Liliputaner-Land

Merkel könnte bis zum Jahre 2040 auch Ewige Geschäftsführende Kanzlerin bleiben. Nur dann wird es mit den Neuwahlen in 2018 nichts.

Es gibt kein Selbstauflösungsrecht der Demokratie, nicht mit dem Grundgesetz. Das gilt auch die Parlaments-Simulation namens Bundestag. Bislang wurde dieses klare Verfassungsrecht, dass das gewählte Parlament nicht einfach aufgelöst werden kann, weil irgendwem nicht passt was die Liliputaner da zusammengewählt haben, zweimal durch eine gemeinsame Kollaboration aller Parteien des Parlamentes, der Kanzler, des Präsidenten und des Bundesverfassungsgerichts „umgangen“:

– 1982 unter dem gerade verfassungsgemäß gewählten Kanzler Helmut Kohl
– 2005 durch Kanzler Gerhard Schröder, noch am Abend einer Wahlniederlage im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (bei der übrigens eine vielversprechende neue Partei namens „Wahlalternative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ WASG immerhin 2.2 Prozent holte um dann anschließend gepflegten Selbstmord zu begehen)

Beide Male wurde dafür missbräuchlich, und vor aller Augen, Artikel 68 Grundgesetz benutzt. Dieser lautet:

Artikel 68
(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen.

Sie haben die Fettmarkierung bemerkt. Da steht nichts von geschäftsführender Kanzlerin. Natürlich steht da auch nichts von vorgetäuschtem Misstrauen oder Betrug, aber man ist ja flexibel, auch und gerade in Karlsruhe.

Wie ernst nun die Lage bei den laufenden Koalitionsverhandlungen (alias „Sonderierungen“) von „Jamaika“ ist, kann man daran ermessen, dass die „Welt“ mal vom Grundgesetz erzählen muss.

Wir halten also fest: erst die Kanzlerwahl, dann Neuwahlen (unter Missachtung von Geist und Sinn der Verfassung). (dazu mehr in der untenstehenden Aktualisierung)

Der Staat (und heute immerhin weniger das Volk) der Deutschen wollte nie eine Demokratie und kann die auch nicht. Er hat sich nicht nur seit dem Faschismus im Kern nicht verändert, sondern nie. Der Staat macht nur das wozu er vom Grundgesetz direkt und mit konkreter Zeitvorschrift gezwungen wird. Und auch das nur unter äußerstem Widerwillen und allerlei schmutzigen Manipulationen.

Z.B. hat die Vormundschaft der Deutschen vier Jahre nach dem Faschismus diesen zwar ins Grundgesetz diktiert, dass sie gefälligst ein Parlament zu wählen haben. Und diesem, dass es sich spätestens 30 Tage nach seiner Wahl auch zu konstituieren hat.

Ebenso, dass er sich eine Geschäftsordnung zu geben und sechs Ausschüsse zu bilden hat. Nur leider nicht wann. Also passiert es nicht. (25.10.2017, „Hauptausschuss“: Wie der Bundestag in „neuer Staatspraxis“ erneut die Verfassung ignoriert)

Auch ist dem Parlament nicht diktiert worden, dass er auch tagen muss, der Bundestag. Also tagt er fast sieben Monate im Jahr überhaupt nicht. Und auch kein einziger seiner Ausschüsse. Weil die nämlich laut immer noch geschäftsführender Geschäftsordnung aus 2013 dafür eine Sondergenehmigung des Präsidenten vom Bundestag brauchen. (7. August 2015, Landesverrat und Staatsaffäre: Parlamentspräsident Lammert, genehmigen Sie endlich eine Sitzung des Rechtsausschusses)

Entsprechend fällt offenbar derzeit keinem in Deutschland auf, dass das Parlament nach seiner Wahl und der konstituierenden Sitzung – haarscharf am zwingend vorgeschriebenen Zeitlimit, am 24. Oktober – nicht ein einziges Mal regulär getagt hat.

Ebenfalls ist dem Bundestag vom Grundgesetz nicht diktiert worden, wann es den Kanzler / die Kanzlerin wählen muss.

Rein verfassungsrechtlich könnte also die Ewige Kanzler Angela Merkel auch Ewige Geschäftsführende Kanzlerin sein, ohne sich jemals wieder von irgendwem oder irgendwas wählen lassen zu müssen. Auch nach der nächsten, leiiider nicht zu vermeidenden Bundestagswahl in 2021.

Nur muss der Staat bis dahin mit diesem Parlament leben. Ob er das aushält?

Ergänzung 20.11.2017, aus aktuellem Anlass:

Erst die Kanzlerwahl, dann Neuwahlen, aber nicht unter Missachtung von Geist und Sinn der Verfassung sondern nach Vorschrift, wäre eine verlorene Kanzlerwahl nach Artikel 63 Absatz 4 Grundgesetz, in welcher ein Kandidat bzw die geschäftsführende Kanzlerin eine Wahl verliert bzw keine Mehrheit im Bundestag bekommt, dann vierzehn Tage wartet, sich dann erneut im Bundestag zur Wahl stellt und hofft, dass sie „die meisten Stimmen erhält“ (Zitat Grundgesetz). Tut sie das, gibt das Grundgesetz dem Bundespräsidenten sieben Tage Zeit hat entweder sie zur Kanzlerin zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen, also Neuwahlen auszurufen.

Auch dazu der Hinweis: Es gibt leider keinen vom Grundgesetz zwingend und direkt vorgeschriebenen Zeitrahmen, an dem die geschäftsführende Kanzlerin das tun muss.