Weshalb denken Medien lautstark über Ban Ki-moon als koreanischen Präsidentschaftskandidaten nach?

Die Republik Korea erlebt keine „friedliche“ Revolution. Alle Zeichen deuten auf einen versteckten Putsch zum Sturz der Staatspräsidentin der Republik Korea hin.

Binnen kürzester Frist wird synchronisiert in der Presselandschaft eine neue Choreografie aufgeführt. Eine Meldung mit Andeutungen erscheint in einem Leitmedium und alle marschieren im Gleichschritt mit. Es geht um den koreanischen Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen, der im Januar 2017 sein Amt an seinen Nachfolger abtritt und seinem zukünftigen Platz in der Politik in der Republik Korea, seinem Heimatland.

Ban Ki-moons Rolle wird von einem grossen Teil der Presse als neuer Präsidentschaftskandidat dargestellt. Die nächsten regulären Wahlen finden im Dezember 2017 statt und Ende Februar 2018 wird der neugewählte Präsident ins Amt eingeführt. Eigentlich ist das kein weltbewegender Grund, jetzt so aufällig loszurennen wie beim Endspurt eines Marathonlaufs als würde es ums Ganze gehen und diese Botschaft weltweit aufdringlich zu verbreiten – es sei denn, jemand hat grösstes Interesse daran.

Schon Ende Mai 2016 wurde genau die gleiche Botschaft, wenn auch nicht mit dem jetzigen Nachdruck, bei dem Besuch des U.N.O.-Generalsekretärs als Sprecher auf dem dreitägigen Jeju Forum verbreitet und wo er sich mit dem ehemaligen Premierminister Kim Jong-pil, der als „Königsmacher“ gilt sowie mit dem Chefideologen der regierenden Saenuri-Partei (der ehemaligen Grand National Party, umbenannt in 2012) traf.

Während des Aufenthaltes startete die Zeitung JoongAng Ilbo probeweise eine Umfrage über die Aussichten, in der Ban Ki-moon über 28 Prozent und Moon Jae-in von der Oppositionspartei Minjoo und der als schärfster Konkurrent gilt, 16 Prozent erhielt. Ban ki-moon, der diese von den Medien verbreiteten Ambitionen nie dementierte, hätte ein Jahr lang Zeit gehabt, sich auf den Wahlkampf vorzubereiten und gute Chancen zum Nachteil der Mitbewerber, diesen bei seinem Ansehen als Ex-Chef der U.N.O. im Land zu gewinnen. Zumal es nach aussen den Anstrich hat, durch seine jahrelange Abwesenheit nicht in innerstaatliche Klüngeleien verstrickt zu sein.

Zu dem im April diesen Jahres stattgefundenen Parlamentswahlen verlor die Regierungspartei 24 Sitze und damit die Kontrolle über das Parlament. Für die Regierung ein Desaster.

Nun aber wird es interessant. Seit Oktober 2016 bis heute gibt es jeden Samstag gut organisierte Massenproteste gegen die derzeitige Präsidentin und Hardlinerin Park Geun-hye, die Woche für Woche mit der Anzahl der daran Beteiligten rasant zunehmen. Begonnen haben diese Demonstrationen mit ein paar tausend Personen, auf der letzten wurde die Zahl 1,7 Millionen genannt. Die Massenkundgebungen verlaufen friedlich, an der sich Universitäten, Gewerkschaften und Teilnehmer aus allen Gesellschaftsschichten beteiligen. In manchen Berichten heisst es, sie seien volksfestartig mit zum Teil ausgelassener Stimmung, die samstags viele Familien mit Kindern anziehen. Für entsprechende Festival-Infrastruktur wurde gesorgt um möglichst viele Menschen auf die Strassen zu holen.

Laut Umfragen unterstützten 81 Prozent der Bevölkerung eine Absetzung der Staatspräsidentin.

Auslöser dafür waren Enthüllungen über Korruptionsaffären einer engen Vertrauten, Choi Soon-sil und das angebliche Versagen der Präsidentin zur Rettung der Passagiere nach dem Fährunglück mit über dreihundert Todesopfern am 16. April 2014. Choi Soon-sil kehrte am 30.Oktober 2016 nach einem längeren Aufenthalt in Deutschland in ihre Heimat zurück und befindet sich in Untersuchungshaft.

Infolgedessen entwickelte sich eine rasche Dynamik. Würden jetzt Neuwahlen für das Amt des Staatspräsidenten abgehalten werden, hätte die Saenuri-Partei bei der herrschenden Stimmungslage wohl kaum Aussichten, diesen zu stellen.

Am 9.Dezember 2016 hat das Parlament bei einer Abstimmung mit 234 der 300 Abgeordneten inklusive einen erheblichen Anteil von Saenuri-Parteimitgliedern ein Amtsenthebungsverfahren beschlossen. Letztere halten 128 Abgeordnetensitze.

Park Geun-hye, die im Jahr 2012 nur knapp mit 51,5 Prozent gewählt wurde, wurde von ihrem Amt suspendiert, aber nicht enthoben und geniesst damit weiterhin Immunität. Der Parlamentsbeschluss muss vom Verfassungsgericht in einem Zeitraum von sechs Monaten bestätigt oder zurückgewiesen werden. Solange übernimmt der parteilose Premierminister Hwang Kyo-ahn die Staatsgeschäfte. Hwang Kyo-ahn war bis 2011 Generalstaatsanwalt, anschliessend führendes Mitglied in der nationalen Wahlkommission. Nach dem knappen Sieg wurde er von der neuen Staatspräsidenten zum Justizminister bis 2015 ernannt und zuletzt zum Premierminister.

Wer auch immer für die Ereignisse in der Republik Korea verantwortlich zeichnet: eine „Revolution“ von unten ist das nicht. Die Menschen, die wie in anderen Ländern im Zuge der „weltweiten Wirtschaftskrise“ und „Globalisierung“ an Perspektivlosigkeit und Verarmung leiden, werden ganz offensichtlich missbraucht für Machtinteressen. Diese beziehen sich nicht nur auf das eigene Land sondern gehen weit darüber hinaus unter Beteiligung ausländischer Kräfte. Ganz gleich, welche Partei den künftigen Staatspräsidenten stellen wird, für die Bevölkerung wird sich nichts ändern.

Während der Amtszeit der Staatspräsidentin wurde in diesem Jahr im Juli auf Druck der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die jahrelang geplante Stationierung des Raketenabwehrsystems High Altitude Area Defense (THAAD) gebilligt.

Anfang September 2015 reiste Park Geun-hye nach Peking zu einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Eines der Themen war, die Halbinsel zu denuklearisieren.

Es gibts so viele militärische, wirtschaftliche und persönliche Faktoren, die zu den derzeitigen Ereignissen in der Republik Korea führten, die keine seriöse Einschätzung erlauben.

Keinesfalls sollte unkritisch der „Aufstand gegen die Regierung“ betrachtet und als solcher gefeiert werden. Das gilt auch für diverse Beschreibungen über Zustände im Land, die im Internet kursieren. In den letzten zehn Jahren gibt es Beispiele genug, wie Menschen bitter betrogen wurden. Dieser Artikel soll als Denkanstoß dienen und es liegt uns fern, Park Geun-hye in irgendeiner Form bei diesem Intrigenspiel zu verteidigen.

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Quelle http://www.telegraph.co.uk/news/2016/05/30/does-plodding-un-chief-ban-ki-moon-have-his-eye-on-becoming-sout/