»Kreditheuschrecken« Politik will endlich reagieren

(ter) Am 22.1.08 hatte diese Webseite von (fast) kriminellen Machenschaften bezüglich mittels Grundschuld gesicherten Immobilienkrediten berichtet. Nun kündigte Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) Gesetzesänderungen an.

Hintergründe

Kredite an Immobilieneigentümer in Deutschland werden in der Regel mittels einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld gesichert.

Die Grundschuld bleibt auch dann in voller Höhe – zuzüglich Zinsen – bestehen, wenn der Kredit zurückbezahlt wurde.

Das rechtliche Bindeglied zwischen Grundschuld und Kreditforderung ist die so genannte Sicherungsabrede oder Sicherungsvertrag. Dieser legt fest, dass der Gläubiger (Bank) aus der eingetragenen Grundschuld nur in Höhe der restlichen Kreditforderung gegen den Immobilieneigentümer vorgehen darf, wenn der Kredit wirksam gekündigt wurde.

Ein Kreditsicherungssystem, welches sich mehr als 100 Jahre lang bewährte.

Nur vor 100 Jahren dachte auch noch keiner daran, dass Kreditforderungen von Banken zum Zwecke der Refinanzierung – aber auch zum Zwecke der Verlagerung des Kreditrisikos – in Form von geschnürten Paketen (viele Forderungen in einem Paket) weiter verkauft werden und diese Pakete zum Instrument der Finanzmärkte würden.

Mit der Forderung wird die Sicherung verkauft – also die Grundschuld. Die Sicherungsabrede selbst kann nicht verkauft werden, sie ist ein Vertrag zwischen den Vertragsparteien – also zwischen Bank und Schuldner.

Internationale Finanzinvestoren – die als so genannte Kreditheuschrecken ihr Geld verdienen – nutzten nun diese Lücke in den deutschen Gesetzen aus und gingen gegen die Immobilieneigentümer nicht aus der Kreditforderung – sondern aus der Grundschuld vor.

Mehr als 1.000 gerichtliche Verfahren sind in Deutschland in solchen Fällen bereits anhängig.

In einigen Fällen läuft bereits die Zwangsvollstreckung.

Bundestagsabgeordnete – aber auch Beamte der Ministerien – erklärten noch vor wenigen Wochen gegenüber R-Archiv.de, dass vorstehend beschriebenes Szenarium rechtlich gar nicht denkbar wäre.

Bis deutsche Politiker endlich begreifen

Erst eine von fast 1.000 Personen unterzeichnete Petition und die Intervention des Petitionsausschusses führte dazu, dass sich der Finanzausschuss des Bundestages am 23.1.08 mit der Problematik beschäftigte und von den Sachverständigen zum Risikobegrenzungsgesetz erstaunt hören musste, dass vorstehendes Szenarium keineswegs ein theoretisches, rechtliches Problem ist – sondern ein real existierendes Problem – das bereits zu Zwangsvollstreckungen geführt hat.

Glückwunsch an die BILD am SONNTAG

Richtig Bewegung aber brachte erst ein Interview- Wunsch der BILD am SONNTAG in die Sache.

Die Journalisten der Bild hatten von den Experten des Instituts für Finanzdienstleistungen (IfF) erfahren, dass deutsche Banken Immobiliendarlehen im Werte von 8 Milliarden € verkauft haben und wollten von dem Verbraucherschutzminister wissen, wie deutsche Immobilieneigentümer vor dem vorstehend beschriebenen Missbrauch geschützt werden sollen.

Nun musste der Minister Farbe bekennen und kündigte an:

• Darlehensverträge sollen künftig nur mit Zustimmung des Kreditnehmers verkauft werden können

• Der Kreditnehmer soll ein Sonderkündigungsrecht bekommen, wenn sein Kredit weiterverkauft wird

• Die Kreditnehmer sollen ein Wahlrecht haben zwischen verkäuflichen und unverkäuflichen Krediten

• Banken sollen künftig spätestens drei Monate vor Ende der Vertragslaufzeit darüber informieren, ob und zu welchem Zinssatz sie eine Kreditverlängerung anbieten.

• Kredite dürfen künftig nicht beim Verzug mit nur einer Rate gekündigt werden.

Hört sich gut an – oder?

Die Vorschläge des Ministers sind schlichter juristischer und politischer Unfug. Obiges Problem wird damit nicht beseitigt.

Es genügt ein einziger Paragraf der bestimmt, dass eine Forderungsabtretung unwirksam ist, wenn der Forderungskäufer nicht die vertraglichen Pflichten der Sicherungsabrede mit übernimmt und der Schuldner das Recht hat, bei einem gerichtlichen Vorgehen aus der mit abgetretenen Grundschuld die Einwendungen aus der Sicherungsabrede auch gegenüber dem Forderungskäufer zu erheben.

Wir brauchen nicht mehr Administration – wir brauchen – besonders im Grundstücksrecht – lückenlose gesetzliche Regelungen.

Die Vorschläge des Herrn Ministers führen nur dazu, dass der Kunde mit niedrigen Zinsen zum Abschluss eines weiterverkäuflichen Kreditvertrages geködert wird – aber nicht dazu, dass vorstehendes Problem beseitigt wird.

Quelle:

r-archiv

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