Die Menschen in Syrien wollen verzweifelt Frieden

Tulsi Gabbard, Abgeordnete zum US-Repräsentantenhaus (Demokraten, Hawaii)

Während ein großer Teil Washingtons sich auf die Amtseinführung von Präsident Donald Trump vorbereitete, verbrachte ich die vergangene Woche auf einer Fact-finding-Mission (Informationstour) in Syrien und Libanon, um direkt von den Menschen in Syrien zu sehen und zu hören. Ihre Leben wurden aufgebraucht von einem schrecklichen Krieg, der Hunderttausende von Syrern getötet und Millionen gezwungen hat, auf der Suche nach Frieden aus ihrem Heimatland zu flüchten.

Es ist jetzt klarer als je zuvor: dieser Regimewechselkrieg dient nicht dem Interesse Amerikas, und gewiss liegt er nicht im Interesse des syrischen Volkes.

Ich bereiste Damaskus und Aleppo und hörte Syrern aus verschiedenen Teilen des Landes zu. Ich traf vertriebene Familien aus dem Ostteil von Aleppo, aus Raqqah, Zabadani, Latakia und aus den Vororten von Damaskus. Ich traf syrische Oppositionsführer, die die Proteste 2011 anführten, Witwen und Kinder von Männern, die für die Regierung kämpften und Witwen von solchen, die gegen die Regierung kämpften. Ich traf den neu gewählten Präsidenten des Libanon Aoun und Premierminister Hariri, US-Botschafterin im Libanon Elizabeth Richard, den syrischen Präsidenten Assad, Großmufti Hassoun, Erzbischof Denys Antoine Chahda von der syrisch katholischen Kirche in Aleppo, muslimische und christliche Religionsführer, humanitäre Helfer, Akademiker, Studenten, kleine Geschäftsleute, und mehr.

Ihre Botschaft an das amerikanische Volk war machtvoll und gleichbleibend: Es gibt keinen Unterschied zwischen „gemäßigten“ Rebellen und al-Qaeda (al-Nusra) oder ISIS – die sind alle die selben. Das ist ein Krieg zwischen Terroristen unter dem Kommando von Gruppen wie ISIS und al-Qaeda und der syrischen Regierung. Sie flehen die Vereinigten Staaten von Amerika und andere Länder an, mit der Unterstützung derjenigen aufzuhören, die Syrien und seine Menschen zerstören.

Immer und immer wieder hörte ich diese Botschaft von denen, die unaussprechliche Schrecken erlitten und überlebt haben. Sie baten mich, ihre Stimme an die Welt weiterzugeben, verzweifelte Stimmen, die nicht gehört wurden aufgrund der falschen, einseitigen Berichte, die ein Narrativ vorangetrieben haben, das diesen Regimewechselkrieg auf Kosten von syrischen Leben unterstützt.

Ich hörte Zeugnisse darüber, wie friedliche Proteste gegen die Regierung, die 2011 begannen, schnell von wahabitischen Jihadistengruppen wie al-Qaeda (al-Nusra) übernommen wurden, welche von Saudiarabien, Türkei, Qatar, den Vereinigten Staaten von Amerika und anderen Ländern finanziert und unterstützt wurden. Diese nützten die friedlichen Demonstranten aus, übernahmen ihre Gemeinwesen und töteten und folterten Syrer, die mit ihnen im Kampf zum Sturz der Regierung nicht kooperierten.

Ich traf ein muslimisches Mädchen aus Zabadani, die 2012 im Alter von 14 Jahren von „Rebellengruppen“ entführt, immer wieder geschlagen und vergewaltigt wurde, die wütend waren, weil ihr Vater, ein Schafhirt, ihnen nicht sein Geld gab. Sie erlebte voller Schrecken, wie maskierte Männer ihren Vater in ihrem Wohnzimmer ermordeten und ihr gesamtes Magazin voll Patronen in ihn schossen.

