Griechenland: Informationsindustrie bereitet den Boden für Ausrufung des Notstands

Die Presse und Fernsehanstalten wurden ihrer Rolle zur unabhängigen Berichterstattung zu Griechenland wieder einmal nicht gerecht – sie sind ausführende Instrumente der regierenden Kreise in Politik und Wirtschaft – ein Beispiel als deren Sprachrohr in der Tagesschau vom 6.Mai:

Ganz behutsam und unauffällig wurde in der online-Ausgabe der Tagesschau vom 6.Mai 2010 um 16.23 Uhr zum ersten Mal das Thema des Ausrufens des nationalen Notstands für Griechenland ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Nachdem die Massendemonstrationen trotz der Todesfälle im Grossen und Ganzen friedlich blieben und die Bevölkerung mit der Kenntnisnahme der Nachricht am 5.Mai daraufhin die Proteste abgebrochen hatte und weitere Kundgebungen dem Anschein nach ebenfalls relativ gewaltlos verlaufen werden, tritt Plan B der Plutokraten in Kraft.

Ziel ist die Vernichtung der Existenz des eigenständigen Staates Griechenland mit seiner Verfassung, um als untergeordneter Teil ohne eigene nationale Rechte unter die Herrschaft der Europäischen Union und Bankenmonopole gestellt zu werden.

Die bei der Bevölkerung noch als seriöse Informationsquelle angesehene Tagesschau wurde ausgesucht, um den „nationalen Notstand“ für Griechenland als etwas zwangsläufig Normales zu verinnerlichen. Deshalb wurde die Form eines dem Anschein nach objektiven Interviews mit dem griechischen Journalisten Tasos Telloglou gewählt, der als kompetenter Gesprächspartner in diesen Sachfragen erscheinen soll. Die Tagesschau veröffentlichte dazu im Zwischenkasten ihres Textes ein paar Zeilen zur Vita dieses Mannes:

„Tasos Telloglou ist Journalist und arbeitet für den griechischen Privatsender Skai TV. Von 1990 bis 2000 war er für mehrere TV-Sender Deutschland-Korrespondent. Für seine Recherchen über Bestechungszahlungen von Siemens in Griechenland erhielt er den angesehen Fernsehpreis „Prosopa 2008“.

Der Titel des Beitrages heisst „Wir brauchen eine Notstandsregierung“, denn ein angewendeter Zwang bei der Ausrufung einer solchen wird den Widerstand dagegen sofort auch bei den uninteressierteren Bürgern erzeugen und die Alarmglocken würden zu schrillen beginnen.

Tasos Telloglou scheint mit seinem Volk nicht auf gutem Fusse zu stehen, denn er lässt in dem Interview kein gutes Haar an seinen Landsleuten. Er verteidigte das vom griechischen Parlament beschlossene Sparpaket, wegen dem gestern die grossen Demonstrationen stattfanden, als egal ob „richtig oder falsch“, sonst können keine „Löhne und Renten mehr gezahlt werden mit der Folge, dass der Bankensektor zusammenbricht.“

Die Massendemonstrationen der griechischen Bevölkerung mit weit mehr als zweihunderttausend Menschen bezeichnete er als „Krawalle in Athen“.

Im weiteren Verlauf des „Gespräches“ äusserte sich Telloglou wie folgt

„Wir brauchen eine Regierung des nationalen Notstands, so wie im Juli 1974 nach dem Ende der Dikatur – mit den besten Leuten des Landes, denen wurscht sein wird, ob sie in drei Jahren wiedergewählt werden.“

Diesen „besten Leuten“ ist es dann durchaus relativ gleichgültig – es wird den griechischen Staat in seiner heutigen Form nach drei Jahren Notstandsregierung auch nicht mehr geben. Der von ihm ausgesprochene Satz ist ein Lehrstück für „Doppeldenk“.

Telloglou ist kein Vertreter Griechenlands, denn er scheint es zu hassen und hätte dieses Interview nie führen dürfen – theoretisch, aber das sollte ja genau so abgedruckt werden. Er sagte, die Griechen hätten „keinen sozialen Zusammenhang und kein gemeinsames soziales Ziel mehr. Jeder interpretiert die soziale Entwicklung aus seiner eigennützigen Ecke. Die Krawalle und die Gewalt sind eine logische Folge.“

Ganz hinterlistig hakte der Moderator der Tagesschau, Eckart Aretz auf diese Stichpunkte bei dem hoch geschätzten Gesprächsgast nach

„Heisst das, dass es einen Mentalitätswechsel in Griechenland geben muss – und könnte er durch die Krise herbeigeführt werden?“

und erhielt die im Sinne der elitären Herrschaften gewünschte arrogante Antwort, die eine klare Ansage an ein mündiges Volk ist und das als dreckig und demokratieunfähig hingestellt wird – und das gleich für alle Menschen auf der Welt.

„Ein solcher Mentalitätswechsel ist nirgendwo auf der Welt mehrheitsfähig, weder in Deutschland noch in Griechenland. Die Mehrheit wehrt sich immer gegen jegliche Massnahme, die ihre Position verschlechtert. Deshalb muss die Regierung den Strukturwandel alleine durchsetzen. Es gibt keinen anderen Weg.“

Die weiteren Sätze sollen den Eindruck erzeugen, dass in dem Land sowieso Hopfen und Malz verloren sei, denn „jeder versucht weiterhin, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen.“

In Verteidigung des deutschen Sparpaketes sagte Telloglou, indem er von „besonnenen Stimmen“ in seinem Land spricht und die Gelegenheit gleich nutzt, um wieder auf den noch unreifen Charakter der Griechen hinzuweisen

„Die Wahl in Nordrhein-Westfalen ist uns teuer zu stehen gekommen. Hätte Deutschland die Hilfsmassnahmen schon früher beschlossen, hatte es sicher weniger zahlen müssen. Die breite Bevölkerung ist verbittert. Das hat sicher auch mit einem Teil unseres Nationalcharakters zu tun, der den Schuldigen immer woanders sucht – in diesem Fall in Deutschland. Aber richtig ist auch, dass Kanzlerin Merkel und Vize-Kanzler Westerwelle zu lange gezaudert haben. Und deswegen fällt auch für die deutsche Bevölkerung die Rechnung höher aus.“

Tasos Telloglou ist griechischer Journalist und nicht mit dem Regierungssprecher der deutschen Bundeskanzlerin zu verwechseln, falls der Eindruck entstanden sein könnte – darauf sei nachdrücklich noch einmal hingewiesen.

Artikel zum Thema

06.05.2010 Der merkwürdige Tod von Athen

Quelle: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/griechenland774.html

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