USA, Justizaffäre: CIA, FBI, Pentagon und Gonzales in Korruptionsskandale verstrickt

Washington, 27.03.07: Der FBI-Chef Robert Mueller (Radio Utopie berichtete,1) muss vor dem Justizausschuss der US-Senats zu illegalen FBI-Praktiken der Spionage gegen US-Bürger aussagen. Die Entlassung von 8 Staatsanwälten aus politischen Gründen durch seinen Vorgesetzten Alberto Gonzales, den Justizminister und leitenden Staatsanwalt der USA, in Zusammenarbeit mit Beamten des Stabes von Präsident George W. Bush unter dem Chefberater Karl Rove, hatte die Justizaffäre ins Rollen gebracht.„Jedes Mal wenn wir zusammentreffen, gibt´s da ein weiteres ernstes Versagen was das FBI angeht“, so der Republikaner Senator Arlen Specter zu der Sachlage. „Jeden Tag kommen mehr Dinge ans Tageslicht“. Und er fügt hinzu:
„Die Frage stellt sich, ob überhaupt ein FBI-Direktor diesen Job bewältigen kann. Und die weitere Frage stellt sich, ob das FBI selbst diesen Job bewältigen kann“, so Spector am 27.März im Justizausschuss. (2)

Senator Patrick J. Leahy (D-Vt.) kündigte an, die gesamten Exekutiv-Vollmachten des sogenannten „Patriot Acts“ zu überprüfen, der nach dem 11.September nur gegen die Stimme von Russell Feingold durch den Senat gepeitscht wurde.
Diese Vollmachten waren die Grundlage für die Spionage gegen US-Bürger ohne richterlichen Beschluss durch das FBI, und für Einsetzungen von Bundesstaatsanwälten ohne Bestätigung durch die Justizausschüsse der Legislative.

„Welche Art von Versagen des Managements ermöglichte es dem FBI Hunderte von Überwachungensbeschlüssen („security letters“) zu erlassen, die bedeutende Falschbehauptungen enthielten ?“ fragte Leahy. Und direkt zu FBI-Direktor Mueller:
„Ist dies ein Fehler der Managements?“
„Ja“, antwortete Mueller.

Die Anzahl der FBI-Spionagefälle gegen die eigene Bevölkerung durch die erlassenen „security letters“ betrug vor dem 11.September und dem „Patriot Act“ im Jahre 2000 noch 8.500 Fälle. Diese Fälle waren gekoppelt mit einer richterlichen Genehmigung.
Im Jahre 2003 waren es bereits 39.000 Überwachungen, 2004 waren es 56.000 und fielen dann wieder auf 47.000 im Jahre 2005.(9)

Während der Vernehmung durch den Justizausschuss sagt Direktor Robert Mueller, sein FBI habe „aus Versehen“ in geschätzten 3000 Fällen das Gesetz gebrochen, als es Spionage gegen US-Bürger durch falsche Angaben veranlasste. Sorry.(7)

Wirklich bristant wurde es dann aber im Fall der gefeuerten Staatsanwältin Carol Lam.
Mueller musste zugeben, dass der Chef des FBI-Büros in San Diego, Dan Dzwilewski (3), zum Schweigen verdonnert worden war, weil er die Entlassung von Staatsanwältin Lam aus politischen Gründen öffentlich kritisiert hatte und eine Behinderung von Untersuchungen in Korruptionsfällen kritisiert hatte. Gleichzeitig behauptete der FBI-Direktor, an den Vorwürfen sei nichts dran.

DIE VERNEHMUNG DES KYLE SAMPSON

Ein Tag später, am 28.März:
vor dem Justizausschuss des Senats muss nun der mittlerweile zurückgetretene hochrangige Mitarbeiter von Justizminister Alberto Gonzales aussagen – Kyle Sampson.
Er hatte via email mit dem damaligen Vize-Rechtsberater des Weissen Hauses, David Leitch, die Entlassung der politisch für die Bush-Regierung unangenehmen Staatsanwälte organisiert. (wir berichteten, 4).

Die demokratische Senatorin Diane Feinstein befragt Sampson, ob er Druck auf Dzwilewski und das FBI in San Diego ausgeübt habe, um diese bezüglich der Entlassung von Staatsanwältin Lam zum Schweigen zu bringen. Daraufhin antwortet der ehemalige Staabschef von Justizminister Gonzales, er habe lediglich nachgefragt, „warum ein Angestellter des FBI diese Sache kommentiert“.
Sampson gibt ausserdem an, die Entlassung von Lam habe nichts mit ihrer Ermittlung in gewissen Korruptionsfällen zu tun, sondern dass „wirkliche Problem“ läge bei ihrer Behandlung von Einwanderungsfällen.
Daraufhin zückt Senatorin Weinstein einen Brief der US-Grenzschutzbehörde aus der Tasche (5), die die Staatsanwältin für ihre diesbezügliche Arbeit in höchsten Tönen lobt. Der Brief endet mit den Worten, „Noch einmal, danke für Ihre Unterstützung; sie werden vermisst werden“.

