Dokumentation
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DIE UMLENKUNG
von SEYMOUR M. HERSH
übersetzt von Daniel Neun, keine Gewähr
Fördert die neue Politik der Administration unsere Feinde in dem „Krieg auf Terrorismus?“ („war on terrorism“)
EINE STRATEGISCHE VERSCHIEBUNG
In den letzten Monaten, während sich die Situation im Irak verschlechterte, hat die Bush-Administration, sowohl in ihrer allgemeinen Diplomatie als auch in ihren Geheimdienstoperationen, erheblich ihre Strategie im Mittleren Osten verschoben.
Die „Umlenkung“, wie einige innerhalb des Weißen Hauses die neue Strategie genannt haben, hat die Vereinigten Staaten näher an eine offene Konfrontation mit dem Iran geführt und, in Teilen der Region, in einen sich ausbreitenden sektiererischen Konflikt zwischen schiitischen und sunnitischen Moslems getrieben.
Um den Iran zu untergraben, der überwiegend schiitisch dominiert ist, hat die Bush-Administration, realistisch betrachtet, entschieden, ihre Prioritäten im Mittleren Osten neu zu setzen. Im Libanon hat die (Bush-)Administration mit Saudi-Arabien`s Regierung, die sunnitisch ist, bei verdeckten Operationen kooperiert, deren Ziel es war, die Hisbollah zu schwächen, die schiitische Organisation, die durch den Iran unterstützt wird. Die U.S. haben auch an den verdeckten Operationen teilgenommen, die auf den Iran und an seinem Verbündeten Syrien zielten. Eine Nebenerscheinung dieser Tätigkeiten war das das Stärken der sunnitischen Extremisten-Gruppen gewesen, die eine militante Vision des Islams unterstützen und feindlich gegenüber Amerika und symthatisierend gegenüber Al-Qaeda sind.
Ein widersprüchlicher Aspekt der neuen Strategie ist, daß, im Irak, die meisten der gewalttätigen Aktionen durch Aufständische von sunnitischen Kräften verübt worden sind, nicht von Schiiten. Aber, aus der Perspektive der (Bush-)Administration, ist die tiefschürfendste – und unbeabsichtigtste – strategische Konsequenz des Irak-Krieges die Stärkung des Iran. Dessen Präsident, Mahmoud Ahmadinejad, hat trotzige Bemerkungen über die Zerstörung von Israel und das Recht seines Landes sein Atomprogramm auszuüben gemacht, und letzte Woche sagte sein Oberster religiöser Führer, Ajatollah Ali Khamenei im Staatsfernsehen, daß „die Realitäten in der Region zeigen, daß die arrogante Front, angeführt von den U.S. und ihren Verbündeten, der Hauptverlierer in der Region ist.“
Nachdem die Revolution von 1979 eine religiöse Regierung an die Macht brachte, brachen die Vereinigten Staaten mit dem Iran und suchten engere Beziehungen mit den Führern sunnitisch-arabischer Staaten wie Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien. Diese Kalkulation wurde nach den Angriffen vom 11.September komplizierter, besonders hinsichtlich der Saudis. Al Qaeda ist sunnitisch und viele ihrer Agenten („operatives“) kamen von den extrem religiösen Kreisen innerhalb Saudi-Arabiens. Vor der Invasion vom Irak, 2003, nahmen die Beamten der Bush-Administration, beeinflußt von den neokonservativen Ideologen, an, daß dort eine schiitische Regierung eine pro-amerikanische Balance zu den sunnitischen Extremisten darstellen könnte, da die schiitische Mehrheit des Irak unter Saddam Hussein unterdrückt worden war. Sie ignorierten Warnungen aus der Geheimdienstgemeinde („intelligence community“) über die Verbindungen zwischen irakischen Shiiten-Führern und dem Iran, in dem einige jahrelang im Exil gelebt hatten. Nun hat, zum Leiden des Weißen Hauses, der Iran ein enges Verhältnis zur schiitisch-dominierten Regierung des Premierminister Nuri al-Maliki geschmiedet.
Die neue amerikanische Politik ist, in ihren groben Zügen, öffentlich diskutiert worden. Außenministerin Condoleezza Rice sagte im Januar vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats, daß es eine „neue strategische Ausrichtung im Mittleren Osten“ gäbe, welche „Reformer“ und „Extremisten“ trennen würde; sie verwies auf die sunnitischen Staaten als moderierende Zentren und sagte, daß der Iran, Syrien und Hezbollah sich auf „der anderen Seite dieser Trennung“ befänden. (Syrien`s sunnitische Mehrheit wird durch die Sekte der Alawi (Aleviten) beherrscht). Der Iran und Syrien, sagte sie, „haben ihre Wahl getroffen und ihre Wahl ist es, zu destabilisieren.“
Einige der Kerntaktiken der „Umlenkung“ sind jedoch nicht nicht öffentlich. Die verdeckten Operationen sind geheim gehalten worden, in einigen Fällen dadurch, daß man die Durchführung den Saudis überlassen oder andere Wege gefunden hat, den normalen Prozess der Kontrolle durch den Kongress zu umgehen, wie einige amtierende und frühere Beamte in der Umgebung der (Bush-)Administration sagten.
Ein führendes Mitglied des Haushaltsauschusses im Repräsentantenhaus erzählte mir, er habe zwar von einer neuen Strategie gehört, aber nach seinem Gefühl habe man ihn und seine Kollegen nicht angemessen informiert.
„Wir haben keine Ahnung“, sagte er: „Wir fragen was da überhaupt vor sich geht und sie sagen, da ist nichts. Und wenn wir genauere Fragen stellen, sagen sie `wir kommen auf sie zurück`. Es ist so frustrierend.“
Die Strippenzieher hinter der „Umlenkung“ sind Vizepräsident Dick Cheney, der Vize-Berater für Nationale Sicherheit Elliott Abrams, der scheidende US-Botschafter im Irak (und nominiert als UN-Botschafter) Zalmay Khalilzad, und Prinz Bandar bin Sultan, der saudische Berater für Nationale Sicherheit. Während auf Rice das Schwergewicht bei der Außendarstellung dieser Politik lag, führte Cheney laut amtierenden und ehemaligen Beamten die verdeckten Seiten. (Cheney`s Büro und das Weiße Haus verweigerten einen Kommentar zu dieser Story; das Pentagon antwortete nicht auf spezielle Fragen, aber verlautbarte, „die Vereinigten Staaten planen keinen Krieg mit dem Iran.“)
Dieser Politikwechsel hat Saudi-Arabien und Israel in eine neue strategisches Umarmung gebracht, hauptsächlich, weil beide Länder den Iran als existentielle Drohung sehen. Sie sind in direkte Gespräche miteinbezogen worden, und die Saudis, die glauben, daß grössere Stabilität in Israel und in Palästina dem Iran weniger Hebelkraft in der Region gibt, sind in den arabisch-israelischen Verhandlungen involvierter geworden.
Die neue Strategie „ist eine Hauptverschiebung in der amerikanischen Politik – es ist ein „see change“, so ein US-Regierungsberater mit engen Beziehungen nach Israel.
(Anm.:“see change“ ist auch der Name einer Kampagne gegen den Vatikan.
