…und wir sollten es laut tun. Jena sollte sich jetzt überlegen, wo es eigentlich hin will! Und jeder sollte mitmachen können! Weg von der Konzernstadt, hin zur Bürgerkommune!
Der Eichplatz hat gerade einen neuen Rahmenplan bekommen, der Bebauung des Inselplatzes wird uns demnächst vorgesetzt, die Nutzung des Engelplatzes wurde auch gerade wieder im Stadtrat ohne Bürgerbeteiligung beschlossen, das gesamte Bachstraßenareal incl. der Kinderklinik harren neuer Ideen, und ein großer Teil des Schottgeländes stehen leer. Jenas Innenstadt steht vor einer Neugründung! Nur die Stadt- und Landesplanung teilen die Flächen noch immer in einzelne Kuchenstücke ein. Nirgendwo in Jena gibt es soviel Spielraum für eine neue, nachhaltige und zukunftsfähige Stadtplanung.
Diese Debatte ist jedoch nicht neu. Seit vielen Jahren setzen sich Jenaer Bürger für eine Stadtplanung von unten, also vom Bürger aus gedacht, ein. In völliger Ignoranz der Stadtpolitik und auch der politischen Spitze der Verwaltung hatte diese Debatte den Höhepunkt mit der Bürgerbefragung zum Eichplatz. Seitdem versuchen einzelne Personen des politischen Lebens in Jena ihre Idee der Konzernstadt bzw. der unternehmerischen Stadt weiter zu verfestigen. Bürgerbeteiligung spielt in der Debatte keine Rolle mehr, wie man in einigen Beschlüssen des letzten Stadtrates wieder sehr gut beobachten konnte.
Es sind letztendlich auch wirklich zwei Seiten einer Medaille. Vielleicht müsste man auch beide Modelle konkurrierend nebeneinanderstellen, um in einen Diskurs treten zu können. Aber wichtig ist vor allem die Debatte, die nicht nur in Jena geführt wird. Das stellt die Stadtgesellschaft vor enorme Aufgaben und aktuelle Probleme, wenn letztendlich nur eine kleine Elite für sich beschließt, wie es mit der Stadt weitergehen soll und es dann Kraft ihrer Wassersuppe (geliehene Macht durch Wahl oder Amt) umsetzt. Wichtig dabei ist es und auch zu jeder Stadtratssitzung zu beobachten, möglichst keine Transparenz und Öffentlichkeit zuzulassen.
Ich glaube aber nicht an einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Tenor des gutheißens dieser Art des Umgehens mit Demokratie im 21. Jahrhundert. Ich sehe dies als ein Überbleibsel der Logik aus alten DDR Zeiten (vielleicht ist es auch typisch deutsch), alles kontrollieren zu wollen, unterstützt durch willfähriges Personal. Die Zukunft ist positiv und sie wird die Menschen wieder in den Mittelpunkt stellen, ja sie werden sich selber wieder in den Mittelpunkt stellen bzw. tun sie dies bereits.
Deshalb ist es auch gerade die Bürgerbeteiligung, die durch Transparenz und Öffentlichkeit gefördert werden muss. Mitmachen muss jeder können, aber vor allem Menschen, die in der Stadt leben und arbeiten. Ein lokaler und regionaler Ansatz einer Stadtentwicklung muss der Logik einer Stadt als Durchlauferhitzer vorangehen. Man muss die Stadt wieder für diese Menschen gestalten, die hier leben und nicht für die Menschen, die man gerne haben möchte. Und diesen Prozess müssen wir sichtbar machen, jeder Bürger soll es ruhig wissen, was es für Ideen, Probleme und Wünsche gibt!
Und genau so sollten wir unsere Stadt verstehen, als einen Organismus. Und noch wichtiger erscheint mir, die aktuelle Debatte vor allem auch mit den jungen Menschen in unserer Stadt zu führen. Als Bildungshauptstadt sollten wir endlich nicht mehr nur die Institutionen separat betrachten, sondern sie in die Entwicklung unserer Stadt einbeziehen. Wo stehen wir, wo wollen wir hin und was ist gut für Jena. Eine Stadt mit Debattenkultur im öffentlichen Raum, bei dem jeder partizipieren kann. Das wäre eine Idee von mir, ohne große politische oder verwaltungsseitige Einschränkungen. Einfach nur dem Gedanken folgend, dass wir eine Stadt schaffen wollen, die bis 2050 eine Stadt geworden ist, in der die Menschen wieder als Menschen leben können und mehr nur als ökonomischer Bestandteil einer Stadtpolitik verstanden werden. Zu viel Vision? Ich denke nein!
Dieser Prozess muss aber auch mit einer zukunftsfähigen Architektur einhergehen. Der Jenaer Beliebigkeit sollte endlich auch mal wieder Anspruch folgen. Und nicht nur im Aussehen, sondern vor allem auch in der gesamten Funktionalität von Räumen. Also lasst uns alle wieder mehr in die Stadt reinhören und miteinander ins öffentliche Gespräch kommen. Es ist schon verrückt, dass ich jetzt nach 10 Jahren Jenapolis sowas schon wieder formulieren muss, denn geändert hat sich grundsätzlich am Umgang mit der Stadt und den Bürgern nichts. Woran das wohl liegt?
Wir müssen nicht immer gleich die ganze Welt verändern, die Stadt, in der wir leben, würde für den Anfang schon ausreichen!
Erstveröffentlichung am 19.2.2017 auf arnepetrich.de unter https://www.arnepetrich.de/nur-weil-wir-fertig-werden-wollen-duerfen-wir-nicht-aufhoeren-zu-traeumen/