FEINSTEIN:“Ausserdem hat eine Rangliste von `USA Today` Carol Lam für ihre Anklagen in diesbezüglichen Fällen als eine der drei herausragendsten Staatsanwälte in den Vereinigten Staaten aufgeführt. Nun, wenn ich fortfahren darf, wer, Mr.Sampson war Dusty Foggo oder ist Dusty Foggo?“

ERDBEBEN IN BABEL, KAPITEL I – DAS PENTAGON, DIE CIA UND DIE KORRUPTION (6)
Ein Rückflug durch die Zeit. Wir befinden uns in…

Washington, 09.Mai 2006: Der Machtkampf zwischen dem Pentagon, der obersten Militärführung und seinen Geheimdiensten einerseits und der CIA andererseits ging gestern in die nächste Runde.

Nach dem Abgang von CIA-Chef Porter Goss, angeblich wegen Differenzen zum obersten Geheimdienstdirektor John Negroponte, hat nach Medienberichten auch der Operationschef Kyle „Dusty“ Foggo, der dritthöchste Offizier des ehemals mächtigen US-Auslandsgeheimdienstes seinen Rücktritt eingereicht.
Schnell wurde klar, daß in diesem Fall Vernebelungsmaßnahmen und Ausflüchte keinerlei Chance hatten, denn Kyle Foggo ist in einen der großen Korruptionsskandale verwickelt, von denen gleich mehrere die politisch und moralisch ausgehöhlte Republik USA erschüttern – in den Fall Randy „Duke“ Cunningham.

Der einflußreiche republikanische Lobbyist im US-Kongreß trat tränenreich am 28.November 2005 wegen von Rüstungslobbyisten kassierten Bestechungsgeldern in Höhe von $ 2.4 Millionen und Fälschung seiner Steuererklärung zurück. Er wurde im März 2006 wegen Verschwörung zum Post- und Dokumentenbetrug sowie zur Bestechung und Steuerhinterziehung zu über 8 Jahren Haft und $1.8 Millionen Strafe verurteilt.
Einer dieser Lobbyisten, Brent Wilkes, bekam offensichtlich gegen $525,000 Bestechungsgeld an Cunningham einen $6,000,000 Rüstungsauftrag.
Seit Kindheitstagen ein enger Freund von Wilkes: Kyle Foggo, der nun zurückgetretene Operationschef des CIA.
Dieser hatte Wilkes ebenfalls einen fetten Deal vermittelt, nämlich die Versorgung von CIA-Agenten in den Kriegsgebieten Irak und Afghanistan.

Getroffen hatten sich alle diese Unternehmer in eigener Sache, der Kongreßabgeordnete „Duke“ Cunnigham, der CIA-Operationschef „Dusty“ Foggo und der Rüstunglobbyist Brent Wilkes bei Sauf- und Nuttenparties mit anderen Kongeßabgeordneten in Washingtoner Edelhotels, darunter ausgerechnet das Watergate Hotel.
Die Ausrede, man habe „nur Karten gespielt“ zog nicht, Kyle Foggo trat nun von seinem Amt zurück. Daß auch der Rückzug des CIA-Chefs Porter Goss in Zusammenhang mit dem Cunninham/Wilkes-Bestechungsfall steht, darüber wird in Washington offen spekuliert.

Hintergrund dieser ans Tageslicht gekommenen, weitverzweigten schmutzigen Geschäfte rund um den Krieg ist ein Machtkampf zwischen dem Pentagon und seinen Geheimdiensten NSA und DIA gegen die CIA.

Am 17.Februar 2005 hatte die Bush-Administration den alten, mächtigen Geheimdienst CIA de facto entmachtet, indem er den Posten des Geheimdienstdirektors schuf. Dieser hatte nun als Einziger direkten Zugang zum Präsidenten und sämtlichen Informationen aller Geheimdienstbehörden. Vorher war dieses Privileg dem CIA-Chef vorbehalten gewesen.
Die Ernennung ausgerechnet des ex-Irak-Botschafters John Negropontes als Geheimdienstdirektor hatte zusätzlich für Unruhe im Apparat gesorgt.
Bereits am 22.4.2004, als der konservative Kongreßabgeordnete Porter Goss den bisherigen CIA-Direktor George Tenet ablöste, sprachen viele von einem „Verrat“ an der CIA, welche nun offiziell den Sündenbock für den 11.9. und die Lügen bezüglich der irakischen Massenvernichtungswaffen zu spielen hatte.
Tenets zynischer Kommentar dazu in seiner Abschiedsrede:
„Unser bestgehütetes Geheimnis ist, wie gut wir sind..“