http://www.seechange.org/
ebenso ist die Übersetzung „Gezeiten“ oder „Veränderung der Sichtweise“ möglich)
Die sunnitischen Staaten „waren versteinert durch ein schiitisches Wiederaufleben, und es gab wachsenden Groll wegen unseres Spiels mit den moderaten Schiiten im Irak,“sagte er. „Wir können nicht den gewachsenen Einfluß der Shiiten im Irak nicht aufheben, aber wir können ihn zügeln.“
„Es scheint, daß es eine Debatte innerhalb der Regierung gegeben hat, welche die größte Gefahr sei – der Iran oder radikale Sunniten“, erklärte mir Vali Nasr, ein führendes Mitglied im Rat für auswärtige Beziehungen, der bereits ausführlich über Schiiten, den Iran und Irak veröffentlicht hat. „Die Saudis und einige in der (Bush-)Administration argumentierten, daß Iran die größte Bedrohung sei und die radikalen Sunniten die kleineren Feinde. Das ist ein Sieg für die saudische Linie.“
Martin Indyk, ein leitender Beamter im Außenministerium der Clinton-Administration, der auch als israelischer Botschafter gedient hat, sagte, „der Mittlere Osten steuert auf einen ernsthaften `Kalten Krieg` zwischen Sunniten und Schiiten zu. Indyk, der Direktor des „Saban Center for Middle East Policy“ in der „Brookings Institution“ ist, fügte hinzu, daß seiner Meinung nach nicht ganz klar sei, ob dem Weißen Haus die strategische Tragweite seiner neuen Politik bewußt gewesen sei. „Das Weiße Haus verdoppelt nicht nur den Einsatz im Irak, es verdoppelt den Einsatz in der gesamten Region. Das könnte sehr kompliziert werden. Es steht alles auf dem Kopf.“
Die neue Politik der (Bush-)Administration zur Zügelung des Iran scheint ihre Strategie für das Gewinnen des Krieges im Irak zu erschweren. Patrick Clawson, ein Iran-Experte und Vize-Direktor für Recherche am „Washington Institute for Near East Policy“ argumentierte jedoch, daß engere Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und moderaten oder sogar radikalen Sunniten „Furcht“ in die Regierung von Premierminister Maliki tragen und ihn „sorgen könnte, daß die Sunniten tätsächlich gewinnen“ im dortigen Bürgerkrieg. Clawson sagte, daß dies Maliki einen Anreiz geben könnte könnte, mit den Vereinigten Staaten bei der Unterdrückung radikaler Schiiten-Milizen zu kooperieren, wie zum Beispiel der Mahdi-Armee von Muktada el-Sadr (Moqtada al-Sadr),
Allerdings bleiben die U.S., zumindestens für den Moment, abhängig von der Kooperation mit den Schiiten-Führern im Irak. Die Mahdi-Armee mag offen feindselig gegenüber amerikanischen Interessen sein, aber andere Schiiten-Milizen gelten als U.S.-Alliierte. Sowohl Muktada el-Sadr, als auch das Weiße Haus unterstützen Maliki. Ein vom Nationalen Sicherheitsberater Stephen Hadley letztes Jahr geschriebenes Memorandum schlug vor, daß die (Bush-)Administration versuchen sollte, Maliki von seinen radikaleren Schiiten-Verbündeten loszulösen, indem sie ihm eine Basis unter moderaten Sunniten und Kurden verschafften, aber bis jetzt geht der Trend in die entgegengesetze Richtung. Während die irakische Armee fortfährt, in ihren Konfrontationen mit Aufständischen zu versinken, wächst die Macht der Schiiten-Milizen ständig.
Flynt Leverett, ein früherer Beamter der Bush-Administration im Nationalen Sicherheitsrat, erzählte mir, „es gibt nichts Zufälliges oder Ironisches“ hinsichtlich der neuen Strategie bezüglich des Irak.
„Die Administration versucht klarzumachen, daß der Iran gefährlicher und provokativer ist für die amerikanischen Interessen im Irak als die sunnitischen Aufständischen, während – nach den tatsächlichen Opferzahlen – die Bestrafung, die Amerika durch die Sunniten zugefügt wird, vom Ausmaß her größer ist“, sagte Leverett. „Dies ist alles Teil der Kampagne von provozierenden Schritten, um den Druck auf Iran zu erhöhen. Die Idee ist, daß ab einem bestimmten Punkt die Iraner darauf reagieren und die (Bush-)Administration eine Möglichkeit hat, einen Schlag gegen sie zu führen.“
Präsident George W. Bush legte in einer Rede am 10.Januar diesen Ansatz teilweise dar: „Diese beiden Regime“ – Iran und Syrien – „erlauben Terroristen und Aufständischen ihre Territorien zu benutzen um sich in und aus dem Irak zu bewegen,“ so Bush. „Iran stellt materielle Unterstützung für Angriffe amerikanische US-Truppen zur Verfügung. Wir werden die Angriffe auf unsere Streitkräfte unterbinden. Wir werden den Strom von Unterstützung aus Iran und Syrien unterbrechen. Und wir werden werden die Netzwerke, die unseren Feinden im Irak verbesserte Waffen und Training zur Verfügung stellen, suchen und zerstören.“
In den folgenden Wochen gab es eine Welle von Behauptungen der (Bush-)Administration über eine iranische Verwicklung im Irak-Krieg. Am 11.Februar wurden Reportern hoch entwickelte explosive Vorrichtungen gezeigt, die, im Irak aufgespürt, laut der Administration aus dem Iran stammten. Die zentrale Botschaft der Administration war, daß die trostlose Situation im Irak nicht das Resultat von eigenen Fehlern in Planung und Umsetzung sei, sondern daß der Einmischung Iran´s.
Das US-Militär hat außerdem Hunderte von Iranern im Irak festgenommen und inhaftiert. „Letzten August ging die Anweisung für das Militär raus soviele Iraner im Irak zu schnappen wie es nur konnte“, so ein früherer leitender Geheimdienstbeamter. „Einmal haben die gleich 500 auf einmal eingesperrt. Wir bearbeiteten diese Kerle und bekamen Informationen von ihnen. Das Ziel des Weissen Hauses ist es, einen Fall zu konstruieren, daß die Iraner den Aufstand angefacht haben und daß sie das die ganze Zeit gemacht haben – daß, letztendlich, der Iran das Töten von Amerikanern unterstützt.“ Der Berater des Pentagon bestätigte, daß Hunderte von Iranern durch amerikanische Streitkräfte in den letzten Monaten gefangen genommen worden waren. Aber er sagte mir, daß schlösse viele humanitäre Hilfskräfte mit ein, „die eingeschaufelt und wieder entlassen werden“, kurz nachdem sie inhaftiert worden.
„Wir planen nicht für einen Krieg mit dem Iran,“ so der neue Verteidigungsminister Robert Gates am 2.Februar, und doch hat sich die Atmosphäre der Konfrontation vertieft.
Nach Ansicht der amtierenden und früheren amerikanischen Geheimdienst- und Militärbeamten, haben geheime Operationen im Libanon auf Iran zielende verdeckte Operationen begleitet. Amerikanisches Militär und Spezialeinheiten haben zwecks Informationsbeschaffung ihre Aktivitäten im Iran eskaliert und haben, nach Angaben eines auf Terrorismus spezialisierten Pentagon-Beraters sowie des früheren leitenden Geheimdienstbeamten, bereits von Irak aus während der Verfolgung von iranischen Agenten („operatives“)die Grenze (zu Iran) überschritten.
(Seite 2)
Bei Rice` Erscheinen vor dem Senat im Janur, fragte der demokratische Senator Joseph Biden sie spitz, ob die U.S. planen würde im Verlauf einer Verfolgung die iranische oder die syrische Grenze zu überschreiten. „Offensichtlich wird der Präsident nichts ausschließen, um unsere Truppen zu beschützen, aber der Plan ist diese Netzwerke im Irak zu zerschlagen.“ Rice fügte hinzu, „Ich glaube, daß jeder verstehen wird, daß – die Leute in Amerika („American People“) und ich nehmen an, daß der Kongreß vom Präsidenten erwartet das Notwendige zu tun um unsere Truppen zu beschützen.“
Die Mehrdeutigkeit von Rice` Antwort forderte eine Antwort vom Nebraska-Senator Chuck Hagel heraus, der gegenüber der Administration kritisch eingestellt gewesen war.
„Einige von uns erinnern sich an 1970, Frau Ministerin . Und zwar an Kambodscha. Und als unsere Regierung die Leute in Amerika belog und sagte, `Wir haben die Grenze zu Kabodscha nicht überschritten`, hatten wir es dennoch.
