Krümmel,FDP: "Wir haben immer gesagt…"

Berlin: Die FDP hat heute in einem überraschenden Schritt die Stillegung des Atomkraftwerkes Krümmel verlangt und die Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) aufgefordert, dem Energiekonzern Vattenfall die Betriebserlaubnis für den Betrieb des Reaktors zu entziehen.„Wir haben immer gesagt: Unsichere Kraftwerke gehören abgeschaltet“, so FDP-Generalsekretär Dirk Niebel heute in der „Berliner Zeitung“.(1)
Über Bemühungen der FDP in den letzten Jahrzehnten herauszufinden, ob diese wirklich sicher sind, sagte er allerdings nichts.
Desweiteren bezeichnete er aber die potentiellen „schmutzigen“ Bomben in der Mitte von Millionen von Menschen als Bestandteil eines vernünftigen Energiemixes der Zukunft.

Allerdings war der Hang zum starken Staat bei der Konzernrechtspartei „Die Liberalen“ diesmal erstaunlich:
„Das blamable Krisenmanagement des Vattenfall-Konzerns macht mich sprachlos,“ so FDP-Generalsekretär Niebel.
Er liess es sich nicht nehmen, auch den Rücktritt von Gitta Trauernicht zu fordern.
„Selbstverständlich müssen festgestellte Fehler bei politisch Verantwortlichen wie bei Betreibern Konsequenzen haben“, so Niebel. „Die zuständige Kieler Ministerin handelt wenig vertrauensbildend, wenn sie einerseits dem Kraftwerksbetreiber mangelnde Zuverlässigkeit vorwirft, ihm aber die Betriebserlaubnis belässt.“

Töne, wie sie in der Bonner Republik nur aus quäkenden Megafonen, durch recht ungemütlichen Nebel und im allgemeinen, wilden Gedrängel zu hören waren, kamen heute aus dem Bundesumweltministerium.
Staatssekretär Michael Müller (SPD), griff tatsächlich den Chef eines Atomkonzerns, Vattenfall-Chef Klaus Rauscher, wegen dessen „Verweigerung von Transparenz“ an und beklagte sich bei sich selbst darüber, dass die Berliner in Kontinuität der Bonner Politik es geschafft habe, dass sich die Atomkonzerne wie ein Staat im Staat aufführten.
„Die sind der Meinung, dass sie nur pfeifen müssen und dann springen alle“, so der bisher recht hüpffreudige Michael Müller (SPD). (1)

Gestern war zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte Deutschlands zumindestens mit der Durchsuchung eines AKWs gedroht worden, um die Personalien des Reaktorfahrers festzustellen, deren Herausgabe Vattenfall schlicht verweigert hatte.(3)

Das AKW Krümmel war am 28.Juni nach einem ausgebrochenen Brand, der tagelang nicht gelöscht werden konnte, durch den Reaktorfahrer in einer Notabschaltung per Hand heruntergefahren worden, nicht alle Daten des Computersystems wurden dabei gespeichert.
Der Reaktorkern, in dem es zu einem Druckabfall kam weil eine Wasserpumpe zur Kühlung ausgefallen war, konnte nur durch die manuelle Zuschaltung eines Notsystems durch den Reaktorfahrer wieder stabiliert werden.
In den Kontrollraum war zu diesem Zeitpunkt schon massiv Rauch gedrungen, Mitarbeiter trugen Atemschutzmasken, Dioxin war bereits freigesetzt worden.(4)

Vattenfall spricht noch heute von einem „Missverständnis“ zwischen Schichtleiter und Reaktorfahrer.
Die Notabschaltung sei nicht notwendig gewesen.(4)

Überhaupt wurden aus erstaunlich vielen Blitzkriegern der deutschen Wirtschaft und ihren nebeneinkünftigen parlamentarisch-demokratischen Angestellten, heute Blitzmerker.
EON fühlte sich über die Vorgänge in den zu 50% (Krümmel) und 33.3 % (Brunsbüttel) anteilseigenen Atomkraftwerken „schlecht informiert“ (2) und bewies damit wieder einmal, dass sich Konzerne noch immer schlecht rausgeredet haben, wenn sie es mal mit den richtigen Leuten zu tun kriegen.

Die beantragte Laufzeitverlängerung für die Atomreaktoren Biblis A, Brunsbüttel und Neckarwestheim 1 dürfte sich damit erledigt haben.
Es sei denn, in ein paar Monaten, nach dem einen oder anderen Crash, hi und da, betritt neben „Wir haben immer gesagt“ der zweite für die Politik so unerlässliche Halbsatz die Bühne:
„Erst heute wurde bekannt…“

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Quellen:
(1)
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/670004.html
(2)
http://www.zeit.de/news/artikel/2007/07/14/2339359.xml
(3)
http://www1.ndr.de/nachrichten/akwpannen8.html
(4)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=692

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