Viele CIA-Agenten und Funktionäre rächten sich fortan, indem sie Informationen der Presse und der Justiz zuspielten. Es war nun offensichtlich, daß das Militär den 11.9. dazu benutzt hatte faktisch die Macht in der Republik USA zu übernehmen
Die Außerkraftsetzung der ältesten Verfassung der Welt, der Constitution, wurde durch die jämmerliche US-Legislative Anfang dieses Jahres endgültig zementiert, diese sogenannten „Patriot Acts“ wurde u.a. vom jetzt geschaßten CIA-Chef Porter Goss mitentworfen und durch den Kongreß gepeitscht.
Auch wurde seitens des Pentagon und Vizepräsident Dick Cheney immer wieder von möglichen neuen, verheerenden Anschlägen in den USA gesprochen und zwar immer dann, wenn es galt Druck auf den Kongreß oder die Wähler auszuüben.
Auch dies wurde von vielen Geheimdienstlern in CIA und FBI mit großer Sorge betrachtet.

Nun auch noch die Nominierung von Air Force-General Michael V. Hayden als möglicher Nachfolger des „zurückgetretenen“ Porter Goss als CIA-Chef.
Hayden ist nicht nur ex-Chef des Pentagon-Geheimdienstes NSA, sondern als Vize-Geheimdienstdirektor bereits jetzt formell dem alten CIA-Apparat übergeordnet. Ein Schachzug des Pentagon und der Bush-Administration, welche die Kontrolle des Militärs über die Geheimdienste weiterhin sichern will.
Donald Rumsfeld, eh schon schwer unter Druck, mußte heute die Öffentlichkeit beschwichtigen:
„Es gibt keinen Machtkampf in Washington.“ Und weiter: „Wenn man sich die Debatte ansieht und die Zeitungsartikel, das sind alles theoretische Verschwörungen, theoretische bürokratische Schlammschlachten.“
Gleichzeitig warb er für den designierten CIA-Vizechef Steve Kappes, welcher unter Porter Goss aus dem Geheimdienst gemobbt worden war, quasi als Versöhnungsgeste gegenüber dem immer noch mächtigen Geheimdienstausschuß des Senats, welcher den neuen CIA-Chef General Hayden erst noch bestätigen muß.

Nun aber ermitteln FBI sowie hartnäckige und offenbar gut informierte Staatsanwälte gegen die Bush-Administration und ihren Machtapparat, darunter auch das nach dem 11.9.2001 geschaffene Heimatschutzministerium.
Dieses hat einen $21.2 Millionen Vertrag mit der Transportfirma Shirlington, welche wiederum vom CIA-Operationschef-Kumpel und Lobbyisten Brent Wilkes beauftragt wurde für den Kongeßabgeordneten „Duke“ Cunningham und die berüchtigten Watergatehotel-Parties mit Firmenlimousinen Prostituierte einzusammeln und zu den „Pokerparties“ zu bringen.

Auf die Anfrage wie es denn sein könne, daß man mit einer Firma wie Shirlington Geschäfte mache obwohl deren Chef Chris Baker ein verurteilter Schwerverbrecher sei, antwortete der Sprecher des Heimatschutzministeriums Larry Orluskie:
„Wir überprüfen die Hintergründe von Fahrern dieser Firmen, aber wir haben nicht die Kapazität auch noch deren Bosse zu überprüfen…“

ZURÜCK IN DER JETZT-ZEIT..

Washington, 28.02.07

SAMPSON:“Ich verstehe durch Nachrichten, Senator, und durch Allgemeinwissen, dass er (Dusty Foggo) ein Angestellter der CIA war.

FEINSTEIN:“Und wer ist Mr.Wilkes?“

SAMPSON:“Ich weiss nicht. Ich verstehe, abermals durch Berichte in den Nachrichten, er hatte irgendwas mit Mr.Foggo zu tun.

FEINSTEIN: Und Ihnen ist bewusst, dass am 10.Mai Carol Lam Ihnen eine Nachricht ins Justizministerium geschickt hat, die besagte, dass sie beabsichtige einen Durchsuchungsbefehl im Falle der CIA-Untersuchung bezüglich Dusty Foggo und Brent Wilkes zu erwirken?

