USA,Justizaffäre: Gonzales vor Misstrauensvotum durch den Senat

Washington: Am heutigen Montag wird im US-Senat – einer der beiden Kammern der Legislative, dem Kongress – ein Misstrauensantrag gegen den im Zuge von Entlassungen von Bundesstaatsanwälten und Korruptionsaffären schwer unter Druck geratenen US-Jutizminister und leitenden Generalstaatsanwalt Alberto Gonzales eingebracht.Der Beschluss hat keinerlei rechtliche Konsequenzen, nichtsdestotrotz hohe Symbolkraft.

Der Sprecher des Weissen Hauses, Tony Snow, machte bereits deutlich, dass US-Präsident George Bush an seinem Justizminister festhalten wird.
Auch prognostizierte er, dass der Senat wieder einmal nichts erreichen würde.
„Womit wir´s hier zu tun haben ist ein Senat, der bereits grösste Schwierigkeiten hatte irgendeines seiner Versprechen einzulösen,“ so US-Regierungssprecher Snow.
„Ausserdem ist doch sonnenklar, der Präsident hat das Recht Leute zu heuern und zu feuern wie es ihm beliebt. Niemand hat bei diesen ganzen Sachen irgendetwas Ungefügiges gefunden.“(1)

Dagegen hatte ein ehemaliger leitender Beamter im US-Justizministerium, Daniel J. Metcalfe, vorgestern in der Presse erklärt, er sei im Januar zurückgetreten weil er die „rein politische Zweckmässigkeit, Vermeidung persönlicher Verantwortung, ständig wachsende Selbstverteidigung“ und einen „unverantwortlichen Konsens in der Entscheidungsfindung unter Missachtung alter Praktiken und Prinzipien“ im US-Justizministerium nicht mehr länger ertragen könne.(2)

Einzelne Republikaner haben bereits angekündigt, dass angeblich so unwichtige Votum des Senats durch Anträge und Verfahrenstricks verhindern und verschleppen zu wollen.(1)

DER BRIEF AN DEN (VIZE-)KÖNIG

Bereits am 16. April hatten wichtige konservative Lobbyisten der republikanischen Partei den realitätsbefreiten Schauspieler von Dick Cheney im Weissen Haus, „Präsident“ George Bush, in einem offenen Brief ultimativ aufgefordert Alberto „Gonzo“ Gonzales endlich rauszuschmeissen.

„Mr.Gonzales ist einer beispiellosen Verkrüppelung der altehrwürdigen `Checks and Balance` (Anm: in etwa „Gewaltenteilung“) der Verfassung vorgesessen. Er hat dem Rechtsgrundsatz Schande bereitet und den Wert seiner Währung, die Ehrlichkeit, verschlechtert,“ so der Brief der Konservativen.

Die Verfasser des Brandbriefs einflussreicher Rechter aus den USA las sich wie ein Who is Who der im Hintergrund tätigen, für jede Partei unerlässlichen Strippenzieher:

Bruce Fein, ein früherer Mitarbeiter im Justizministerium unter Ronald Reagan, tätig u.a. im RNC, des „Republican National Committee“, dessen e-mail-accounts von Karl Rove und dem Stab des Weissen Hauses über Jahre für die Intrige gegen die lästigen Staatsanwälte zweckentfremdet worden waren um der seit Watergate zwingend vorgeschriebenen Archivierung offizieller Regierungskommunikation zu entgehen.
Er hatte u.a. den 2005 durch die Bush-Regierung vorgelegten Entwurf für eine „Verfassung“ des Irak in der Luft zerissen.

David Keene. Er ist Vorsitzender der einflussreichen amerikanischen konservativen Union („American Conservative Union“), einer der ältesten konservativen Basisgruppen in den USA.

Richard Viguerie, Wahlkämpfer und Geldsammler für die Republikaner, mit vielen Kontakten.

Bob Barr, früherer Kongressabgeordneter und als Anwalt Vertreter der klassischen „Free Speech“-Linie innerhalb der US-amerikanischen Rechtssprechung.

John Whitehead, Chef des rechtskonservativen Rutherford Instituts und Vertreter des religiösen Flügels.

Der offene Brief der Konservativen endete mit folgenden Worten:
„Generalstaatsanwalt Gonzales ist erwiesenermassen ein unpassender Verwalter des Gesetzes und sollte zum Wohle des Landes zurücktreten…Der Präsident sollte seinen Rücktritt akzeptieren und ein Beispiel dafür liefern, wie ein weiser oder ehrlicher Mensch dies vielleicht durch die Nominierung eines Nachfolgers wieder gut machen könnte.“ (3)

Ein Wunsch, der nicht in Erfüllung gehen wird. Weise und ehrliche Menschen werden nicht Präsident, Kanzler, Minister oder Bürgermeister.

Weise und ehrliche Menschen können nur versuchen, diese mit schärfster Kontrolle jeder allerwinzigsten Massnahme, grösster Drangsal des ständigen Rechtfertigungszwangs und unerbittlicher, grausamster Aufsicht zu verfolgen.

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Quellen:
(1)
http://thinkprogress.org/2007/06/10/snow-no-confidence/
(2)
http://www.ajc.com/blogs/content/shared-blogs/washington/washington/entries/2007/06/09/former_justice.html?cxntfid=blogs_window_on_washington
(3)
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=430&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=4

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