Selbsternannter Gegenpräsident Guaidó ruft zu Protest am 1. Mai auf. Regierung betont zivil-militärische Einheit. Botschaften bedroht
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat die Bevölkerung bei einer Gedenkveranstaltung an den antikolonialen Befreiungskampf gegen die spanische Herrschaft im 19. Jahrhundert zu entschiedenem Widerstand gegen ausländische Interventionen aufgefordert. Das Land sei heute der Gefahr einer Fremdherrschaft der USA und ihrer Verbündeten ausgesetzt, sagte der linksgerichtete Staatschef. Der selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó rief indes zu neuen Protesten am 1. Mai auf. Die Opposition um Guaidó hält damit den Druck auf die Maduro-Regierung aufrecht. Im Ausland wurden indes mehrere Botschafter der venezolanischen Regierung bedroht.
Auf Twitter schrieb Maduro, Venezuela müsse den USA und ihren Verbündeten heute „mit dem Geist vom 19. April 1810 entgegentreten: „Mit dem gleichen Widerstandswillen stellen wir uns heute neuen Imperien entgegen, die versuchen, unseren heiligen Schatz, die Freiheit, zu stehlen.“
Am 19. April feierte Venezuela den 209. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Damals wurde das Ende der spanischen Kolonialherrschaft eingeleitet. Caracas setzte mit Unterstützung der Bevölkerung, der Armee und von Teilen des Klerus den Gouverneur und Generalkapitän Vicente Emparan sowie weitere kolonialspanische Beamte ab und schickte sie ins Exil.
Der Präsident der oppositionell dominierten Nationalversammlung und selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó rief derweil erneut zu einem „Mega-Marsch“ auf die Hauptstadt auf. Am 1. Mai werde mit der kommenden Demonstration „das endgültige Ende der Usurpation und das Ende der Tragödie des venezolanischen Volkes“ besiegelt.
Während einer Kundgebung auf dem Bolivar-Platz im wohlhabenden Stadtteil Chacao im Osten von Caracas prognostizierte der Oppositionspolitiker „einen so großen Marsch, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.“ Damit würde die „Usurpation“ beendet. Mit diesem Begriff bezeichnet die Opposition um Guaidó die Regierung von Maduro, deren Legitimität sie nach den letzten Präsidentschaftswahlen am 20. Mai 2018 nicht mehr anerkennt.
Guaidó will in der kommenden Woche sogenannte „Kommandos für Hilfe und Freiheit“ in mehreren Teilen des Landes vereidigen. Diese Strukturen sollen den Sturz der Regierung vorantreiben. Bis jetzt seien 3.100 solcher Gremien gegründet worden“, sagte er: „Wir müssen diese Kommandos jetzt im ganzen Land aufbauen“.
In einem Interview wies der russische Botschafter in Venezuela, Vladimir Zaemskiy, indes einen Kommentar des US-amerikanischen Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton zurück, der die sogenannte Monroe-Doktrin von 1823 als „lebendig und wirksam“ bezeichnet hat. Diese Doktrin, die ursprünglich darauf abzielte, jegliche europäische Einmischung auf dem amerikanischen Kontinent zu verhindern, diente vor allem im 20. Jahrhundert dazu, US-Militärinterventionen in Ländern wie Kuba, Nicaragua, der Dominikanischen Republik und Grenada zu rechtfertigen. Die US-Regierungen unter Präsident Barack Obama (2009-2017) hatte von diesem historischen Dominanzanspruch demonstrativ Abstand genommen. Unter US-Präsident Donald Trump soll die Monroe-Doktrin nun offenbar wiederbelebt werden.
„Die US-Regierung kann keine Zeitmaschine erfinden, um den Lauf der Geschichte zu verändern“, erwiderte der russische Botschafter in einem Interview. Die Zeit der Dominanz der USA über Lateinamerika gehöre der Vergangenheit an.
Für Schlagzeilen sorgte indes die Besetzung der venezolanischen Botschaft in Costa Rica durch Anhänger der Guaidó-Opposition. Venezuelas Außenministerium warf der Regierung Costa Ricas vor, gegen Artikel 22 und 25 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu verstoßen, „indem sie die gewaltsame Besetzung unserer Botschaft in San José durch Handeln oder Unterlassen erlaubt hat“. In den USA gründeten Diplomaten und Unterstützer der venezolanischen Regierung in Erwartung ähnlicher Aktionen ein „Komitee zum Schutz der Botschaft“.
Erstveröffentlichung auf Portal amerika.de am 22.4.2019