Kracher aus Kabul: Der Präsident Afghanistans verlangt einen Stopp der Einmischung von UNO, EU und USA in die „inneren Angelegenheiten“ des seit 2001 von Nato-Truppen besetzten Landes. Die ganze Farce des seit über acht Jahren systematisch eskalierten „zivil-militärischen Ansatzes“ steigert sich zum Exzess.
Dass Deutschland nicht am Hindukusch verteidigt, sondern durch dir Berliner Kriegsparteien dort regiert wird, konnte in über acht langen Jahren seit der Invasion Afghanistans jeder mitverfolgen. Nach den neuesten Krachern aus Kabul muss sich nun die Frage stellen: wird vielleicht der Hindukusch in Deutschland verteidigt? Sind vielleicht die ganzen Toten der letzten acht Jahre Krieg ohne Verteidigungsfall (für Deutschland) einfach Opfer einer tragischen Verwechslung?
Der am 4.Dezember 2001 auf einer Konferenz der Besatzungsmächte (Afghanistans) in Deutschland zum „Präsidenten“ (Afghanistans) gekürte Hamid Karzai hat zum wiederholten Male die USA und die UNO massiv angegriffen. Wie der „Wall Street Journal“ (1) unter Bezug auf drei Zeugen vermeldet, drohte Karzai am Samstag (03.03) in einem Treffen mit 60-70 afghanischen „Parlamentsabgeordneten“, er sei eventuell gezwungen „die Seiten zu wechseln“, wenn das afghanische Parlament nicht seiner Übernahme der vollständigen Kontrolle über die Wahlkommission ECC zustimme. Dies sei allgemein, so die Zeugen, als Wechsel zu „den Taliban“ verstanden worden.
update 14.55 Uhr
Die „New York Times“ (5) meldete das wörtliche Zitat Karzais:
„Wenn Ihr oder oder die internationale Gemeinschaft mich weiter unter Druck setzt, ich schwöre, dann schliesse ich mich den Taliban an.“
Die ECC hatte letztes Jahr bei den afghanischen Präsidentenwahlen über eine Million über Karzai abgegebene Stimmen für gefälscht erklärt und Neuwahlen angeordnet. Diese fanden aber nicht mehr statt, da der einzige Gegenkandidat Karzais von der Wahl zurücktrat. Ergo wurde Karzai wieder als Präsident ernannt und von den Nato-Besatzungsmächten erneut anerkannt.
Bisher bestimmt die UNO drei der fünf Mitglieder der ECC Wahlkommission. Im Februar hatte Karzai ein Dekret erlassen, welches ihm ermöglicht alle fünf Mitglieder selbst zu ernennen. Das afghanische Parlament hatte nun letzte Woche dieses Dekret wieder aufgehoben. Im September sind Parlamentswahlen, Karzai möchte offenbar gute Freunde einen sicheren Arbeitsplatz verschaffen.
Der vom Nordatlantikpakt gestützte Präsident Afghanistans bezeichnete nun das Nein des Parlamentes zu seinem Dekret als Ergebnis einer „ausländischen Verschwörung“ und drohte den Besatzungstruppen mit „den „Taliban“; deren „Revolte wird zur Widerstandsbewegung“ (1), so Karzai, wenn die USA und ihre Verbündeten nicht aufhören würden, sich in die inneren Angelegenheiten seines Landes einzumischen.
Karzai benutzte dabei einen Begriff, der an den Guerillakrieg der US-gestützten Kriegsfürsten und ihrer Milizen angelehnt war, welche seit 1979 gegen die Truppen der Sowjetunion und die Verbände der sowjetisch gestützten Regierung einen Guerillakrieg geführt hatten. Der damals in die westliche Öffentlichkeit eingeführte Begriff für diese afghanischen Milizen war „Mujaheddin“ („Gotteskrieger“).
1989 hatten sich die sowjetischen Verbände zurückgezogen, nach dem Ende der Sowjetunion brach auch deren gestütztes Regime in Kabul 1992 zusammen. Bereits zu diesem Zeitpunkt waren in Afghanistan nach nicht näher zu bestimmenden Schätzungen zwischen ein und zwei Millionen Menschen im Krieg umgekommen. Danach folgte in Afghanistan ein ebenfalls äusserst grausamer und blutiger Bürgerkrieg zwischen den durch die USA hochgerüsteten Kriegsfürsten.