SAMPSON:“Ich erinnere mich nicht jemals so eine Nachricht gesehen zu haben.“

FEINSTEIN:“Aber am nächsten Tag schrieben Sie die email die besagt, `das wirkliche Problem was wir gerade jetzt` – gerade jetzt – `mit Carol Lam haben, führt mich zu dem Schluss, wir sollten jemanden für die Nominierung am 18.November (2006) bereit halten`, den Tag nachdem ihre 4-jährige Amtszeit ausgelaufen ist, dass hat also mit ihren Imigrationsfällen zu tun.“

SAMPSON:“Das wirkliche Problem, welches ich in dieser email ansprach, war das Versagen ihres Büros in Immigrationsfällen effizient zu sein.

FEINSTEIN:“OK.“
..
FEINSTEIN:“Lassen Sie mich einfach fortfahren.

Am 13.Januar sagt der Chef des FBI-Büros in San Diego, Dan Dzwilewski, dass er davon ausgeht, dass die weitere Beschäftigung von Carol Lam entscheident ist für den Erfolg von verschiedenen Untersuchungen.
Haben Sie beim FBI Hauptquartier (unter Direktor Robert Mueller) angerufen und sich über diese Äusserungen beschwert?“

SAMPSON:“Das habe ich. Ich rief Lisa Monaco an, die Sonder-Assistentin des FBI-Direktors, und fragte Sie, warum ein Angestellter des FBI Kommentare zu diesem Fall abgibt.“

FEINSTEIN:“Und warum waren Sie der Meinung, dass der in dieser Gegend leitende Agent sich nicht dazu äussern sollte, ob ihre Entlassung Fälle beinträchtigen würde?

SAMPSON:“Ich habe das so verstanden, dass Carol Lam eine durch politische Entscheidung ins Amt berufene Person war, und dass eine Entscheidung in der Exekutive getroffen worden war sie zum Rücktritt aufzufordern, damit Andere dienen könnten.“

DER FBI-DIREKTOR, DER STAATSANWALT UND DIE GLAUBWÜRDIGKEIT

Washington, 27.März:
Während der Vernehmung von FBI-Direktor Müller fragt der demokratische Senator Charles Schumer, wie er sich anstelle eines ehemaligen Staatsanwaltes fühlen würde, wenn auf ihn in bestimmten Fällen Druck ausgeübt worden wäre, er diesem Druck widerstanden hätte, einige Monate später ohne Angaben von Gründen gefeuert worden wäre um dann zu hören wie sein ehemaliger Boss behauptet, es wäre aus Gründen der „Performance“ nötig gewesen, obwohl davon bis zu diesem Zeitpunkt nie die Rede gewesen war.

MUELLER:“Ich muss mich wirklich widersetzen, über diese Menge an Fakten zu spekulieren.“ (7)

„Wenn die jetzt anfangen zu erzählen dass ich `Performance`-Probleme hatte, dann habe ich genau dasselbe zu meckern wie die anderen 7, denn das ist eine Lüge“, so vorgestern der gefeuerte Bundesanwalt für Arkansas, Bud Cummins, ein Republikaner der von der Bush-Regierung selbst nominiert worden war. Er war durch Tim Griffin, den früheren Assistenten von Karl Rove ersetzt worden.
Cummins zeigte sich ausserdem auch einigermassen verblüfft über die Aussage von Kyle Sampson vor dem Justizausschuss des Senats am 28.März, in der Sampson folgende denkwürdige Aussage gemacht hatte:
„Politischer Erfolg und Erfolg als Ankläger sind ein und dasselbe“.

Dazu äusserte Cummins nur, dass er sich lieber weitere Kommentare spare, „sonst brauche ich einen Zensor“.

„Glaubwürdig zu sein, ist wie schwanger zu sein – entweder Du bist es, oder Du bist es nicht…Wenn Du einmal der Öffentlichkeit einen Grund gegeben hast, das einige Deiner Entscheidungen unsachgemäss motiviert gewesen sind, werden sie jede Deiner Entscheidungen in Frage stellen die Du jemals getroffen hast, oder in der Zukunft fällen wirst.“(8)

Eine wahrlich amerikanische Sicht der Dinge.
Willkommen in Deutschland…

(1)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=375
(2)
http://www.latimes.com/news/nationworld/politics/la-na-mueller28mar28,1,2544769.story?track=crosspromo&coll=la-news-politics-national&ctrack=1&cset=true
(3)
http://thinkprogress.org/2007/03/29/sampson-feinstein/
(4)
http://www.radio-utopie.de/2007/03/16/usarove-bush-exekutive-saeuft-ab-in-justiz-affaere/
(5)

http://websrvr80il.audiovideoweb.com/il80web20037/ThinkProgress/2007/l-carol-lam_commendation-letter.pdf
(6)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=117&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=5
(7)
http://www.theolympian.com/101/story/73004.html
(8)
http://thinkprogress.org/2007/03/31/cummins-sampson/
(9)
http://www.jbs.org/node/3215

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