Ich weiß zufällig etwas darüber, genau wie andere in diesem Ausschuss. Also, Frau Ministerin, wenn wie diese Art von Politik in Bewegung setzen wollen, über die der Präsident hier spricht, dann ist das sehr, sehr gefährlich.“
Die Sorge der Administration über Iran´s Rolle im Irak ist mit ihrer althergebrachten Warnung über Iran´s Atomprogramm verknüpft. Auf „Fox News“, am 14.Januar, warnte Cheney vor der Möglichkeit eines in ein paar Jahren „atomar bewaffneten Iran, auf dem Vorrat der Welt an Öl sitzend, fähig, die globale Wirtschaft nachteilig zu beeinflussen, vorbereitet, um terroristische Organisationen und/oder ihre Kernwaffen zu benutzen, um damit ihre Nachbarn und andere um die Welt zu bedrohen.“
Er sagte auch, „wenn Sie losgehen und mit den Golfstaaten sprechen, oder wenn Sie mit den Saudis sprechen, oder wenn Sie mit den Israelis oder den Jordaniern sprechen, die gesamte Region ist besorgt. . . Die Drohung, die der Iran darstellt, wächst.“
Die Administration überprüft zur Zeit eine Fülle neuer Geheimdienstinformationen („Intelligence“…) über Iran´s Waffenprogramme. Frühere und amtierende amerikanische Beamte erzählten mir, daß die Geheimdienstinformationen der israelischen Agenten die im Iran operieren, eine Behauptung beinhalten, daß der Iran eine dreistufige feststoff-betriebene Interkontinentalrakete entwickelt habe, die mehrere kleine Sprengköpfe – jeder mit begrenzter Genauigkeit – nach Europa tragen könnte. Die Gültigkeit dieser menschlichen Intelligenz („human Intelligence“…) wird noch debattiert.
Ein ähnliches Argument über eine unmittelbare Bedrohung durch Waffen der Massenzerstörung – und Fragen über die Geheimdienstinformationen („intelligence“), die verwendet wurde um den Fall zu produzieren – bildete die Einleitung zur Invasion des Irak. Viele im Kongreß haben die Behauptungen über den Iran mit Vorsicht aufgenommen; Hillary Clinton sagte am 14.Februar im Senat, „Wir alle haben unsere Lektion aus dem Konfilkt im Irak gelernt, und wir müssen diese Lektion bei allen Behauptungen anwenden, die über den Iran erhoben werden. Denn, Mr.Präsident, was wir hören kommt uns nur zu vertraut vor und wir müssen wachsam sein, daß wir nie wieder Entscheidungen aufgrund von Geheimdienstinformationen treffen, die sich als fehlerhaft herausstellen.“
Das Pentagon arbeitet weiter eine intensive Planung für einen möglichen Bombenangriff auf den Iran aus, ein Prozess, der letztes Jahr unter Leitung des Präsidenten begann. In den letzten Monaten, so erzählte mir der frühere Geheimdienstbeamte, wurde eine spezielle Planungsgruppe in den Büros der gemeinsamen Stabschefs („Joint Chiefs of Staff“) gebildet, mit dem Auftrag einen möglichen Bombardierungsplan für den Iran zu entwickeln, der im Falle einer Anweisung des Präsidenten innerhalb von 24 Stunden umgesetzt werden könnte.
Im letzten Monat wurde mir, sowohl von einem Berater der Luftwaffe als auch von dem Terror-Spezialisten des Pentagon berichtet, der Iran-Planungsgruppe sei eine neue Anweisung übergeben worden: Ziele im Iran zu identifizieren, die vielleicht in die Versorgung und Hilfeleistung für Militante im Irak verwickelt seien könnten.
Vorher hatte der Fokus auf der Zerstörung von Iran´s Atomanlagen und einen möglichen Regimewechsel gelegen.
Zwei Kampfgruppen der Flugzeugträger „Eisenhower“ und „Stennis“ sind bereits im Arabischen Meer. Ein Plan ist, sie Anfang Frühjahr abzulösen, aber es gibt die Sorge im Militär, daß ihnen vielleicht befohlen wird in der Gegend zu bleiben nachdem die neuen Flugzeugträger eingetroffen sind, so berichten mehrere Quellen. ( Neben anderen Befürchtungen haben durchgespielte Kriegsabläufe („war games“) gezeigt, daß die Flugzeugträger gegen Schwarm-Taktiken mit einer großen Anzahl kleiner Boote verwundbar sein könnten, eine Technik, die die Iraner bereits angewendet haben, Flugzeugträger haben in der engen Straße von Hormuz an Iran´s Südküste nur eine begrenzte Manövrierfähigkeit.) Der frühere leitende Geheimdienstbeamte sagte, daß die gegenwärtigen Pläne für den Ernstfall einen Angriffsbefehl für dieses Frühjahr zulassen. Er fügte jedoch hinzu, daß leitende Offiziere im gemeinsamen Stab der Streitkräfte darauf zählen würden, daß das Weiße Haus nicht „dumm genug ist, dies angesichts des Irak und der Probleme zu tun, die das den Republikanern 2008 bereiten würden“.
DAS SPIEL DES PRINZEN BANDAR
Die Bemühungen der Administration die iranische Authorität im Mittleren Osten zu vermindern beruht grundlegend auf Saudi-Arabien und auf Prinz Bandar, den Nationalen Sicherheitsberater der Saudis. Bandar diente 22 Jahre als Botschafter in den Vereinigten Staaten, bis 2005, und hat eine Freundschaft mit Präsident Bush und Vize-Präsident Cheney beibehalten. In seinem neuen Amt trifft er sie weiterhin privat. Leitende Beamte im Weissen Haus haben in letzter Zeit mehrere Besuche in Saudi-Arabien gemacht, manche von ihnen nichtöffentlich.
Letzten November flog Cheney nach Saudi-Arabien für ein überraschendes Treffen mit König Abdullah und Bandar. Die Times berichtete, daß der König Cheney warnte, Saudi-Arabien würde ihre verbündeten Sunniten im Irak unterstützen, wenn die Vereinigten Staaten sich zurückzögen. Ein europäischer Geheimdienstbeamter sagte mir, daß Treffen hätte sich auch um die allgemeinere saudische Furcht vor einem „Aufsteigen der Schiiten“ gedreht. Als Antwort darauf, „beginnen die Saudis ihre Hebelkraft zu benutzen – Geld.“
In einer königlichen Familie, in der Konkurrenz weit verbreitet ist, hat sich Bandar eine Machtbasis aufgebaut, die vor allem auf der engen Beziehung mit den U.S. beruht, die für die Saudis entscheident ist. Bandar´s Nachfolger als Botschafter war Turki al-Faisal. Turki trat nach 18 Monaten zurück und wurde durch Adel A. al-Jubeir ersetzt, ein Bürokrat der mit Bandar gearbeitet hatte. Ein früherer saudischer Diplomat erklärte mir, daß ihm während Turki´s Amtszeit mehrere private Treffen Bandar´s mit leitenden Beamten des Weissen Hauses aufgefallen waren, Cheney und Abrams (Anm.: der Vize des Nationalen Sicherheitsberaters) eingeschlossen. „Ich glaube, Turki war nicht sehr glücklich darüber“, so der Saudi. Aber, so fügte er hinzu, „Ich glaube nicht, daß Bandar auf eigene Veranlassung losprescht.“ Obwohl Turki Bandar nicht mochte, so der Saudi, so habe er doch sein Ziel geteilt, die um sich greifende Macht der Schiiten im Mittleren Osten herauszufordern.
Der Bruch zwischen Schiiten und Sunniten geht zurück zu einer bitteren Teilung im 7.Jahrhundert, darüber wer dem Propheten Mohammed nachfolgen sollte. Die Sunniten beherrschten das mittelalterliche Kalifat und das Osmanische Reich, und Schiiten wurden traditionell eher als Außenseiter angesehen. Weltweit sind 90% aller Muslime Sunniten, aber Schiiten haben die Mehrheit im Iran, in Irak und in Bahrain, und stellen die größte Gruppe von Muslimen im Libanon. Ihre Konzentration in einer unbeständigen, ölreichen Region hat zu Besorgnissen im Westen und unter Sunniten über das Erscheinen eines „schiitischen Halbmonds“ geweckt – besonders Iran`s erhöhtes geopolitisches Gewicht betreffend.
„Die Saudis sehen noch die Welt durch die Tage des Osmanischen Reiches, als die sunnitischen Moslems den Laden schmissen und die Schiiten die unterste Klasse darstellten“, erklärte mir Frederic Hof, ein pensionierter militärischer Offizier, der ein Experte für den Mittleren Osten ist. Wenn Bandar als jemand betrachtet würde, der eine Verschiebung der U.S.-Politik zugunsten der Sunniten erreichen könnte, so fügte er hinzu, würde das sein Ansehen in der königlichen Familie enorm erhöhen.
Die Saudis werden durch ihre Furcht getrieben, daß der Iran das Machtgleichgewicht nicht nur in der Region, sondern auch innerhalb ihres eigenen Landes kippen könnte.