1994 traten im afghanischen Bürgerkrieg aus dem Nichts Milizen auf, die unter dem Namen „Taliban“ („Schüler“ bzw „Koranschüler“) firmierten. Sie wurden ebenfalls von den USA aufgebaut, in Zusammenarbeit mit Pakistan, welches den Taliban als Basis diente. 1996 übernahmen diese die Macht. 2001 wurden sie gestürzt, durch Invasionstruppen der Nato, welche eine flux „Nordallianz“ getaufte Gruppe von Kriegsfürsten und Drogenbarone als Fussvolk gebrauchte.
Viele der heutigen „Minister“ und „Parlamentsabgeordneten“ sind die gleichen Kriegsfürsten und Drogenbarone, welche bereits als „Mujaheddin“, „Taliban“ oder „Nordallianz“ operierten, von den USA gestützt und finanziert wurden, sich dabei ständig bekämpften und regelmäßig Seiten wechselten. Insofern steht auch Hamid Karzai mit seinen Äußerungen in bester afghanischer Tradition.
Was allerdings heute nicht mehr so gern gelesen wird: das alte Label „Taliban“ hatte nach der Eroberung Afghanistans im Jahre 2001 eigentlich ausgedient.
Am 26.Februar 2004 stand, zusammen mit dem damaligen US-Pentagon-Chef Donald Rumsfeld, der damals wie heute amtierende Hamid Karzai im Präsidentenpalast von Kabul vor der Presse und erklärte “die Taliban” für nicht mehr existent (2):
“Alles was in Afghanistan geschieht, hat keinen Bezug zu Terroristen. Zeiten von fehlender Sicherheit haben nichts mit Taliban oder Terroristen zu tun. Es gibt auch Banditentum, es gibt auch Diebstahl. Es gibt auch bewaffnete Raubüberfälle. Nun, nicht jede Tat die mit einer Kalashnikow verübt wird, ist eine Tat die entweder von den Taliban oder al Qaeda begangen wird. Manchmal ist es Diebstahl. Manchmal ist es institutionelle Schwäche. Viele Male haben wir Unrecht bemerkt, welches von Leuten begangen wurde, die für die Regierung arbeiten. Also, in Afghanistan, was Terrorismus angeht, was die Taliban angeht, glauben wir fest, mit Beweisen, dass sie besiegt sind. Sie sind verschwunden. (“They are gone.)
..wir sehen kein Wiedererstarken der Taliban. Die Taliban-Bewegung existiert nicht mehr. (“..we don’t see a resurgence of the Taliban. The Taliban as a movement does not exist any more.”)
Erst 2005 – nach dem erfolgten Regierungswechsel in Berlin und dem Amtsantritt der CDU-SPD-Koalition unter Angela Merkel – wurde in einem strategischen Schwenk durch die USA, Nato und ihren Satellitenstaaten der Begriff „Taliban“ wieder ausgebuddelt. Die Besatzungsmächte rüsteten in Afghanistan (unter allerlei Ausreden) massiv auf und eskalierten den „Krieg“, der sich vor allem in ständigen Bombardements von Dörfern und Massakern an Zivilisten niederschlug.
Derweil begannen Attentate im Iran und in Pakistan. Immer offener operierten Schattenarmeen, Söldner, Spione und Sondereinheiten vom Territorium der Nato-Besatzungszone Afghanistan aus, immer mit dem reihum wechselnden Argumenten, man müsse „den Terror“, „die Taliban“ oder „die Al Kaida“ bekämpfen. Gleichzeitig wurde in den Nachbarstaaten Afghanistans unter „asymmetrischem“ militärischen Druck sehr praktische Politik gemacht: u.a. wurde die Regierung Pakistans wurde seit 2007 komlett ausgetauscht, die Kontrolle über die Atomwaffen wechselte vom Präsidenten auf den Ministerpräsidenten, in China brachen in mehreren Provinzen Unruhen aus, deren Hintergrund als rein ethnisch-religiöse Konflikte dargestellt wurden.