Ich traf einen Buben, der entführt wurde, als er auf der Straße ging, um Brot für seine Familie zu kaufen. Er wurde gefoltert, mit der Wasserfolter („waterboarding“) und Stromschlägen, wurde an ein Kreuz gefesselt und ausgepeitscht, und das alles, weil er sich weigerte, den „Rebellen“ zu helfen – er sagte ihnen, dass er in die Schule gehen wollte. Auf diese Weise behandeln die „Rebellen“ die Menschen in Syrien, die nicht mit ihnen kooperieren oder deren Religion ihnen nicht passt.

Obwohl sie gegen die Regierung Assad ist, brachte die politische Opposition ihre unerbittliche Ablehnung des Einsatzes von Gewalt zur Erreichung politischer Reformen zum Ausdruck. Sie sagen, dass, wenn die wahabitischen Jihadisten, die von Regierungen aus dem Ausland unterstützt werden, den syrischen Staat erfolgreich stürzen würden, das Syrien und seine lange Geschichte einer säkularen pluralistischen Gesellschaft zerstören würde, in der Menschen aller Religionen friedlich zusammengelebt haben. Obwohl diese politische Opposition weiterhin Reformen anstrebt, steht sie felsenfest zum syrischen Staat, solange ausländische Regierungen mit jihadistischen Terroristengruppen zwecks Regimewechsel einen Stellvertreterkrieg gegen Syrien führen, während sie friedlich für ein stärkeres Syrien für alle Syrer arbeitet.

Ursprünglich hatte ich keine Absicht, Assad zu treffen, aber als sich die Gelegenheit dazu ergab, hatte ich das Gefühl, dass es wichtig war, sie zu nützen. Ich denke, dass wir bereit sein sollen, jeden zu treffen, wenn eine Chance besteht, dass das dazu beiträgt, diesen Krieg zu beenden, der den Menschen in Syrien so viel Leiden bringt.

Ich kehre zurück nach Washington, DC, mit noch größerer Entschlossenheit, unseren illegalen Krieg zum Sturz der syrischen Regierung zu beenden. Vom Irak bis Libyen und jetzt Syrien haben die Vereinigten Staaten von Amerika Kriege mit dem Ziel von Regimewechsel geführt, von denen jeder zu unvorstellbaren Leiden, verheerendem Verlust von Leben und der Stärkung von Gruppen wie al-Qaeda und ISIS geführt hat.

Ich fordere den Kongress und die neue Administration auf, sofort auf die Bitten der Menschen Syriens zu reagieren und das Stop Arming Terrorists Act (Gesetz zur Beendigung der Bewaffnung von Terroristen) zu unterstützen. Wir müssen aufhören, direkt oder indirekt Terroristen zu unterstützen – direkt, indem wir Rebellengruppen, die mit al-Qaeda und ISIS verbunden sind, Waffen, Ausbildung und logistische Unterstützung zur Verfügung stellen, und indirekt durch Saudiarabien, die Golfstaaten und die Türkei, die ihrerseits diese terroristischen Gruppen unterstützen. Wir müssen unseren Krieg zum Sturz der syrischen Regierung beenden und unsere Aufmerksamkeit auf die Zerschlagung von al-Qaeda und ISIS konzentrieren.

Die Vereinigten Staaten von Amerika müssen aufhören, Terroristen zu unterstützen, welche Syrien und seine Menschen zerstören. Die Vereinigten Staaten von Amerika und andere Länder, die diesen Krieg in Gang halten, müssen sofort damit aufhören. Wir müssen dem syrischen Volk die Möglichkeit geben, zu versuchen, sich von diesem furchtbaren Krieg zu erholen.

Ich danke Ihnen

Tulsi

Orginalartikel „The Syrian People Desperately Want Peace“ vom 26. Januar 2017

Quelle: http://antikrieg.com/aktuell/2017_01_26_diemenschen.htm