Saudi-Arabien hat eine bedeutende schiitische Minderheit in seiner östlichen Provinz, eine Region von großen Ölfeldern; die sektiererischen Spannungen sind hoch in der Provinz. Die königliche Familie glaubt, daß iranische Agenten, in Zusammenarbeit mit lokalen Schiiten, hinter vielen terroristischen Angriffen im Königreich stecken, so die Aussage von Vali Nasr.
„Heute ist die einzige Armee, die in der Lage wäre, den Iran zu zügeln – die irakische Armee – durch die USA zerstört worden. Sie haben es nun mit einem Iran zu tun, der atomwaffenfähig sein könnte und eine stehende Armee von 450.000 Soldaten hat“. (Saudi-Arabien hat 75.000 in seiner stehenden Armee.)
Nasr fuhr fort, „Die Saudis haben beträchtliche finanzielle Mittel und enge Beziehungen mit der moslemischen Bruderschaft und den Salafis“ – sunnitische Extremisten, die Schiiten als Abtrünnige betrachten. „Als das letzte Mal der Iran eine Bedrohung war, waren die Saudis in der Lage die schlimmsten Arten von islamischen Radikalen zu mobilisieren. Einmal aus der Büchse der Pandora gelassen, kann man sie nicht wieder zurückpacken.“
Die saudische königliche Familie ist wechselnd ein Förderer und ein Ziel von sunnitischen Extremisten gewesen, die gegen die Korruption und Dekadenz unter den ungezählten Prinzen der Familie Einspruch erheben. Die Prinzen kalkulieren, daß sie nie gestürzt werden, solang sie weiterhin die Religionsschulen und Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen, die den Extremisten zugerechnet werden. Die (Bush-)Administration ist entscheidend auf diese Übereinkunft angewiesen.
Nasr verglich die gegenwärtige Lage mit der Periode, in der Al-Qaeda zuerst auftauchte. In den Achtzigern und in den frühen neunziger Jahren bot die saudische Regierung an, den verdeckten Stellvertreterkrieg der amerikanerischen CIA gegen die Sowjet-Union in Afghanistan zu subventionieren. Hunderte von jungen Saudis wurden in die Grenzgebiete von Pakistan geschickt, wo sie religiöse Schulen, Trainigscamps und Rekrutierungsbüros errichteten. Damals wie heute waren viele der Agenten („operatives“), die von Saudi Geld bezahlt wurden, Salafis. Unter ihnen, natürlich, Osama bin Laden und seine Verbündeten, die im Jahre 1988 Al Qaeda gründeten.
Dieses Mal, so der US-Regierungsberater zu mir, hätten Bandar und andere Saudis dem Weissen Haus versichert, „daß sie ein scharfes Auge auf die religiösen Fundamentalisten hätten. Ihre Botschaft an uns war `Wir haben diese Bewegung geschaffen und wir können sie kontrollieren.` Es nicht so, daß wir die Salafis Bomben schmeissen lassen wollen; es kommt drauf an, auf wen sie sie schmeissen – Hisbollah, Muktada el-Sadr (Moqtada al-Sadr), Iran und auf die Syrer, wenn sie weiter mit Hisbollah und dem Iran zusammenarbeiten“.
(Seite 3)
Der Saudi sagte, nach Ansicht seines Landes begehe es ein politisches Risiko den Iran herauszufordern: Bandar werde schon jetzt in der arabischen Welt als zu nahe an der Bush-Administration gesehen. „Wir haben 2 Albträume,“ so der frühere Diplomat. „der Iran bekommt die Bombe und die Vereinigten Staaten greifen den Iran an. Ich hätte lieber die Israelis bombardieren die Iraner, dann können wir sie anklagen. Wenn Amerika das macht, werden wir angeklagt“.
Im letzten Jahr haben die Saudis, die Israelis und die Bush-Administration eine Reihe von informellen Bedingungen über ihre neue strategische Richtung entwickelt. Mindestens 4 Hauptelemente waren im Spiel, so sagte mir der US-Regierungsberater. Zuerst wurde Israel darin bestärkt, daß seine Sicherheit höchste Priorität hätte, und das Washington, Saudi-Arabien und andere sunnitische Staaten die Besorgnisse über Iran teilen würden.
Zweitens würden die Saudis die Hamas, die islamistische palästinensische Partei die Unterstützung aus dem Iran bekommen hat, dazu drängen, ihre anti-israelischen Angriffe einzuschränken und ernsthafte Gespräche mit der Fatah, der säkulareren palästinensischen Gruppe, über eine Teilung der Führerschaft zu beginnen. (Im Februar vermittelten die Saudis einen Deal in Mekka zwischen den beiden Splitterparteien („factions“). Allerdings drückten Israel und die U.S. ihr Missfallen über die Bedingungen aus.)
Die dritte Bdingung war, daß die Bush-Administration direkt mit den sunnitischen Nationen zusammenarbeiten würde, um der schiitischen Überlegenheit in der Region entgegenzuwirken.
Viertens würde die saudische Regierung, mit Washington´s Zustimmung, Kapital und logistische Hilfsmittel liefern, um die Regierung Bashir Assad´s von Syrien zu schwächen.
Die Israelis glauben, daß das Ausüben solchen Druckes auf die Assad-Regierung diese versöhnlicher und offener für Verhandlungen macht. Syrien ist ein Hauptlieferant für Waffen für Hisbollah.
Die Saudi-Regierung liegt außerdem mit den Syrern im Streit über die Ermordung von Rafik Hariri, den ehemaligen libanesischen Premierminister, in Beirut 2005, für die sie die Assad-Regierung verantwortlich macht. Hariri, ein sunnitischer Milliardär, war eng mit dem Saudi-Regime und Prinz Bandar verknüpft. (Eine U.N.-Untersuchung kam zu dem Schluß, daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Syrer darin verwickelt waren, aber brachte keine direkten Beweise vor; es gibt Pläne für eine weitere Untersuchung, durch ein internationales Tribunal.)
Patrick Clawson, vom „Washington Institute for Near East Policy“, stellte die Kooperation der Saudis mit dem Weissen Haus bildlich als bedeutenden Durchbruch dar. „Die Saudis verstehen, daß, wenn sie von der Administration eine allgemeineres politisches Angebot an die Palästinenser verlangen, sie die arabischen Staaten von einem allgemeinerem Angebot an die Israelis überzeugen müssen,“ so Clawson mir gegenüber. Die neue diplomatische Annäherung, fügte er hinzu, zeigt einen realen Grad der Bemühung und Weisheit, sowie eine Weisheit der Herangehensweise, die nicht immer mit der Bush-Administration assoziiert wurde. Wer hat das grössere Risiko – wir oder die Saudis? In einer Zeit, in der Amerika´s Ruf im Mittleren Osten extrem unten ist, greifen uns die Saudis tatsächlich unter die Arme. Wir sollten dafür dankbar sein.“
Der Pentagon-Berater hatte da eine andere Meinung. Er sagte, die Administration mußte sich an Bandar als eine Art „Rückzug“ wenden, weil sie erkannt haben, daß der gescheiterte Krieg im Irak den Mittleren Osten „zum Kapern preisgegeben“ habe.
JIHADIS IM LIBANON
Der Fokus des U.S.-Saudi Verhältnisses, nach dem Iran, ist der Libanon, in dem die Saudis tief in Bemühungen durch die Administration miteinbezogen worden sind, die libanesische Regierung zu stützen. Premierminister Fouad Siniora kämpft, um gegen eine hartnäckige Opposition an der Macht zu bleiben, die von der schiitischen Organisation Hezbollah und seinem Führer, Scheich Hassan Nasrallah angeführt wird. Hezbollah hat eine umfangreiche Infrastruktur, eine geschätzte Anzahl von zwei oder drei tausend aktiven Kämpfern und Tausende zusätzlicher Mitglieder.