Wie systematisch und verlogen die deutschen Regierungen seit 2001 – stets unter Führung, Beteiligung oder unter Zustimmung der SPD – im Zuge eines Gespensterkrieges die Aufrüstung in Afghanistan betrieben, zeigt der erste Antrag der Regierung Gerhard Schröder (SPD) und Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) vom 21.Dezember 2001. Damals hiess es noch: 1200 Soldaten für sechs Monate und 340 Millionen Euro (3).
Wie wir alle mittlerweile wissen, wurde mehr daraus. Kaum jemand will noch etwas von seinem Geschwätz der letzten acht Jahre wissen. Jeder weiss, warum.
Nach der für die SPD-Regierung desaströs verlaufenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22.Mai 2005 trat SPD-Vorsitzender Franz Müntefering nach Absprache mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) vor die Parteigemeinde, verkündete den Gläubigen die Auflösung des Bundestages und setzte Neuwahlen fest. Alles fügte sich.
Am 18.September 2005 wurde der Bundestag gewählt. Unmittelbar danach wurde die „grosse Koalition“ zwischen SPD, CDU und CSU beschlossene Sache. Bereits am 28.September traf sich der Bundestag dann zu einer Sondersitzung und beschloss mit den Stimmen der ganz grossen Koalition aller Kriegsparteien CDU, SPD, FDP, CSU und Bündnis 90/Die Grünen die Erhöhung der deutschen Isaf-Truppenstärke auf 3000 Soldaten und verlängerten das erteilte Besatzungsmandat um ein ganzes Jahr.
Am 1.Juni 2006 übernahm die Bundeswehr mit dem „Regionalkommando Nord“ die Besatzungszone Nord-Afghanistan. Am 9.März 2007 folgte die deutsche Luftwaffe, Tornado-Kampfbomber und Drohnen. Über sie wird noch ungerner geredet als über alles andere. Es fragt auch niemand. (9.März 2007, China:“Al Qaeda“-Angriff aus Afghanistan)
Gestern, am 4.April des Jahres 2010, stand nun der am 4.Dezember auf der Petersberg-Konferenz in Deutschland zum „Präsidenten“ des von der Nato eroberten Afghanistans ernannte Hamid Karzai vor einer Versammlung von 1500 Stammesältesten in der Stadt Kandahar und sagte,
„Afghanistan werde zur Ruhe kommen, wenn die Bürger daran glaubten, dass ihr Präsident unabhängig sei – und keine „Marionette“. Die Mitarbeiter der Regierung sollten sich nicht von „Ausländern“ in ihre Arbeit hineinpfuschen lassen, Er habe dem US-Präsidenten Barack Obama bereits gesagt, dass er das afghanische Volk nicht durch Krieg zusammenhalten könne. „Seit acht Jahren geht das nun schon so. Wir wollen Frieden und Sicherheit.“
Zu der geplanten Nato-Offensive sprach Karsai die 1500 Stammesvertreter direkt an. „Ich weiß, dass ihr besorgt seid. Seid ihr besorgt?“ „Ja, das sind wir“, riefen einige der Ältesten zurück. „Nun“, sagte Karsai daraufhin, „wenn ihr besorgt seid, wenn ihr damit nicht glücklich seid, dann wird es keine solche Operation geben.“ “ (4)
Der Afghanistan-Kommandeur von Nato/Isaf, General Stanley McChrystal, stand daneben und sagte nichts. Einer seiner Feldkommandeure, US-Generalmajor William Mayville, sagte später gegenüber Journalisten, es handele sich um ein Missverständnis; Karzai sei hinsichtlich der kommenden Nato-Militäroffensive in Afghanistan „mit an Bord“, er bemühe sich um Unterstützung der Stammesältesten.
Vorher hatte er bei dem privaten Treffen mit den 60-70 Abgeordneten am Samstag laut fünf Zeugen folgendes gesagt (1):
„Er sagte, der einzige Grund dafür, dass die Taliban und andere aufständische Gruppen die afghanische Regierung bekämpften, sei, dass diese sehen würden, wie Ausländer in allem immer das letzte Wort hätten.“
Es wird verdammt Zeit für ein allerletztes Wort in dieser epischen Farce: „Tschüss“.
