Regierungskandidat Lenín Moreno wird neuer Präsident von Ecuador

Beitrag von Kerstin Sack, Timm B. Schützhofer und Harald Neuber vom 3.4.2017

Vertreter der regierenden Alianza País setzt sich knapp gegen Neoliberalen Lasso durch. Opposition erkennt Ergebnis nicht an, gewalttätige Ausschreitungen

In Ecuador hat am Sonntag der Kandidat des linken Regierungslagers, Lenín Moreno, nach einem heftig geführten Wahlkampf die Stichwahl um das Präsidentenamt gewonnen. Der 64-Jährige tritt damit die Nachfolge des bisherigen Staatschefs Rafael Correa an und führt den als „Bürgerrevolution“ bezeichneten Reformprozess weiter. Vertreter der Opposition und des rechtsgerichteten Bündnisses Creo-Suma zweifelten die Wahl an, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Nach Auszählung von 94 Prozent der Stimmen entfielen auf Moreno von der regierenden Alianza País (AP) 51,07 Prozent. Der Kandidat der Opposition, Guillermo Lasso, erthielt 48,93 Prozent. Bereits am frühen Abend gab der Präsident des Nationalen Wahlrates (CNE), Pedro Pozo, das vorläufige Resultat bekannt. Mit rund 200.000 Stimmen Vorsprung sei das Ergebnis unveränderbar, so Pozo.

Dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird, hatte sich schon früh am Wahltag abgezeichnet. Während das Umfrageinstitut Perfiles de Opinión den Kandidaten der Regierungspartei AP mit 52,2 Prozent als Sieger angab, sah Cedatos den rechen Kandidaten bei 53,02 Prozent in Führung. Der CNE und das Regionalbündnis Union südamerikanischer Nationen (Unasur) riefen dazu auf, die offiziellen Ergebnisse abzuwarten. Lasso erklärte sich dennoch bereits nach Bekanntgabe der Ergebnisse von Cedatos zum neuen Präsidenten. Später kündigte er an, das Ergebnis anzufechten.

Lasso war vor allem von privaten Medienkonzernen massiv unterstützt worden. Diese hatten bereits vor den Wahlen den Weg für ‚unpopuläre Maßnahmen‘ vorbereitet. So wurde Lasso von der Tageszeitung El Expreso nach Kürzungsmaßnahmen in den ersten hundert Tagen einer möglichen Präsidentschaft befragt. In seinen Antworten hielt er an seinem Versprechen fest, Steuern zu senken, um das Wachstum zu fördern. Kürzungen werde es nur bei der Bürokratie und nicht bei den einfachen Staatsangestellten geben.

In der Stichwahl wurde der neoliberale Lasso auch von einigen Parteien und Bewegungen der traditionellen Linken und Teilen der Indigenenbewegung unterstützt, die sich nach rechts gewandt hatten. Dies war bei Vertretern des progressiven Lagers auf harsche Kritik gestoßen. Als „völlig unverständlich“ bezeichnete der Correa-Vertraute und Chef der Marktkontrollbehörde, Pedro Páez, die Haltung eines Teils der ehemaligen Linken, dem er persönliche Befindlichkeiten im Disput mit dem scheidenden Staatschef vorwarf. „Was ich nicht nachvollziehen kann, ist dieses völlig vergiftete politische Klima, die völlige Irrationalität, die ja soweit reicht, dass einige der von ihnen genannten Akteure, die sich als links bezeichnen, zuletzt den Kandidaten der neoliberalen Rechten, Guillermo Lasso, unterstützten, einem Banker, der nicht nur ein Vertreter von Opus Dei ist, sondern der als bekennender Neoliberaler ganz offen für die Abwicklung aller sozialen Errungenschaften der vergangenen Jahre eintritt“, sagte Páez gegenüber amerika21. Die Unterstützung von ehemaligen Vertretern des Regierungslagers kam Lasso zugute.

Im Vorfeld hatte die Opposition schon deutlich gemacht, dass sie das Ergebnis der Wahlen, falls sie verliert, nicht anerkennen werde. Vertreter von Creo-Suma erklärten gegenüber internationalen Wahlbeobachtern in der Nacht zum Montag, sie seien nicht bereit, das Ergebnis öffentlich anzuerkennen. Auf kritische Fragen, wie sie eine Wahlfälschung beweisen wollen und warum sie keine Klagen beim CNE eingereicht hätten, reagierten die Oppositionellen zunehmend ungehalten. Bei den Wahlbeobachtern stieß diese Haltung wiederum auf deutliche Kritik. Einer ihrer Vertreter sah durch die Haltung von Creo-Suma die gesamte Mission in Frage gestellt.

In Live-Übertragungen im Fernsehen waren indes in mehreren Städten Versammlungen von Anhängern der Opposition zu sehen, die in einigen Fällen in Gewalt umschlugen. So versuchten Demonstranten in der Provinz Manabí, die Lieferung der Wahlunterlagen in das Gebäude des CNE zu verhindern. In Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors, erklärte Lasso gegenüber Anhängern, dass sie die Wahlen gewonnen hätten, und dies in den kommenden Tagen beweisen würden. Auch forderte er die Neuauszählung der Stimmen.

Nach Bekanntgabe des vorläufigen Endergebnisses sprach schließlich auch Moreno von einem Wahlsieg und bot „allen, die ein besseres Ecuador wollen“ die Zusammenarbeit an.

Um 00.00 Uhr gab der CNE das letzte Kommuniqué heraus. Die Parteien haben nun das Recht, Reklamationen in Bezug auf den Wahlprozess einzureichen. In allen Wahllokalen hatten Vertreter von Creo und AP gegenüber den Wahlbeobachtern keinerlei Beschwerden geäußert, alles liefe ruhig und geordnet ab. Während der Wahl kam es zu keinen Zwischenfällen.

Erstveröffentlichung auf Portal amerika21.de