Hisbollah ist seit 1997 auf der Terroristen-Liste des (US-)Außenministeriums gewesen. Die Organisation ist mit der Bombardierung der Marine-Kasernen 1983 in Beirut in Verbindung gebracht worden, die 241 Angehörige des Militärs tötete. Sie wurde außerdem beschuldigt. in die Entführung von Amerikanern verwickelt zu sein, einschließlich den CIA-Chef im Libanon, der in der Gefangenschaft starb, und einen Marine-Colonel, der in einer UN-Friedensmission diente und getötet wurde. (Nasrallah hat bestritten, daß die Hisbollah in diese Vorfälle verstrickt gewesen ist.) Nasrallah wird von vielen als unerschütterlicher Terrorist gesehen, der gesagt hat, daß er Israel als einen Staat betrachtet, der kein Recht habe zu existieren. Jedoch sehen ihn viele in der arabischen Welt, besonders Schiiten, als einen Widerstandsführer der Israel im 34-Tage-Krieg letzten Sommer widerstanden habe, während Siniora bei ihnen als schwacher Politiker gilt, der von Amerikas Unterstützung abhängig ist, aber nicht einmal Präsident Bush davon überzeugen konnte zu einem Ende der israelischen Bombenangriffe auf den Libanon aufzurufen. (Fotos von Siniora, wie er Condoleezza Rice bei einem Besuch während des Krieges auf die Wange küsst, wurden öffentlich während Protestzügen in Beirut gezeigt.)
Die Bush-Administration hat der Siniora-Regierung seit letzten Sommer öffentlich ein Milliarde Dollar an Hilfe zugesagt. Eine Geber-Konferenz in Paris im Januar, die die U.S. mithalfen zu organisieren, enthielt die Zusage von 8 Milliarden mehr, einschliesslich dem Versprechen von über einer Milliarde durch die Saudis. Die amerikanische Zusage schloss mehr als 200 Millionen Dollar Militärhilfe ein, sowie 40 Millionen Dollar für die innere Sicherheit.
Die Vereinigten Staaten haben, nach den Aussagen des früheren leitenden Geheimdienstbeamten und des US-Regierungsberaters, auch heimliche Unterstützung für die Siniora-Regierung geleistet.
„Wir haben ein Programm laufen um die sunnitischen Kapazitäten zu erhöhen, damit sie dem Einfluss der Schiiten widerstehen, und wir schmeissen mit dem Geld nur so um uns“, so der frühere leitende Geheimdienstbeamte. Das Problem mit soviel Geld sei nur, „daß es immer in mehr Taschen gerät, als Du eigentlich dachtest,“ sagte er. „In diesem Prozess finanzieren wir eine Menge übler Kerle („bad guys“) mit so manchem ernsten Potenzial möglicher und unbeabsichtigter Konsequenzen. Wir haben nicht die Möglichkeit es zu beenden und Zahlungsbelege von den Leuten einzuholen, die wir mögen und Leute zu vermeiden, die wir nicht mögen. Es ist ein sehr risikoreiches Wagnis.“
Amerikanische, europäische und arabische Beamte, mit denen ich sprach, erklärten mir, daß die Siniora-Regierung und ihre Alliierten erlaubt hätten, daß einiges an Hilfe in den Händen radikaler Sunniten-Gruppen im Nord-Libanon, in der Bekaa-Ebene und in palästinensischen Flüchtlingslagern im Süden landete. Diese Gruppen, obwohl klein, werden als ein Puffer zu der Hisbollah betrachtet; gleichzeitig haben sie ideologische Verbindungen zu Al-Qaeda.
Während eines Gespräches mit mir, beschuldigte der frühere Saudi-Diplomat Nasrallah zu versuchen, „den Staat zu kapern,“ aber er wendete sich auch gegen die libanesische und saudische Förderung von sunnitischen Jihadisten im Libanon. „Salafis sind krank und hasserfüllt, und ich bin sehr gegen die Idee, mit ihnen zu flirten,“ sagte er. „Sie hassen die Schiiten, aber sie hassen noch mehr die Amerikaner. Wenn man sie reinlegen will, werden sie uns reinlegen. Das wird hässlich.“
Alastair Crooke, der fast 30 Jahre im MI6, dem britischen Geheimdienst verbrachte und für „Conflicts Forum“, einem Denk-Panzer („think tank“) in Beirut arbeitet, sagte mir, „Die libanesische Regierung öffnet zur Zeit diesen Leuten die Tür. Das könnte sehr gefährlich werden.“ Crooke sagte, daß eine sunnitische Extremisten-Gruppen, Fatah al-Islam, sich von der pro-syrischen Ursprungsgruppe Fatah al-Intifada im nordlibanesischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared abgespalten habe. Ihre Mitgliederzahl zu dieser Zeit betrug gerade mal 200. „Mir wurde gesagt, daß ihnen innerhalb von 24 Stunden Waffen und Geld durch Leute angeboten worden waren, die sich als Interessensvertreter der libanesischen Regierung ausgaben – vermutlich um sich gegen die Hisbollah zu stellen,“ so Crook.
Die größte der Gruppen, Asbat Al-Ansar, wird im palästinensischen Flüchtlinglager Ain Al-Hilweh aufgestellt. Asbat Al-Ansar hat Waffen und Versorgungsmaterialien von den libanesischen Inneren-Sicherheitskräften und Milizen erhalten, die der Siniora-Regierung nahestehen.
Nach dem Bericht einer in den U.S. ansässigen Internationalen Krisen-Gruppe bezahlte im Jahre 2005 Saad Hariri, der Sohn des ermordeten früheren Premierministers und Mehrheitsführer im Parlament des Libanon – Saad erbte mehr als 4 Milliarden Dollar nach der Ermordung seines Vaters -die Kaution in Höhe von 48.000 Dollar für 4 Mitglieder einer islamischen militanten Gruppe aus Dinniyeh. Die Männer waren festgenommen worden, während sie versucht hatten, eine islamischen Mini-Staat im nördlichen Libanon zu errichten. Die Krisen-Gruppe berichtete, daß viele der Militanten „in Camps der Al-Qaeda in Afghanistan trainert haben.“
Entprechend dem Bericht der Krisen-Gruppe benutzte Saad Hariri später seine parlamentarische Mehrheit, um eine Amnestie für 22 Islamisten aus Dinniyeh zu erwirken, darunter auch 7 Militante, die verdächtigt wurden im vorgehenden Jahr Bombenanschläge auf die italienische und ukrainische Botschaft geplant zu haben. (Er arrangierte außerdem eine Haftentlassung für Samir Geagea, einen maronitisch-christlichen Milizenführer, der für 4 politische Morde verurteilt worden war, einschließlich die Ermordung von Premierminister Rashid Karami im Jahre 1987.) Hariri beschrieb seine Aktionen gegenüber Reportern als humanitärer Natur.
In einem Interview in Beirut bestätigte ein leitender Beamter der Siniora-Regierung, daß sunnitischen Jihadisten im Libanon operieren würden. „Wir haben eine liberale Einstellung, die Al-Qaeda-Arten („Al Qaeda types“) hier eine Präsenz erlaubt“, sagte er. Er bezog dies auf Befürchtungen, daß der Iran oder Syrien sich vielleicht entscheiden könnten, den Libanon zu einem Kriegsschauplatz („theatre of conflict“) zu machen.