(…)
04.04.2010 Die zweite Kunduz-Affäre
Afghanistan: Am Freitag vermeldet das deutsche Militär drei in einem Gefecht mit “Taliban” gefallene deutsche Soldaten. Gestern heisst es dann, fünf oder sechs afghanische “Soldaten” in einem zivilen Fahrzeug seien von einem deutschen Schützenpanzer getötet worden – alles in unmittelbarer Umgebung des deutschen Militärstützpunktes in Kunduz, in dessen Sichtweite gerade ein viermal so großer Komplex der US-Streitkräfte errichtet wird. Afghanistan-Kommandeur General Stanley McChrystal traf gestern in Kunduz ein. Die Nato kündigt eine Untersuchung der Vorfälle an.
04.04.2010 Irak, Bagdad: Todesschwadronen und Attentate des Besatzungsregimes
In der Hauptstadt des vor 7 Jahren durch die USA eroberten Irak kommt es zum Tausendsten Male zu einem Massaker an Zivilisten durch Bewaffnete des Besatzungsregimes. Eine weitere Todesschwadron wird in der Provinz Diyala durch Dorfbewohner zurückgeschlagen. Nachdem Berichte darüber an die Öffentlichkeit dringen, explodieren in Diyala und Bagdad Sprengsätze, u.a. an Fahrzeugen der irakischen “Polizei”. Granaten schlagen in der Regierungszone Bagdads ein. Angeblich sind die mörderischen Explosionen, die bis zu 30 Menschen töten, “Selbstmordattentate”. Berichte sprechen von einer ersten Explosion in der Bagdader Amerat Street, nahe dem Haus des deutschen Botschafters und einer Söldnerfirma.
10.09.2010 Samstag Morgen: Entführung eines NYT-Reporters, 5 Kilometer vom deutschen ISAF-Stützpunkt entfernt
Afghanistan: Die Befreiung des US-Reporters Stephen Farrell durch ein britisches Militärkommando wirft eine Menge Fragen auf.
01.08.2008 Afghanistan-Pakistan-Krieg: Der NATO-Büttel Bundestag
Natürlich wird der Bundestag das neue Mandat beschliessen. Man kann seine Seele nicht ein bisschen verkaufen. Man ist nicht ein bisschen tot, ein bisschen schwanger, ein bisschen Papst oder ein bisschen im Krieg. Ein bisschen Krieg gibt es nicht. Und ein bisschen JA oder NEIN kann man auch nicht sagen. Beim Schach gibt es kein bisschen SCHWARZ oder bisschen WEISS, in dieser Republik gibt es kein bisschen VERFASSUNG, halt, dass müsste eigentlich anders heissen.
Was zeichnet einen Sklaven aus? Er kann nicht nein sagen. Nun müsste eigentlich jeder begreifen, mit wem wir es in “unserem” Parlament zu tun haben.
19.01.2008 Die ISAF-Verschwörung und der Afghanistan-Pakistan-Krieg
Washington, Berlin: Der Möchtegern-Imperator unserer Epoche, George Bush, hat heute David McKiernan zum Oberbefehlshaber unserer sogenannten “ISAF”-Truppen in Afghanistan ernannt, welche vollständig unter NATO-Kommando stehen. Dies passiert nur 2 Tage nachdem in faschistischer Heimtücke die Parteien “Bündnis 90/Die Grünen”, “FDP”, “SPD”, “CDU”, “CSU” entgegen aller langjährigen Behauptungen der Umdefinition der ISAF-Vollmacht über unsere Soldaten in eine Kriegsvollmacht (“Kampfeinsatz”) zugestimmt haben.
Quellen:
(1) http://online.wsj.com/article/SB10001424052702303917304575162012382865940.html
(2) http://www.defenselink.mil/transcripts/transcript.aspx?transcriptid=2205
(3) http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/AfghanistanZentralasien/Downloads/BTDrucksache1407930.pdf
(4) http://www.welt.de/politik/ausland/article7054924/Karsai-droht-Blockade-der-Nato-Offensive-an.html
(5) http://www.nytimes.com/2010/04/05/world/asia/05karzai.htm