Berlin: Der Bezirksverband Treptow-Köpenick, mit mehreren Abgeordneten im Kommunalparlament BVV vertreten, hat jetzt Ernst gemacht – die SAG, „Soziale Alternative für Gerechtigkeit“ sowie der Verein „Wohlfahrt, Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ sind als offizielle Nachfolgeorganisation der sich selbst zugunsten der „Linken“ auflösenden WASG gegründet worden. Es wird sich dabei ausdrücklich auf den Gründungsanspruch der alten WASG als Alternative zu den etablierten Parteien wie der PDS (heute „Linke“) gestützt (1).Den Grund dafür beschreibt die BVV-Verordnete Petra Allemann mit den linken Ansprüchen bei rechter Politik der „Linken“, der sogenannte „rot-rote“-Senat stehe mit seinem antisozialen Ausverkauf der Stadt Berlin und seiner Häuser weit rechts von allem, was sich eine CDU-Regierung trauen würde.
Die Grundsätze der WASG seien vom Bundesvorstand verraten worden, es fehle in Deutschland an einer Partei, die ihren eigenen Ansprüchen auch gerecht würde und für die Menschen, anstatt ihres Partei-Apparates da sei.
Auf die Frage, warum sie nun zum jetzigen Zeitpunkt die Nachfolgepartei SAG mitgründe, antwortet Bezirksabgeordnete Allemann:
„Weil wir immer für den Erhalt der WASG waren“, ein Übertritt zur Regierungspartei der „Linken“ in der Wowereit-Koalition komme für sie nicht in Frage.
Ebenso stellte Petra Allemann (SAG) die Frage, warum der trotzkistische Landesvorstand der WASG Berlin um Lucy Redler dem drohenden Ende untätig zusehe:
„Warum hat der Landesvorstand nie versucht die Rechtsnachfolge der WASG Berlin anzutreten oder das auch nur in Erwägung gezogen? Diese Frage muss man sich stellen.“
HINTER DEN FANFAREN…
Gerade mal 80 Mitglieder der in Auflösung begriffenen WASG Berlin folgten gestern der Einladung ins Altenheim Kreuzberg. Man hatte nicht den Eindruck, dass der (schon mehrfach vorher) gewählte Ort unpassend ausgesucht worden war.
Im Kern ging es um folgendes: der trotzkistische Flügel hat sich auf Bundesebene mit der Linkspartei bereits arrangiert und befürwortet einen Anschluss der WASG-Mitglieder an die „Linke“, die eigene Partei wird geopfert. Lucy Redler ist Bundesvorstandsmitglied der WASG und wird aller Voraussicht nach Vertreterin der Linken in der „Linken“ sein, bei gleichbleibend rechter praktischer Politik der umbenannten PDS.
In Berlin aber ist auch den eigenen Mitgliedern der trotzkistischen SAV schwer vermittelbar, warum man jetzt dem „Klassenfeind“ in der Regierung beitreten soll, gegen den man im Wahlkampf doch zufelde zog.
Also versucht man einen Spagat – Anschluss an die PDS auf Bundesebene, Vereinsgründung in Berlin.
Eine Partei soll dabei um jeden Preis verhindert und Parteigründungen wie die der SAG kleingeredet werden.
Die trotzkistischen „SAV“ und „Arbeitermacht“ erklären dabei allen Ernstes einerseits den Mitgliedern der Regierungspartei „Linke“/PDS Stimmrecht im noch zu gründenden Verein geben zu wollen und bezeichnen andererseits diejenigen, die diese rechte Politik nicht mitmachen wollen, als „bürgerlich“ und „traditionalistisch“.
Die Fantomdiskussion, die die Mitglieder gestern sichtbar quälte, ging zwar im Kern eben um diese Frage, nämlich ob eine Partei gründet werden soll oder nicht. Trotzdem wurde diese Frage nur ein einziges Mal laut gestellt und dann nicht beantwortet.
Der trotzkistische Flügel agierte dabei gewohnt taktisch. Zusammen mit Bündnispartnern aus dem erklärtermassen „amoralischen“ und „harmonistischen“ Spektrum, argumentierte man, zuerst müsse (ein dreiviertel Jahr nach dem Einzug in diverse Kommunalparlamente in Berlin) nochmal diskutiert werden.
Eine linke Programmatik müsse her, eine Vereinsgründung wurde als „Konzept A“ vorgeschlagen.
Eine Parteigründung aber, als Konkurrenz zur „Linken“, solle auf keinen Fall erfolgen.
„Konzept B“ u.a. von Landesvorstandsmitglied Michael Hammerbacher, sah eine Parteigründung 2008 vor mit dem erklärten Ziel, bei den nächsten Abgeordnetenhauswahlen auch anzutreten. Eine bundesweite Alternative zur „Linke“/PDS aufzubauen, das wurde von keiner Fraktion im Landesvorstand mehr in Erwägung gezogen.
Konzept A bekam die deutliche, aber für einen Beschluss nicht ausreichende Mehrheit von 64 Stimmen, Konzept A wird jetzt nochmal überarbeitet.
Im Grunde war die Veranstaltung ein Witz. Während die Bevölkerung dringend eine politische Vertretung sucht und sich die bürgerlichen Gazetten die CDU-SPD-Koalition „mangels politischer Alternative“ schönschreiben (2), heuchelt der K-Flügel der restlichen WASG Berlin linke Politik durch linkes Blabla vor und versucht mit allen Mitteln der ex-Staatspartei PDS die Konkurrenz vom Leibe zu halten.
Die SAG plant derweil durchaus einen Ausbau als bundesweite Partei. Auch andere Parteigründungen sind im Gespräch.
Es bleibt abzuwarten, wer sich bei diesem produktiven Wettbewerb im linken Spektrum durchsetzen wird.
Die sogenannte „Linke“, die nur durch die WASG wieder in den Bundestag einzog und durch sie insgesamt 10 Millionen Euro Wahlkampfkostenerstattung kassierte, wird von der Bevökerung jedenfalls nicht als Alternative zu den anderen Lobbyisten der Konzerne in den etablierten Parteien wahrgenommen.
Dazu hat sie einfach zu selten – wenn man ehrlich ist, eigentlich nie – Wort gehalten, linke Programmatik hin oder her.
(1)
http://sag-aktuell.blog.de/
(2)
http://www.zeit.de/online/2007/18/presseschau-grosse-koalition?page=1