Der Beamte sagte, daß seine Regierung sich in einer „No-win“-Situation befände. Ohne eine politische Regelung mit der Hisbollah, sagte er, könnte der Libanon „in einen Konflikt schlittern“, in dem die Hisbollah offen mit sunnitischen Streitkäften kämpft, mit möglicherweise entsetzlichen Konsequenzen. Aber wenn Hisbollah einer Einigung zustimmen und trotzdem eine eigenständige Armee behalten würde, verbündet mit Iran und Syrien, „könnte der (ganze) Libanon ein Ziel werden. In beiden Fällen würden wir ein Ziel.“
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Die Bush-Administration hat ihre Unterstützung für die Siniora-Regierung als Beispiel für den Glauben des Präsidenten in die Demokratie, und seine Leidenschaft andere Mächte an der Einmischung im Libanon zu hindern dargestellt. Als die Hisbollah im Dezember Demonstrationen in Beirut anführte, nannte das John Bolton, der damals U.S.Botschafter bei den U.N. war, „Teil eines Iran-Syrien-inspirierten Staatsstreiches.“
Leslie H. Gelb, ein früherer Präsident des „Council on Foreign Relations“, sagte, die Politik der (Bush-)Administration sei weniger pro-demokratisch als „pro Amerikas nationaler Sicherheit. Die Tatsache ist, es wäre schrecklich gefährlich, wenn die Hisbollah den Libanon kontrollieren würde.“ Der Sturz der Siniora-Regierung würde, laut Gelb, angesehen als „ein Signal im Mittleren Osten für den Niedergang der Vereinigten Staaten und der Überlegenheit der Terrorismusdrohung. Und so müssen sich die Vereinigten Staaten jeder Änderung in der Verteilung der politischen Macht widersetzen – und wir sind berechtigt, jeder nicht-schiitischen Partei dabei zu helfen, dieser Änderung Widerstand entgegenzusetzen. Wir sollten das endlich offen zugeben, anstatt von Demokratie zu reden.“
Martin Indyk, vom Saban Center, meinte jedoch, daß die Vereinigten Staaten „nicht genug Zug haben, um die Moderaten im Libanon vom Verhandeln mit den Extremisten abzuhalten.“ Er fügte hinzu, „Der Präsident sieht die Region als gespalten zwischen Moderaten und Extremisten an, aber unsere Freunde in der Region sehen sie als gespalten zwischen Sunniten und Schiiten. Die Sunniten, die wir als Extremisten sehen, werden von unseren sunnitischen Verbündeten einfach als Sunniten betrachtet.“
Im Januar, nach einem Ausbruch von Gewalt in den Straßen von Beirut, in die sowohl Unterstützer der Siniora-Regierung als auch der Hisbollah verwickelt waren, flog Prinz Bandar nach Teheran um die politische Sackgasse im Libanon zu diskutieren, und um Ali Larijani zu treffen, den Verhandlungsführer der Iraner in Atomfragen. Nach Ansicht eines Botschafters aus dem Mittleren Osten war die Mission – die, wie der Botschafter sagte, vom Weissen Haus unterstützt worden war – auch dazu gedacht, „Probleme zwischen den Iranern und Syrien zu schaffen.“ Es hatte Spannungen zwischen den beiden Ländern über Gespräche Syrien´s mit Israel gegeben, und das Ziel der Saudis war es, einen Bruch anzuregen. Jedoch, so der Botschafter, „Es funktionierte nicht. Syrien und Iran werden sich nicht verraten. Bandar´s Annäherung hat höchstwahrscheinlich keinen Erfolg.“
Walid Jumblatt, der Führer der Minderheit der Drusen im Libanon und ein starker Unterstützer von Siniora, hat Nasrallah als einen Agenten von Syrien angegriffen und ausländischen Journalisten immer wieder erzählt, daß die Hisbollah unter direkter Kontrolle der religiösen Führerschaft im Iran sei. In einem Gespräch mit mir letzten Dezember stellte er Bashir Assad, den syrischen Präsidenten, als einen „Serienkiller“ dar. „Nasrallah“, so sagte er, sei „moralisch schuldig“ für die Ermordung von Rafik Hariri und die Ermordung von Pierre Gemayel letzten November, eines Mitglieds im Siniora-Kabinett, wegen seiner (Nasrallahs) Unterstützung für die Syrer.
Dann erklärte Jumblatt mir, daß er Vize-Präsident Cheney in Washington letzten Herbst getroffen habe, wo es neben anderen Themen auch um die Unterminierung von Assad gegangen wäre. Er und seine Kollegen hätten Cheney geraten, wenn die Vereinigten Staaten vorhätten gegen Syrien vorzugehen, wären die Mitglieder der syrischen Moslembruderschaft „diejenigen, mit denen man reden sollte“, so Jumblatt.
Die syrische Moslembruderschaft, ein Ableger einer radikalen sunnitischen Bewegung die 1928 in Ägypten gegründet wurde, war über ein Jahrzehnt in gewalttätiger Opposition gegen das Regime von Hafez Assad, Bashir`s Vater engagiert. Im Jahre 1982 übernahm die Bruderschaft die Kontrolle über die Stadt Hama; Assad bombardierte die Stadt über eine Woche lang und brachte damit zwischen 6.000 und 20.000 Menschen um. Auf Mitgliedschaft in der Bruderschaft steht in Syrien die Todesstrafe. Die Bruderschaft ist auch ein erklärter Feind der U.S. und Israels. Trotzdem, so Jumblatt, „Wir sagten Cheney, daß der Hauptdraht zwischen Iran und Libanon Syrien ist – und um den Iran zu schwächen, müsse man die Tür für eine effektive Opposition in Syrien öffnen.“
Es gibt Beweise, dass die Bruderschaft bereits durch die „Umlenkung“ der Strategie der Bush-Administration profitiert hat. Die syrische „Nationale Rettungsfront“ („National Salvation Front“) ist eine Koalition von Oppositionsgruppen, deren Hauptmitglieder aus einer Fraktion, die vom 2005 übergelaufenen ex-Vizepräsidenten Syrien´s Abdul Halim Khaddam geführt wird, bestehen und aus der Bruderschaft.
Ein früherer hochrangiger CIA-Offizier sagte mir, „Die Amerikaner hätten sowohl politische wie auch finanzielle Unterstützung geliefert. Die Saudis übernehmen die Leitung mit der finanziellen Unterstützung, aber es gibt amerikanisches Engagement.“ Er sagte, daß Khaddam, der zur Zeit in Paris lebt, Geld aus Saudi-Arabien bekam, mit Wissen des Weissen Hauses. (Im Jahre 2005 traf sich eine Delegation aus „Front“-Mitgliedern mit Beamten des Nationalen Sicherheitsrates, so Presseberichte.) Ein früherer Beamter des Weissen Hauses erzählte mir, daß die Saudis Mitglieder der „Front“ mit Reisedokumenten ausgestattet hätten.
Jumblatt sagte, er könne verstehen, daß dieses Thema für das Weisse Haus heikel sei. „Ich sagte Cheney, daß manche Leute in der arabischen Welt , vor allem die Ägypter – deren moderate sunnitische Führung die ägyptische Moslembruderschaft seit Jahrzehnten bekämpft hatte – es nicht mögen würden, wenn die Vereinigten Staaten der Bruderschaft helfen würden. Aber wenn wir uns nicht Syrien vornehmen, stehen wir im Libanon Auge in Auge mit der Hisboallah, in einem langen Kampf, den wir vielleicht nicht gewinnen.“
DER SCHEICH
In einer warmen, klaren Nacht Anfang letzten Dezember in einem ausgebombten Vorort einige Meilen südlich des Stadtzentrums von Beirut, erhielt ich einen Vorgeschmack von dem, was die neue Strategie der (Bush-)Administration für den Libanon bedeuten könnte. Scheich Hassan Nasrallah, der versteckt lebende Hisbollah-Führer, hatte einem Interview zugestimmt. Die Sicherheitsvorkehrungen für das Treffen waren verschwiegen und durchdacht. Ich wurde im Rücksitz eines verdunkelten Autos zu einer beschädigten unterirdischen Garage irgendwo in Beirut gefahren, mit einem Hand-Scanner durchsucht, und wieder weitergefahren. Letzten Sommer wurde berichtet, daß Israel versucht hatte Nasrallah zu töten, aber die außerordentlichen Vorkehrungen waren nicht nur wegen dieser Drohung. Nasrallah´s Leute sagten mir, sie glauben er sei ein primäres Ziel für andere Araber, vor allem für Geheimagenten aus Jordanien, aber auch für sunnitische Jihadisten, verbunden mit Al-Qaeda. (Laut dem Regierungsberater und einem ex-Vier-Sterne-General hätte der Geheimdienst Jordaniens mit Unterstützung aus den U.S. und Israel versucht, schiitische Gruppen zu unterwandern um gegen die Hisbollah zu arbeiten.Jordanien`s König Abdullah II hat gewarnt, daß eine schiitische Regierung im Irak, die dem Iran nahestehen würde, zum Hervortreten eines „schiitischen Halbmonds“ führen würde.) Dies ist eine fast ironische Wendung: Nasrallah´s Kampf mit Israel letzten Sommer verwandelte ihn – einen Schiiten – in die populärste und einflussreichste Person unter Sunniten und Schiiten in der gesamten Region. In den vergangenen Monaten jedoch ist er zunehmend von vielen Sunniten nicht als ein Symbol der arabischen Einheit, sondern als Teilnehmer in einem sektiererischen Krieg betrachtet worden.
