Bundeswehr bläst Afghanen den Marsch
Musik kann überirdisch schön sein. Viele begnadete Komponisten und Musiker hinterliessen der Menschheit atemberaubende Kompositionen. Die Vielfalt des Ausdruckes in der Musik ist so gross wie es Völker auf dieser Erde gibt. In Afghanistan findet man Lieder, die auf alten traditionellen Instrumenten gespielt werden.
Für das westliche Militär müssen jedoch bei afghanischen Staatsempfängen zackige Misstöne erklingen, die die Botschaft des „Gehorsams vor einem Feldwebel“ auch deutlich ins Bewusstsein der Zuhörer dringen lässt, wie sich das gehört. (Grafik: Landsknechte aus der Zeit des 16. Jahrhunderts, Wikipedia)
Aus diesem Grund erteilt die Bundeswehr ausgesprochen gern ihren Kollegen in Afghanistan Nachhilfeunterricht, obwohl sie am 14.Mai in einem Artikel auf der Bundeswehr-Webseite zugibt, dass dieses Musikverständnis der afghanischen Kultur völlig zuwider läuft und es eine sehr grosse Kraftanstrengung für die Musiker bedeutet, sich zu verbiegen. (1)
Darauf ist man auch noch stolz, dass so gut hinzubekommen und bei dem Aufbau ihres Militärmusikdienstes in Sachen westlicher Marschmusik behilflich zu sein.
Angeblich wäre es bitter für die Afghanen, die sich ihrer Schwächen durchaus bewusst sind, kann man dort lesen. Wer redet denn den Beamten diesen Unfug ein – natürlich wieder einmal das westliche Weltbild, das vor nichts zurück schreckt, alles Einheimische und Traditionelle zu zerstören und seinen Vorstellungen anzupassen.
Die Bundeswehr ist seit Mai 2009 mit einer dreiköpfigen German Armed Forces Music Advisory Group (welch klangvolle Bezeichnung…) in Kabul vertreten. Jeweils ein Holzbläser, ein Blechbläser und ein Dirigent, also zwei Feldwebel und ein Offizier, unterrichten die Musik Band der ANA in westlicher Militärmusik.
„Wir haben es mit passionierten und begabten Musikern zu tun“ sagte Oberstleutnant Christoph S. vom Zentrum Militärmusik der Bundeswehr in Bonn und wird bald zum zweiten Mal für einen dreimonatigen Ausbildungseinsatz nach Kabul fliegen und er weiss, dass die afghanische Musik sehr schön ist, aber was eben Militärisch sein muss muss sein.
Oberstleutnant S. meinte, das Land hat eine uralte Tradition wunderbarer Folklore. „Was ich von den einheimischen Musikern gehört habe, hat mich schon sehr beeindruckt.“
Aber, hiess es weiter, die musikalische Tradition des Hindukusch würde sich so stark von der Musik des Westens unterscheiden, dass die afghanischen Musiker Schwierigkeiten haben, beim Empfang von Staatsgästen ein militärisches Zeremoniell nach internationalem Standard zu bieten. „Man sollte seine Nationalhymne ja doch schon wiedererkennen können, doch das gehe nicht auf Sitar und Tabla, dafür müsse man Trommel, Trompete und Saxophon beherrschen.“ und weiterhin meinte S.:
„Mehrstimmigkeit ist dort völlig unbekannt. In Afghanistan spielen alle Instrumente die gleiche Stimme. In der heimischen Musik klingt das wunderbar, für Nationalhymnen und Militärmärsche ist das allerdings völlig unmöglich. Die Folklore des Hindukusch kennt auch keine Noten und keinen festen Rhythmus. Vom Musiker wird hohe Improvisationskunst verlangt, die er sich jedoch mühsam wieder abgewöhnen muss, wenn er am Flughafen von Kabul einen Staatsgast mit der Nationalhymne begrüßen will.“
Warum können die Afghanen nicht eine Nationalhymne spielen, die ihnen entspricht? Gerade Kreativität, Improvisationen und das Hören und Antworten auf die anderen Musiker sind Merkmale des gemeinsamen Musizierens, das allen Beteiligten und den Zuhören Genuss und Freude bereitet.
Politiker und Militärs sind selber schuld, sich in dieser Hinsicht imperialistischen Traditionen in Form von militärischer Marschmusik anzupassen. Ein unabhängiges Volk wählt sich seine offizielle Musik ohne Einflüsse anderer Mächte aus, zumal wenn diese auch noch uneingeladen mit Raketen und Panzern zu einem Dauerbesuch gekommen sind. Dann müssen eben sie es lernen, Sitar und Tabla zu „ertragen“.
Schliesslich wird kein einziger hoher Staatsbesuch wieder in sein Flugzeug steigen und zurückfliegen, weil sein Ohr von den Klängen der Landesmusik beleidigt würde – ganz im Gegenteil wäre das für ihn als Ehre zu betrachten, so nach den Sitten des von ihm besuchten Landes empfangen zu werden, dass ihn damit willkommen heisst.
Die neue afghanische Nationalhymne wurde im Jahr 2005 von Babrak Wassa komponiert und den Hörgewohnheiten des Westens weitgehend angepasst. Im Juni 2006 besuchte Wassa das Stabsmusikkorps der Bundeswehr in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin, um mit den Musikern die Hymne einzuspielen. Der afghanische Generalkonsul, Hamidullah Nasser Zia kam zu der Aufführung in die Kaserne. Oberstleuntnant Volker Wörrlein, Chef des Stabsmusikkorps der Bundeswehr und Wassa waren sehr zufrieden. (2)
Lauschen wir doch einmal den Klängen der traditionellen afghanischen Musik, gespielt mit den uralten überlieferten Instrumenten:
Afghanistan Musik sarinda Ghichak Sarngi ???????
Sarinda n Sarandanwaz PKG
Takhar music
Quellen:
(1) http://www.einsatz.bundeswehr.de/portal/a/einsatzbw/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLN_SJdw02BMlB2EGu-pFw0aCUVH1vfV-P_NxU_QD9gtyIckdHRUUA6z3abA!!/delta/base64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfMUxfRVNR?yw_contentURL=%2FC1256F1D0022A5C2%2FW285CHF7137INFODE%2Fcontent.jsp
(2) http://www.streitkraeftebasis.de/portal/a/streitkraeftebasis/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLNwyON3a0dANJQjmG_vqRWMUNkMWD9L31fT3yc1P1A_QLckMjyh0dFQGV0uwJ/delta/base64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfMVNfM0FDTg!!?yw_contentURL=/01DB040000000001/W26QZDBB877INFODE/content.jsp.html