Ex-Präsident von Peru begeht vor Festnahme Suizid

Alan Garcia sollte wegen illegaler Wahlkampffinanzierung in Haft. 69-jähriger fügt sich schwere Schussverletzung zu und stirbt

Perus ehemaliger Präsident Alan García hat sich am Mittwoch das Leben genommen, um einer Verhaftung im Zuge von Korruptionsermittlungen zu entgehen. García, der den Andenstaat von 1985 bis 1990 und von 2006 bis 2011 regierte, sollte zunächst für zehn Tage inhaftiert werden. Vor dem Zugriff fügte er sich eine schwere Schussverletzung zu, an deren Folgen er wenig später verstarb.

Nach Angaben peruanischer Medien versuchten Ärzte im Casimiro-Ulloa-Krankenhaus in Lima, Garcias Leben in einer Notoperation zu retten. Die Bemühungen blieben jedoch ohne Erfolg. García hatte sich nach unterschiedlichen Angaben eine Schussverletzung in Genick oder Kopf zugefügt.

Laut Ricardo Pinedo, dem Assistenten des Ex-Präsidenten, hatten Beamte der Polizei und der Staatsanwaltschaft zunächst versucht, in das Haus des Politikers einzudringen. Sie informierten ihn, dass es sich um eine Durchsuchung handele und sie einen vorläufigen Haftbefehl zu vollstrecken hätten. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden Verhaftung begab sich Garcia in den oberen Stock seines Hauses. Wenig später sei ein Schuss zu hören gewesen.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Politiker vor, in den weitreichenden Korruptionsskandals um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht verwickelt zu sein. Die Justiz ging davon aus, dass der Sozialdemokrat im Wahlkampf im Jahr 2006 illegale Spenden von Odebrecht für seine Kampagne erhalten hat. García hatte dies bestritten. „Man darf Menschen nicht aufgrund von Spekulationen verhaften, das wäre eine große Ungerechtigkeit“, sagte er vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem Sender RPP.

Erst vor wenigen Tagen war auch sein Nachfolger, Perus Ex-Präsident (2016-2018) Pedro Pablo Kuczynski, im Rahmen der seit letztem Jahr gegen ihn andauernden Korruptionsermittlungen festgenommen worden. Er befindet sich gegenwärtig für zehn Tage in Untersuchungshaft. Kuczynski wird Korruption während seiner Zeit als Wirtschaftsminister der Regierung von Alejandro Toledo (2001-2006) vorgeworfen. Auch er soll Bestechungsgelder von Odebrecht angenommen haben.

García hatte bis zuletzt versucht, sich dem Zugriff der Justiz zu entziehen. Mitte November vergangenen Jahres flüchtete er sich in die Botschaft von Uruguay in Lima. Er musste die diplomatische Vertretung jedoch wieder verlassen, nachdem Uruguays Staatschef Tabaré Vázquez sein Gesuch auf politisches Asyl abgelehnt hatte: „Wir haben der Bitte um Asyl nicht stattgegeben, da in Peru die drei Staatsgewalten ungehindert agieren können“, erklärte er auf einer Pressekonferenz. Der ebenfalls anwesende Außenminister Rodolfo Nin Novoa fügte hinzu: „Die uruguayische Regierung ist zu dem Schluss gekommen, dass die Ermittlungsverfahren gegen Ex-Präsident Alan García keine politische Verfolgung darstellen. Es handelt sich um Anklagen, die sich mehrheitlich auf wirtschaftliche und administrative Vorfälle beziehen, die während seiner beiden Amtszeiten als gewählter Präsident Perus vorgefallen sind“.

„Der Tod von Alan García kommt einem politischen Erdbeben gleich, in diesem Moment steht das ganze Land unter Schock“, sagte gegenüber dem Amerika21-Partnerportal Nodal die peruanische Journalistin Maritza Espinoza. Die sozialdemokratische Amerikanische Revolutionäre Volksallianz (Alianza Popular Revolucionaria Americana, APRA) werde nach dem Freitod Garcías die Reihen schließen, obwohl die Unzufriedenheit mit dem Parteivorsitzenden sehr groß gewesen sei, so Espinoza.

„Wir wissen nicht, was den ehemaligen Präsidenten Garcia zu dieser Entscheidung bewogen hat. Es gibt Spekulationen. Aber wir können noch nicht sagen, welche Auswirkungen das haben wird. Anscheinend versuchen mehrere führende APRA-Funktionäre, Präsident Martín Vizcarra direkt für das Geschehene verantwortlich zu machen. Vernünftigere Stimmen haben jedoch darauf hingewiesen, dass alleine eine Hausdurchsuchung nicht erklärt, was passiert ist“. Im Moment stehe das Land unter Schock. In den sozialen Netzwerken gebe es alle möglichen Reaktionen.

Die Journalistin zog eine zwiespältige Bilanz von Garcías Präsidentschaften. Der Sozialdemokrat habe in seiner ersten Amtszeit eine Reihe von politischen Entscheidungen umgesetzt, die man rückblickend als populistisch bezeichnen würde. Zur Bilanz seiner ersten Regierung gehörte auch eine Inflation von fast 3.000 Prozent. „Seine Regierung war in vielerlei Hinsicht eine Katastrophe“, so Espinoza. In der zweiten Amtszeit habe er ein wirtschaftlich vollends saniertes Land übernommen und den kapitalistischen Markt laufen lassen. Er sei in dieser Zeit in vielerlei Hinsicht politisch nach rechts gerückt.

In Peru wird gesagt, Alan Garcia sei der beste Kandidat gewesen, den das Land je hatte, aber der schlechteste Präsident. „Ich denke, so werden sich die Leute an ihn erinnern“, sagte Espinoza.

Während seiner ersten Amtszeit gingen die peruanischen Streitkräfte zudem bei der Bekämpfung der Guerilla „Leuchtender Pfad“ brutal gegen die Zivilbevölkerung vor. Auch soll Garcia persönlich für ein Massaker an politischen Gefangenen im Jahr 1986 verantwortlich sein. Um sich einem diesbezüglichen Verfahren zu entziehen, hielt sich Garcia von 1991 bis 2001 in Kolumbien und Frankreich auf. Dieses Verfahren wurde von der peruanischen Justiz eingestellt.

Erstveröffentlichung am 18.4.2018 auf Portal amerika21.de

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