Nasrallah, gekleidet wie üblich in der frommen Tracht, wartete auf mich in einer unauffälligen Wohnung. Einer seiner Berater sagte, es sei wenig wahrscheinlich daß er dort die Nacht über bleiben werde; er ist seit seiner Entscheidung, die beiden israelischen Soldaten in einer grenzüberschreitenden Aktion zu entführen, was den 30-Tage-Krieg Krieg auslöste, ständig in Bewegung. Nasrallah hat seitdem immer wieder öffentlich – und auch mir gegenüber – erklärt, daß er die Antwort der Israelis falsch eingeschätzt habe. „Wir wollten nur Gefangene für einen Austausch machen,“ sagte er mir. „Wir hatten nie vor, die Region in einen Krieg zu ziehen.“
Nasrallah beschuldigte die Bush-Administration mit Israel absichtlich eine „fitna“ anzustiften, ein arabisches Wort welches für „Aufruhr und Fragmentierung innerhalb des Islams“ verwendet wird.
„Meiner Ansicht nach gibt es eine riesige weltweite Medienkampagne um die einen gegen die anderen aufzubringen,“ sagte er. „Ich glaube, daß all dies durch amerikanische und israelische Geheimdienste betrieben wird.“ (Er brachte keine spezifischen Beweise dafür vor.) Er sagte, der U.S.-Krieg im Irak habe die sektiererischen Spannungen erhöht, aber argumentierte, daß die Hisbollah versucht hätte, die Ausdehnung in den Libanon zu verhindern. (Die sunnitisch-schiitische Konfrontationen nahmen, zusammen mit der Gewalt, in den Wochen nach unserem Gespräch zu.)
Nasrallah sagte, er glaube, daß Ziel von Bush sei „das Zeichnen einer neuen Landkarte für die Region. Die wollen die Teilung des Irak. Irak ist nicht an der Schwelle eines Bürgerkriegs – dort herrscht (bereits) ein Bürgerkrieg. Dort gibt es ethnische und sektierische Säuberungen. Das tägliche Töten und Vertreiben, was da im Irak stattfindet, beabsichtigt drei irakische Teile, die ethnisch und sektiererisch rein sind, als Auftakt für die (Auf-)Teilung des Irak. Innerhalb von höchstens einem oder zwei Jahren wird es ausschliesslich sunnitische Gegenden, ausschliesslich schiitische Gegenden und ausschliesslich kurdische Gegenden geben. Sogar in Bagdad gibt es die Angst, die Stadt könnte in 2 Gebiete geteilt werden, in ein sunnitisches und in ein schiitisches.“
Er fuhr fort, „Ich kann sagen, daß Präsident Bush lügt, wenn er sagt, er wolle den Irak nicht aufteilen. Alle Fakten, die jetzt ans Licht kommen, lassen nur den Schluss zu, daß er den Irak in eine Teilung hineinziehen will. Und der Tag wird kommen, an dem er sagt, `Ich kann doch nichts machen, wenn die Irakis die Aufteilung ihres Landes wollen und ich ehre den Wunsch der Leute im Irak.`“
Nasrallah sagte, er glaube, daß Amerika außerdem die (Auf-)Teilung von Libanon und Syrien wolle. In Syrien, sagte er, wäre das Resultat das Land „in Chaos und innere Kämpfe wie im Irak“ zu stürzen. Im Libanon „wird es einen sunnitischen Staat, einen alawitischen Staat, einen christlichen Staat und einen drusischen Staat geben.“ Aber, so fügte er hinzu, „Ich weiss nicht, ob es einen schiitischen Staat geben wird.“ Nasrallah sagte mir, er vermute, daß ein Zweck der Bombardierung des Libanons durch Israel letzten Sommer „die Zerstörung von schiitischen Wohngebieten und die Vertreibung von Schiiten aus dem Libanon“ gewesen sei. „Die Idee war die Schiiten aus Libanon und Syrien in den südlichen Irak flüchten zu lassen,“ der von Schiiten dominiert ist. „Ich bin nicht sicher, aber ich rieche das,“ sagte er mir.
Diese Aufteilungen würde Israel umgeben von „kleinen schwachen Staaten“ lassen, sagte er. „Ich kann ihnen versichern, daß das saudische Königreich ebenfalls aufgeteilt wird, und die ganze Sache wird auch die Staaten in Nord-Afrika erreichen. Es wird schmale ethnische und religiöse Staaten geben,“ sagte er. „In anderen Worten, Israel wird der wichtigste und stärkste Staat in einer Region sein, die in ethnische und religiöse Staaten aufgeteilt ist, die in Übereinstimmung miteinander sind. Das ist der neue mittlere Osten.“
Tatsächlich aber hat die Bush-Administration unerbittlich Gespräche über eine Aufteilung des Irak verweigert, und ihre offentlichen Stellungnahmen suggerieren, daß das Weisse Haus die Zukunft eines intakten Libanon sieht, mit einer schwachen, entwaffneten Hisbollah, die höchstens noch eine kleine Rolle spielt. Es gibt außerdem keine Beweise dafür, daß die Israelis die Schiiten in den südlichen Irak treiben wollen. Dennoch deutet Nasrallah´s Vision eines umfassenden sektiererischen Konfliktes, in den die Vereinigten Staaten verwickelt sind, eine mögliche Konsequenz der neuen Strategie des Weissen Hauses an.
Im Interview machte Nasrallah besänftigende Gesten und Versprechungen, die von seinen Gegner wahrscheinlich mit Skepsis aufgenommen würden. „Wenn die Vereinigten Staaten sagen, daß Diskussionen mit Leuten wie uns nützlich und einflussreich sein könnten um die amerikanische Politik in der Region zu untersuchen, dann haben wir keinen Einwand gegen Gespräche oder Treffen,“ sagte er. „Aber wenn ihr Ziel sein sollte, uns durch diese Treffen ihre Politik aufzudrücken, wäre das Zeitverschwendung.“ Er sagte, dass die Hisbollah-Miliz, außer wenn sie angegriffen würde, nur innerhalb der Grenzen Libanons operieren würde und versprach, diese zu entwaffnen, wenn die libanesische Armee fähig wäre, Stellung zu beziehen. Nasrallah sagte, daß er kein Interesse habe, einen neuen Krieg mit Israel anzufangen. Jedoch fügte er hinzu, daß er von einem neuen israelischen Angriff Ende dieses Jahres ausgehe und sich darauf vorbereite.
Nasrallah beharrte weiterhin darauf, daß die Demonstrationen auf den Straßen von Beirut solange weitergehen würden, bis die Siniora-Regierung fallen oder die politischen Forderungen seiner Koalition erfüllen würde. „Praktisch ausgedrückt, diese Regierung kann nicht regieren,“ erzählte er mir. „Sie gibt vielleicht Anweisungen heraus, aber die Mehrheit der Leute im Libanon („Lebanese People“) wird sie nicht befolgen und die Legitimität dieser Regierung nicht akzeptieren. Siniora bleibt durch internationale Unterstützung im Amt, aber das heißt nicht, dass Siniora den Libanon regieren kann.“
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Präsident Bush´s wiederholtes Lob der Siniora-Regierung, so Nasrallah, „ist der beste Dienst, den er der libanesischen Opposition erweisen kann, weil es deren Position (Anm: der Regierung) vis-à-vis mit den Libanesen und den Arabern und der islamischen Bevölkerung schwächt. Sie glauben, daß wir müde werden. Wir wurden nicht müde während des Krieges, also wie könnten wir müde während einer Demonstration werden?“
Es gibt scharfe Meinungsunterschiede innerhalb und außerhalb der Bush-Administration darüber, wie am Besten mit Nasrallah zu verfahren ist und ob er tatsächlich ein Partner innerhalb einer politischen Vereinarung sein könnte. Der scheidende oberste Geheimdienstkoordinator John Negroponte sagte im Januar in einem Abschiedsbrief an den Geheimdienstausschuss des Senats, Hisbollah läge „im Zentrum von Iran´s terroristischer Strategie..sie könnte entscheiden, Angriffe gegen die Interessen der U.S. zu leiten, für den Fall daß sie glaubt ihr Überleben oder das des Irans wäre bedroht…die libanesische Hisbollah sieht sich selbst als Teheran´s Partner.“
Im Jahre 2002, damals Vize-Außenminister, nannte Richard Armitage die Hisbollah „das A-Team“ der Terroristen. In einem kürzlich erschienenem Interview gab Armitage jedoch zu, daß die Angelegenheit irgendwie komplizierter geworden sei. Nasrallah, so Armitage zu mir, habe sich entwickelt als „eine gewisse politische Kraft, mit einer politischen Rolle die er im Libanon spielen kann, wenn er es denn will.“ Im Stile von „public relations“ und politischen Winkelzügen sagte Armitage, Nasrallah „ist der klügste Mann im Mittleren Osten.“ Aber, so fügte er hinzu, Nasrallah „muß klarmachen, daß er eine angemessene Rolle als loyale Opposition spielen will. Für mich gibt´s da immer noch eine Blutschuld zu bezahlen“ – ein Hinweis auf den ermordeten Colonel und das Attentat auf die Unterkünfte der Marines.
