Um noch das nächste Wochenende einzuläuten und ein wenig Diskussionsstoff für den 1. Mai zu geben, möchte ich hier einen weiteren Kabarettisten präsentieren. Es ist die Demokratie in Ungarn unter dem Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány. Im Volk ist er völlig umstritten und gilt als nur von wohlhabenden Menschen anerkannt. Sein Ruf wird in seinem Blog und in den Medien permanent korrigiert.Während in Deutschland wirksame Propagandablätter wie der Spiegel herangezogen werden, um die öffentliche Meinung zu lenken, geht man in Ungarn den direkten Weg. Hierzulande wird die Bevölkerung nämlich derart häufig mit Parolen aus den Medien und von Politikern beregnet, dass sie glaubt, Globalisierung, Kapitalismus und das Aufgeben von Rechten und Freiheiten sei notwendig, um den Fortbestand dieses Volkes zu garantieren. Konsequent und ein Stück ehrlicher beschleunigen wollte das Gyurcsány in Ungarn.
Ich zitiere Wikipedia (1):
„Die Unzufriedenheit über Gyurcsánys Politik wurde insbesondere mit der Ankündigung seines radikalen Sparpakets kurz nach Beginn seiner zweiten Amtszeit deutlich größer, welches u. a. die Einführung von Praxisgebühren, Steuererhöhungen bzw. höhere finanzielle Belastungen für Rentner vorsah.
Zwei Wochen vor den Kommunalwahlen am 1. Oktober 2006 gelangte auf bislang ungeklärte Weise eine Rede Gyurcsánys an die Öffentlichkeit, die er nach dem zweiten Durchgang der Parlamentswahlen 2006 angeblich auf einer internen Fraktionssitzung in Balatonöszöd gehalten hatte. Darin analysierte er die derzeitige politische und wirtschaftliche Lage Ungarns in einem streckenweise groben, ungehaltenen Stil.
Gyurcsány gab darin zu, dass er und seine Partei die Bevölkerung in den vergangenen Jahren und im Wahlkampf 2006 belogen hätten, um die Macht zu erhalten, und dass seine Regierung in der vergangenen Legislaturperiode nichts Bleibendes geleistet habe. In weiteren Teilen der Rede behauptete er, die ungarische Politik sei „in eine Lügenfalle getappt“, gab vor, mit diesem Verhalten brechen zu wollen, und bot sich selbst als Ausweg aus dieser Krise an. Er stellte fest, dass Ungarn wirtschaftlich schwerer angeschlagen sei als bislang angenommen. Nachdem er am gleichen Tag die Echtheit der Aufnahme bestätigte, einen Rücktritt jedoch ausschloss, kam es zu gewalttätigen Demonstrationen in der ungarischen Hauptstadt.
In der Nacht zum 18. September 2006 wurde das Gebäude des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gestürmt und für einige Stunden besetzt. Die Menschenmenge forderte Gyurcsánys Rücktritt, den er aber nach wie vor ablehnte. Ferner kündigte er an, mit allen Mitteln „Ruhe und Ordnung“ wiederherstellen zu wollen.
Um diese Ruhe und Ordnung zu gewährleisten bediente man sich dann dem Budapester Polizeichef Péter Gergényi. Am 23. Oktober 2006 fanden am 50. Jahrestag der 56-Revolution öffentliche Kundgebungen aber vor allem wegen Gyurcsány auch Demonstrationen statt. In unseren Zeitungen und Zeitschriften hagelte es nur Meldungen über Radikale in Ungarn. Man musste den Eindruck gewinnen, die ungarische Bevölkerung wolle gezielt Unruhe stiften (2). Es tauchten gehäuft Bilder von brennenden Autos auf. Aber vor allem wurden die Äußerungen von Gyurcsány äußerst stark relativiert (3). Kein Wunder also, warum hier das Interesse an den Geschehnissen in Ungarn sehr niedrig ist.
Ich bekam schon vor einer Weile von Bekannten und Verwandten aus Ungarn den Rat, eine Dokumentation von László Pesty mit dem Namen Megsebzett Ünnep („Verwundete Feier“) anzuschauen. Diese möchte ich niemandem vorenthalten. Vor kurzem habe ich sie mit deutschen Untertiteln gefunden:
László Pesty – Megsebzett Ünnep
http://www.pestylaszlo.com/megsebzett_deu.php
(Wenn das Flash-Video nicht funktioniert, bitte als DVD oder WMV auf der Seite herunterladen!)
Die Parallelen zu allen anderen Demokratien und aktuellen Ereignissen auf der Welt sind unverkennlich. Es besteht doch eben ein riesiger Unterschied zwischen dem, was uns die Medien und Politiker erzählen und der Wirklichkeit. Haben im Geschichtsunterricht noch manche geschmunzelt, wenn der Volksaufstand zu DDR-Zeiten im Fernsehen heruntergespielt wurde, dann müssten sie eigentlich auch verstehen, dass sich daran nicht so schnell etwas geändert hat. Und wenn wir weiter glauben, wir wären frei, dann wird sich an der gegenwärtigen Situation nichts ändern.
Quellen:
1 http://de.wikipedia.org/wiki/Gyurcs%C3%A1ny
2 http://www.focus.de/politik/ausland/demonstrationen_nid_35888.html
3 http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,438209,00.html