verlassen.
Langdon ist ein ehemaliger australischer Soldat von Port Augusta und hatte als Sicherheits-Vertragspartner in Afghanistan bei der US-Firma Four Horsemen International angeheuert. Das Unternehmen FHI ist spezialisiert auf die Vermietung von ehemaligen US- und ausländischen Spezialeinheiten für Bewachungsaufgaben in Afghanistan, von „veterans of the nation‘s elite special ops units drawn from all branches of the US military and foreign services“ und stellt ehemalige Militärs vom General-Major bis Feldwebel ein.
Australiens Verteidigungsminister John Faulkner sagte heute im australischen ABC TV, dass man sich auf hoher Ebene bemühen würde, die Vollstreckung des Urteils zu verhindern. (2)
„Ich kann Ihnen versichern, dass sich die australische Regierung und die australischen Behörden im höchsten Masse darum bemühen, dass die afghanischen Behörden die Verhängung der Todesstrafe nicht ausführen. Selbstverständlich sprechen sich die Regierung und alle zuständigen Behörden deutlich für Herrn Langdon aus, um ein Angebot der Milde von der afghanischen Justiz zu erwirken.“
Langdon Familie versucht, mit Geldsendungen an die Familie des Toten diese davon zu überzeugen, offiziell das Oberste Gericht in Kabul um Einstellung des Verfahrens zu bitten.
Der australische Ministerpräsident Kevin Rudd ist jedoch vorsichtig, sich zu sehr in die internen Angelegenheiten der afghanischen Behörden im Namen eines William Robert Langdon einzumischen. Rudd sagte, Australien hat gute laufende Beziehungen zu der afghanischen Regierung und hat zu diesem Fall Verbindungen aufgenommen wie sie das bei jedem Fall eines Australiers tun würde, der wegen eines Kapitalverbrechens in einem anderen Land verurteilt würde. (3)
„Aber ich glaube nicht, dass es klug wäre, eine Vorhersage zu der Wirksamkeit einer bestimmten Intervention von mir zu machen.“ sagte Rudd heute in einem Interview mit einem Radiosender in Perth.
„Lasst es uns schrittweise angehen. Wir werden die nächsten Beratung nach dem Bericht des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten halten, das den Fall in Kabul verfolgt. Im Fall dieser Person ist mir der Rat vom Auswärtigen Amt gegeben worden, dass Rechtsmittel durch seine Anwälte bei dem Obersten Gerichtshof von Afghanistan eingelegt werden sollten. Während dieser Rechtsbehelf im Laufen ist, habe ich nicht die Absicht, mich mit einen fortlaufenden Kommentar über den Inhalt des Falls zu engagieren. Wir geben konsularische Unterstützung und unterstützen auch die Familie in Australien. Ich denke, es ist sehr wichtig, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Wir müssen auf ein faires afghanisches Verfahren vertrauen.“
In Bezug auf die politische Intervention sagte Rudd, die Bundesregierung müsste es „nehmen, wie es kommt. Wenn Sie in der Geschäftswelt jemanden in einem Fall wie diesem helfen wollen, sagen Sie auch nicht öffentlich, wieviel Einfluss sie auf die Regierung haben, das würde der Sache schaden.“
Langdon Familie versucht nun mit Geldsendungen an die Familie des Toten diese davon zu überzeugen, offiziell das Oberste Gericht in Kabul um Einstellung des Verfahrens zu bitten.
Langdon grösste Hoffnung ist die afghanischen Tradition ibra oder Vergebung, die eine Familie über den Verlust eines geliebten Menschen im Austausch für eine Abfindung gewährt. Die afghanischen und australischen Rechtsanwälte versuchen diese Lösung zu erreichen.
Richter Abdul Khalil Modafe des afghanischen Gerichtes sagte, Vergebung sei ein wichtiger Bestandteil der afghanischen Kultur und hätte zu Langdon gesagt
„Sie müssen sie davon überzeugen. Weil Sie ein junger Mensch sind, werden wir Ihnen zu helfen. Wenn Sie versuchen könnten, mit der Familie eine Vergebung zu vereinbaren, wird Ihnen der Oberster Gerichtshof helfen.“
Anfang Januar wurden zwei US-Sicherheits-Vertragspartner, die für Paravant LLC, eine Tochtergesellschaft der Xe, die zuvor als Blackwater weltweit bekannt war, in Afghanistan verhaftet. Sie hatten zwei Afghanen in Kabul ermordet und einen Dritten
verwundet. (1)
Kriegsfürsten und Gebietsherren lassen sich ihre Dienste von der ISAF gut bezahlen, Konvois unbehelligt passieren zu lassen, auch dann, wenn sie von der Regierung in ihr Amt eingesetzt werden. Je gefährlicher die Situation ist, um so höher die Einnahmen, die einer Schutzgelderpressung gleicht. Warum sollten sie auf diese und andere lukrative Geldquellen auf einmal verzichten?
Die Afghanistan-Truppenaufstockungskonferenz wird daran nichts ändern, sondern im Gegenteil die Lage weiter eskalieren lassen.
Dem Land helfen ausschliesslich nur zivile Unterstützungen aus dem Ausland im Aufbau der Infrastruktur. Afghanistan kann sich nur selber helfen und versuchen, die Korruptionen so weit wie möglich einzudämmen.
Die Armee und Polizei, zusammengesetzt aus verschiedener ethnischer Abstammung, mit westlichen Waffen auszurüsten bringt nur neue Probleme mit sich, denn eine sehr grosse Anzahl der Waffen wird einfach weitergereicht, sei es aus Geschäftssinn oder Zugehörigkeitsgefühl zu ihren lokalen Gruppen.
Auf die Loyalität der bewaffneten Organe gegenüber der Regierung in Afghanistan zu setzen ist hier eine direkte Beihilfe zur weiteren Eskalation der Lage, und die westlichen Regierungen wissen das auch genau.
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Quellen:
(1) http://alertnet.org/thenews/newsdesk/SGE60Q002.htm
(2) http://www.heraldsun.com.au/news/breaking-news/rudd-working-to-save-former-digger-from-death-row/story-e6frf7jx-1225823968318
(3) http://www.news.com.au/adelaidenow/story/0,,26640578-2682,00.html
(4) http://www.theaustralian.com.au/news/nation/aussie-robert-langdon-facing-death-in-kabul/story-e6frg6nf-1225823771967