Robert Baer, ein früherer CIA-Agent der lange Zeit im Libanon gedient hatte, ist ein scharfer Kritiker der Hisbollah gewesen und hat vor ihren Verbindungen zu iranisch-gesponsortem Terrorismus gewarnt. Aber nun sagte mir, „Wir haben sunnitische Araber die sich darauf vorbereiten den Konflikt zu katalysieren und wir brauchen jemanden, der die Christen im Libanon beschützt. Das waren einmal die Franzosen und die Vereinigten Staaten, und nun werden das Nasrallah und die Schiiten sein.“
„Die wichtigste Story im Mittleren Osten ist die Entwicklung Nasrallah´s von einem Straßen-Kerl zu einem Führer – von einem Terroristen zu einem Staatsmann,“ fügte Baer hinzu. „Der Hund, der diesen Sommer nicht bellte“ – während des Krieges mit Israel – „ist der schiitische Terrorismus.“ Baer ging auf Ängste ein, daß Nasrallah, zusätzlich zum Abfeuern von Raketen auf das Gebiet von Israel und der Entführung seiner Soldaten, vielleicht eine Welle von Terror-Attacken auf israelische und amerikanische Ziele in Bewegung setzen hätte können. „Er hätte den Abzug drücken können, aber er tat´s nicht,“ so Baer.
Die meisten Mitglieder der Geheimdienst- und Diplomatengemeinden bestätigen Hisbollah´s fortdauernde Verbindungen zu Iran. Aber es besteht Uneinigkeit darüber, inwieweit Nasrallah die Interessen der Hisbollah zugunsten des Iran´s vernachlässigen würde. Ein früherer CIA-Offizier der ebenfalls im Libanon gedient hatte, nannte Nasrallah „ein libanesisches Phänomen“, hinzufügend, „Ja, er wird unterstützt durch Iran und Syrien, aber Hisbollah ist darüber hinaus gegangen.“ Er sagte mir, daß es eine Periode in den späten 80ern und frühen 90ern gegeben hätte, in der die CIA in der Lage war, heimlich Nasrallah´s Gespräche zu überwachen. Er beschrieb Nasrallah als einen „Gang Leader, der fähig war mit anderen Gangs Deals auszuhandeln. Er hatte Kontakte mit jedermann.“
DEM KONGRESS ERKLÄREN
Die Abhängigkeit der Bush-Administration von verdeckten Operationen, von denen dem Kongress nicht berichtet wird, sowie ihr Umgang mit Vermittlern fragwürdigen Rufs haben für manche in Washington ein früheres Kapitel der Geschichte wieder in Erinnerung gerufen. Vor zwei Jahrzehnten versuchte die Reagan-Administration die Contras in Nicaragua illegal zu finanzieren, mithilfe von illegalen Waffenverkäufen an den Iran. Auch saudisches Geld spielte eine Rolle in dem sogenannten Iran-Contra-Skandal, und ein paar der damals Beteiligten – namentlich Prinz Bandar und Elliot Abrams – sind es heute wieder.
„Iran-Contra“ war Thema einer „Lektion gelernt“-Diskussion vor 2 Jahren von Veteranen des Skandals. Abrams leitete die Diskussion. Eine Schlussfolgerung war, daß, obwohl das Programm schließlich bekannt wurde, es möglich gewesen war die Aktion durchzuführen ohne den Kongress zu informieren. Hinsichtlich dessen, was die Erfahrung daraus ihnen für zukünftige Geheimdienstoperation lehrte, stellten die Teilnehmer fest:
„Erstens, Du kannst unseren Freunden nicht vertrauen. Zweitens, die CIA muß komplett rausgehalten werden. Drittens, man kann dem regulären („uniformed“) Militär nicht trauen und viertens, es muß aus dem Büro des Vize-Präsidenten laufen“ – eine Referenz an Cheney´s Rolle, so der frühere leitende Geheimdienstbeamte.
Mir wurde nachträglich von den zwei Regierungsberatern und dem früheren leitenden Geheimdienstoffizier erklärt, daß die Nachwirkungen von „Iran-Contra“ ein Faktor in Negroponte´s Entscheidung waren, als oberster Geheimdienstkoordinator zurückzutreten und den Job als Staatssekretär im Aussenministerium unterhalb der Kabinettsebene zu übernehmen. (Negroponte weigerte sich das zu kommentieren.)
Der frühere leitende Geheimdienstbeamte erzählte mir außerdem, daß Negroponte die Erfahrungen aus der Reagan-Administration nicht wiederholen wolle, er diente damals als Botschafter in Honduras. „Negroponte sagte, `Keine Chance, ich mach das nicht noch mal mit, mit dem N.S.C., der die Operationen abseits der Bücher fährt, ohne Bericht`“ (Im Falle einer CIA-Geheimdienstoperation muß der Präsident einen schriftlichen Bericht verfassen und den Kongress informieren.) Negroponte blieb als Staatssekretär (Vize-Außenminister), fügte er (der Geheimdienstbeamte) hinzu, weil „er glaubt die Regierung positiv beeinflussen zu können.“
Der Regierungsberater sagte, daß Negroponte die Ziele des Weissen Hauses teilte, aber diese „nach den Regeln verfolgen wollte“. Der Pentagon-Berater sagte mir ausserdem, „Es gab da so das Gefühl in den höherrangigen Ebenen, daß er nicht voll und ganz einverstanden war mit den abenteuerlichen verdeckten Initiativen.“ Es war auch wahr, sagte er, daß Negroponte „Probleme hatte mit dieser Rube Goldberg-Politikneuerfindung zur Stabilisierung des Mittleren Ostens.“
Der Pemtagon-Berater fügte hinzu, daß eine Schwierigkeit, im Falle einer Überprüfung, die Buchhaltung für verstecktes Kapital war. „Es gibt viele, viele Töpfe mit schwarzem Geld, aufgesplittet auf viele Orte, die überall auf der Welt für eine Vielzahl von Missionen verwendet werden,“ sagte er. Das Budget-Chaos im Irak, wo Milliarden Dollar einfach verschwanden, war, nach Angaben des früheren leitenden Geheimdienstbeamten und dem zurückgetretenen 4-Sterne-General, ein Vehikel für solche Transaktionen.
„Dies geht zurück auf `Iran-Contra`“, so sagte mir ein ehemaliger Berater des Nationalen Sicherheitsrates. „Und sie unternehmen jede Menge, um die Agency (Anm.:die CIA) da rauszuhalten“. Er sagte, der Kongress sei nicht in vollem Umfang über die U.S.-Saudi-Operationen informiert worden. Und, sagte er, „Die CIA fragt, `Was passiert hier?` Sie sind besorgt, weil sie denken, jetzt kommt die Stunde der Amateure.“
Die Frage der Aufsicht beginnt mehr Beachtung im Kongress zu finden. Letzten November veröffentlichte der Recherche-Service des Kongesses einen Bericht für den Kongess, in welchem er das Verwischen der Linie zwischen CIA- und strikt militärischen Aktivitäten, die nicht die gleichen Berichtspflichten haben, durch die (Bush-)Administration darstellte. Und der Geheimdienstausschuss des Senats, unter Vorsitz des Senators Jay Rockefeller, hat eine Anhörung für den 8.März zu Geheimdienstaktivitäten des Pentagon angesetzt.
Senator Ron Wyden aus Oregon, ein Demokrat und Mitglied des Geheimdienstausschusses, sagte mir, „Die Bush-Administration hat vielfach ihre gesetzlichen Pflichten verletzt, den Geheimdienstausschuss umfassend und vollständig zu informieren. Immer wieder ist die Antwort ein `Vertraut uns` gewesen“, so Wyden.
„Es ist schwer für mich der Administration zu vertrauen“.
Seymour Hersh
Original-Artikel unter:
http://www.newyorker.com/reporting/2007/03/05/070305fa_fact_hersh
„New Yorker“,
Issue of 2007-03-05
Posted 2007-02-25